Schuld ist nur das Publikum. Georg Markus
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Название: Schuld ist nur das Publikum

Автор: Georg Markus

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

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isbn: 9783902998484

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      »Der Papa wird’s scho richten« mag für die Söhne von Politikern, Beamten oder Industriekapitänen gelten. Als Schauspieler hat man vom berühmten Vater – wenn man Glück hat – das Talent geerbt. Das aber ist die ehrlichste Form von Protektion.

      PS: »Verbandelt« sind oder waren in Wien außerdem: Elfriede Ott war die Ehefrau Ernst Waldbrunns und die langjährige Gefährtin Hans Weigels. Peter Vogel, Sohn des Komikers Rudolf Vogel, war der Ehemann von Gertraud Jesserer. Erika Pluhar war mit André Heller verheiratet. Curd Jürgens war Ehemann der Schauspielerinnen Lulu Basler, Eva Bartok und Judith Holzmeister – letztere heiratete später den Burgschauspieler Bruno Dallansky. Hilde Krahl ist die Witwe des Regisseurs Wolfgang Liebeneiner. Helmut Qualtinger war Ehemann der Schauspielerin Vera Borek. Oskar Werner war mit der Burgschauspielerin Elisabeth Kallina verheiratet. Helmut Lohners zweite Frau war Karin Baal. Heinz Marecek war mit Julia Migenes verheiratet und ist jetzt Ehemann der Schauspielerin Christine Golin. Karl Parylas Frau ist Hortense Raky, deren Söhne Stefan und Nikolaus ebenfalls Schauspieler sind. Josefstadt-Legende Leopold Rudolf war der Ehemann Marion Deglers. Otto Schenks Frau ist die Schauspielerin Renée Michaelis. Erni Mangold ist die geschiedene Frau Heinz Reinckes. Klausjürgen Wussows geschiedene Frau ist Ida Krottendorf, deren Kinder Sascha und Barbara ebenfalls Schauspieler sind. Der Regisseur Reinhold Schwabenitzky ist der Sohn von Ex-Burgtheaterdirektor Gerhard Klingenberg und der Ehemann der Schauspielerin Elfi Eschke. Paul Löwingers Schwester Gretl war mit Erich Padalewski verheiratet, Löwingers Tochter Sissy ist die geschiedene Frau von Peter Rapp. Der war aber auch mit der Regisseurin Sylvia Dönch, Tochter des Volksoperndirektors Carl Dönch, verheiratet. Waltraut Haas ist die Frau Erwin Strahls. Susanne Almassy ist mit Rolf Kutschera, dem langjährigen Direktor des Theaters an der Wien, verheiratet. Brüder sind die Schauspieler Alfred Böhm, Carlo Böhm und der verstorbene Burgtheaterstar Franz Böheim. Karlheinz Böhm ist Vater der Schauspielerin Kathi Böhm und Sohn des Dirigenten Karl Böhm . . .

      Tante Hilda greift ein

      Ein Gespräch mit der 102jährigen Hofschauspielerin Rosa Albach-Retty. Und wie es dazu kam.

      Das Interview sollte an ihrem hundertsten Geburtstag, also am 26. Dezember 1974, erscheinen. Ich hatte mich mehr als rechtzeitig angemeldet, sie in ihrem Altersdomizil, dem Künstlerheim in Baden bei Wien, angerufen, um einen Termin gebeten. Doch Frau Hofschauspielerin – sie war die letzte, die diesen Titel noch tragen durfte –, Frau Hofschauspielerin entschuldigte sich höflich, sie lebte doch schon seit fast zwanzig Jahren zurückgezogen und wollte nicht mehr in die Öffentlichkeit.

      Das hat man als Journalist zu respektieren. Wenn auch äußerst ungern. Stellte die alte Dame doch ein wahrhaft großes Stück Kulturgeschichte unseres Jahrhunderts dar. Geboren 1874 in der deutschen Stadt Hanau, in einer Zeit, zu deren letzten Zeugen sie zählte. Georges Bizet hatte in ihrem Geburtsjahr Carmen komponiert und Johann Strauß Die Fledermaus. Briefsendungen wurden noch mit der Postkutsche befördert, es gab weder Strom noch Telefon, Bismarck war deutscher Reichskanzler und Victoria Englands Königin, auch Dostojewski, Richard Wagner, Franz Liszt, Robert Koch und Charles Darwin waren ihre Zeitgenossen. 1891 debütierte sie am Deutschen Theater Berlin, es folgten das Wiener Volkstheater und 1903 die Burg. Als man sie dort nach zehnjähriger Zugehörigkeit zur Hofschauspielerin ernannte, wurde sie, wie in solchen Fällen üblich, von Kaiser Franz Joseph in Audienz empfangen.

      Und so eine Geschichte drohte damals, im Dezember 1974, zu platzen.

