Meine Real Life Story. Philipp Mickenbecker
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Название: Meine Real Life Story

Автор: Philipp Mickenbecker

Издательство: Bookwire

Жанр: Афоризмы и цитаты

Серия:

isbn: 9783863348328

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СКАЧАТЬ zuschlägt und am hellen Tag das Fieber wütet, musst du dich doch nicht fürchten. Wenn tausend neben dir tot umfallen, ja, wenn zehntausend um dich herum sterben – dich selbst trifft es nicht! (…)

       Du aber darfst sagen: ‚Beim Herrn bin ich geborgen!‘ Ja, bei Gott, dem Höchsten, hast du Heimat gefunden. Darum wird dir nichts Böses zustoßen, kein Unglück wird dein Haus erreichen. Denn Gott wird dir seine Engel schicken, um dich zu beschützen, wohin du auch gehst. (…)

      Gott sagt: ‚Er liebt mich von ganzem Herzen, darum will ich ihn retten. Ich werde ihn schützen, weil er mich kennt und ehrt. Wenn er zu mir ruft, erhöre ich ihn. Wenn er keinen Ausweg mehr weiß, bin ich bei ihm. Ich will ihn befreien und zu Ehren bringen. Ich lasse ihn meine Rettung erfahren und gebe ihm ein langes und erfülltes Leben!‘“

      Ich hab mich auf unerklärbare Art sicher gefühlt, auch wenn das alles hart sein würde, was noch kommen würde. Das wusste ich.

      Dann bin ich nach der OP aufgewacht, in der ein kleiner Teil des Tumors als Probe herausgenommen wurde. Biopsie nennt man das. Allein, in diesem halbdunklen Aufwachraum. Etwas benebelt fühlte ich mich, und doch hatte ich so schlimme Schmerzen, wie ich sie vorher noch nie und auch nachher nie mehr hatte. In meine Brust führte so ein komischer dicker Schlauch, aus dem ist eine eklige Flüssigkeit tropfte. Das hatte mir vorher keiner gesagt.

      Ist da irgendwas schiefgelaufen? Ich hatte auf einmal wieder Angst. Und solche schrecklichen Schmerzen. Normalerweise bin ich echt kein Weichei und lasse mir nichts anmerken, wenn ich mich verletze, mit dem Fahrrad hinfalle und mir alles aufreiße.

      Aber diese undefinierbaren Schmerzen aus dem Inneren, bei denen man nicht weiß, was das ist und wo sie herkommen – damit konnte ich nicht umgehen. Ich konnte das einfach nicht aushalten. Das konnte doch nicht richtig sein? Später hat man mir gesagt, der Schlauch hätte falsch gelegen. Das haben die Ärzte aber erst ein paar Tage später gemerkt.

      Ich war auf jeden Fall ziemlich fertig, hatte überhaupt keine Kraft mehr und auch irgendwie etwas den Willen verloren, das alles mitzumachen. Und dabei war das ja noch nicht mal die Behandlung, vor der sich alle so fürchteten, das war ja nur die Voruntersuchung gewesen!

      Mitten in diese Situation kam Nele mit Marie und Alina zu Besuch. Die Mädchen aus meiner alten Klasse. Auch wenn wir komplett verschieden waren, hatte ich vor allem Nele vermisst. Ich hatte ihr geschrieben wo ich bin und jetzt war sie tatsächlich gekommen – zu einem der bösen Jungs, die von der Schule geflogen waren. Ich hab mich wirklich gefreut und ihr Besuch hat mir wieder Kraft gegeben. Wir sind rausgegangen und durch den Park gelaufen. Ganz langsam und mit ganz viel Schmerzmittel, aber immerhin konnte ich laufen!

      Als sie wieder weg waren, hab ich noch lange im Park gesessen. Meine Eltern und meine Geschwister waren auch ständig für mich da, und auch das war super tröstlich. Aber dass die Mädchen gekommen waren, das hatte mich nochmal besonders berührt. Und das war doch kein Zufall, dass ich ausgerechnet in diesem Krankenhaus gelandet war, wo ich die Gegend kannte und wo meine Klassenkameraden mich besuchen und ermutigen konnten.

      Hier lagen also beide Gefängnisse direkt beieinander. Die Schule und dieses Krankenhaus, in dem ich mich so unglaublich eingesperrt fühlte und noch viel weniger Freiheiten hatte als in dieser Schule. Auch wenn ich hier die Einschränkungen schon eher verstehen konnte, erinnerte es mich unangenehm an die Zeit im Schul-Gefängnis.

      An diesem Abend konnte ich vor Schmerzen nicht schlafen. Ich hatte schon die höchste Dosis an Schmerzmitteln bekommen und es war kein bisschen Besserung zu spüren. Da war ein junger Pfleger auf der Station, an ihn kann ich mich noch genau erinnern. Er ist den ganzen Abend dageblieben, ist immer wieder zu mir gekommen und hat alles versucht, um mir zu helfen. Es war Wochenende und gerade waren keine Ärzte im Haus, doch der Pfleger hat sich sehr bemüht, noch jemanden zu erreichen. Irgendwann hab ich ihn gefragt, ob er nicht auch mal Feierabend hat. Er meinte, den hätte er eigentlich schon längst, aber er würde bleiben, bis die Ärztin kommt. Und das hat am Ende noch über zwei Stunden gedauert.

      Am nächsten Morgen kam er dann zu mir und erzählte, er hätte selbst nicht schlafen können in der Nacht. Er hätte Kopfschmerzen gehabt und sich Aspirin geholt. Das hat bei ihm zum Glück geholfen, und er könnte sich gar nicht vorstellen, wie es für mich gewesen sein muss, mit diesen krassen Schmerzen und ohne eine Möglichkeit, sie zu lindern.

      Das hat mich so getröstet!

      Ich schreib das auf, weil ich mich immer daran erinnern will, wie wichtig es ist, bei Menschen zu sein, denen es schlecht geht. Und wie sehr es einem helfen kann, wenn man weiß, dass es da einfach nur jemanden gibt, der mitfühlt.

      Wenn man krank ist, fühlt man ganz anders als sonst. Man erlebt alles ganz anders. Und man schätzt alles viel mehr. Selbst ganz kleine Sachen. Jeden kleinen Besuch, bei dem man merkt, dass die Leute nicht aus Neugier gekommen sind, sondern weil sie einfach da sein wollen. Weil sie für mich da sein wollen. So will ich auch immer für meine Freunde da sein, für die da sein, denen es schlecht geht, die Hilfe brauchen. Den Unterschied zwischen denen, die aus Neugier kamen, und denen, die aus wirklichem Interesse gekommen sind, hab ich ganz deutlich gemerkt.

      Ich glaube, man wird viel sensibler in so einer Zeit. Wir hatten ja viele Freunde in der Schule. Viele, die etwas von uns wollten, die mit uns befreundet waren, weil wir ihnen geholfen haben. Weil wir immer alle haben abschreiben lassen. Jeder wollte neben mir sitzen. Vor allem in den Arbeiten. Aber wenn man dann mal nicht mehr kann, wenn man anderen nichts mehr nützt, sieht alles ganz anders aus. Dann sind nur noch wenige da. Ganz wenige. Das sind die echten Freunde, auf die man sich verlassen kann. Und eigentlich die Einzigen, mit denen es sich lohnt, befreundet zu sein.

      Nele kam immer wieder, mal allein, mal mit ihrem Bruder oder ihrer Schwester. Das Tolle bei ihr war, dass sie mich nicht dauernd gefragt hat, wie es mir geht, sondern einfach da war. Sie hat mich ganz normal behandelt und mir das Gefühl gegeben, dass ich trotz allem noch ein normaler Mensch war. Dafür bin ich ihr immer noch dankbar.

      WENN SICH DIE BEHANDLUNG SCHLIMMER ANFÜHLT ALS DIE KRANKHEIT

      Die Chemo macht mich fertig

      Als Nächstes begann die Chemotherapie. Das bedeutet, dass man den Körper mit sogenannten Zytostatika vollpumpt – das ist quasi ein Gift, das vor allem die Tumorzellen schädigen soll, weil die eine besonders schnelle Zellteilung haben und damit empfindlicher sind. Trotzdem vergiftet man damit natürlich auch den Rest des Körpers gleich mit, und das ziemlich heftig.

      Ich hatte mich vorher nie damit beschäftigt, was es heißt, Krebs zu haben, und was so eine Behandlung bedeutet. Und das war auch gut so.

      Die erste Runde Chemo wurde mir verabreicht. Das Gift tröpfelte durch meine Venen in meinen Körper und ich spürte erstmal gar nichts. Doch am nächsten Tag kam es dann umso heftiger: extreme Übelkeit und Schwäche, krasseste Kopfschmerzen – es war wie der schlimmste Kater, den man sich vorstellen kann, nur dass der leider nicht mit Kaffee und Ruhe wieder weggeht, sondern immer schrecklicher wird.

      Ich war so schwach, dass ich überhaupt nichts mehr machen konnte, als in meinem Bett zu liegen. Gerade für einen freiheitsliebenden Menschen wie mich die reinste Folter. Ich weiß noch, wie ich das Rollo an meinem Fenster ein bisschen weiter hochkurbeln wollte und es einfach nicht geschafft habe. Unter Aufbietung aller Kräfte hab ich die Kurbel einmal drehen können und musste mich erstmal wieder hinlegen und etwas erholen, bevor ich das СКАЧАТЬ