      Rosa Albach-Retty war – wie gesagt – besonders höflich und gestaltete selbst die Interview-Verweigerung zum Erlebnis, denn als sie am Telefon merkte, daß ich über ihre Absage unglücklich war, tröstete sie mich mit der unvergleichlichen Noblesse, die wohl nur noch ihre Generation beherrschte: »Vielleicht ein andermal, rufen Sie mich doch nächstes Jahr wieder an!«

      Ich hatte mit dieser Erzählung im Freundeskreis damals großen Erfolg, eine Hundertjährige lädt mich ein, sie in einem Jahr wieder anzurufen, das kam gut an. Daß ich je die Gelegenheit, mit ihr ein Interview zu führen, haben würde, an dieses Wunder konnte ich natürlich nicht mehr glauben.

      Dennoch, als ein Jahr vergangen war, rief ich wieder an. Auch wenn’s völlig sinnlos erscheint, als hartnäckiger Journalist gibt man sich nicht so leicht geschlagen. Wieder diese bezaubernde Stimme am Telefon, und wieder diese ausnehmende Höflichkeit. »Ach ja, Sie haben’s ja schon voriges Jahr versucht. Aber wissen Sie, ich muß nächste Woche zum Arzt, das Haus, in dem ich hier wohne, wird renoviert, meine Schwiegertochter kommt zu Besuch . . . « Mit einem Wort: Rosa Albach-Retty wollte nach wie vor nicht. In ausgesuchter Höflichkeit fügte sie freilich wieder an: »Probieren Sie es doch im nächsten Jahr wieder.«

      Wieder Riesenerfolge im Freundeskreis. Jetzt ist sie schon hundertundeins. Und sie vertröstet mich immer noch.

      Was soll ich Ihnen sagen, im Dezember 1976 hab’ ich’s ein drittes Mal probiert. Anruf in Baden, »hier spricht der lästige Journalist, Sie wissen schon, gnädige Frau . . .«

      »Ach ja«, Frau Hofschauspielerin klangen heiter wie eh und je und selbstverständlich höflich wie bei den beiden anderen Malen. Aber es ginge ihr gesundheitlich nicht so besonders, wobei sie betonte, daß sie schließlich nicht mehr die Jüngste sei. Womit ich neuerlich vertröstet wurde.

      Diesmal wollte ich nicht wieder ein ganzes Jahr ins Land ziehen lassen, war die Dame doch mittlerweile einhundertundzwei Jahre alt geworden. Zugegeben, die Geschichte wurde mit jedem Jahr, um das sich das Interview hinauszögerte, besser – aber andererseits: Wir beide, die Frau Hofschauspielerin und ich, sollten es doch noch erleben!

      Obwohl meine diesbezüglichen Hoffnungen auf dem Nullpunkt angelangt waren, wandte ich mich in dieser Situation an Tante Hilda. Tante Hilda ist die Schwester meiner Mutter – und sie war schon damals kein junges Mädchen mehr, aber natürlich viel jünger als Frau Hofschauspielerin. Tante Hilda besaß das Privileg, Rosa Albach-Retty persönlich zu kennen. Seit Jahren verbrachte sie die Sommermonate in demselben Hotel wie die »Frau Professor«, wie die berühmte Schauspielerin allseits genannt wurde. Im Kurhotel von Bad Goisern im Salzkammergut. Ich habe Tante Hilda angerufen und ihr die Situation erklärt. Sie versprach mir, bei nächster Gelegenheit intervenieren zu wollen.

      Ein paar Monate waren vergangen, als ich im Sommer 1977 einen Anruf erhielt. Ich dachte an alles mögliche, nur nicht an Tante Hilda, geschweige denn an ihre diesbezüglichen Bemühungen. Doch sie rief jetzt ins Telefon: »Ich hab’ mit ihr gesprochen, du kannst kommen!«

      »Was, bitte sehr, mit wem . . .?«

      »Ich bin in Goisern«, sagte Tante Hilda ein wenig indigniert, »und heute beim Frühstück hab’ ich mit der Rosa Albach-Retty gesprochen. Sie ist bereit, dir ein Interview zu geben. Setz dich ins Auto und fahr los!«

      Tatsächlich, die mittlerweile im einhundertunddritten Lebensjahr stehende Frau Hofschauspielerin hatte via Tante Hilda zugesagt, daß sie jetzt bereit sei, mit mir zu sprechen. Tante Hildas Protektion machte es möglich.

      Am selben Tag noch schnappte ich mir einen Fotografen und los ging’s. In dreieinhalb Stunden waren wir in Goisern, und am späten Nachmittag erwartete mich Tante Hilda bereits in der Hotelhalle. Wir gingen sofort in den Park, wo die Frau Professor und Hofschauspielerin gerade ihren täglichen Nachmittagsspaziergang unternahm. Tante Hilda stellte mich vor.

      »Ach, Herr Markus, Sie haben ja lange warten müssen, aber Sie sehen, wir haben es doch noch geschafft«, sagte die unvergleichlich vornehme alte Dame gut aufgelegt und fügte mit Bestimmtheit in der Stimme an: »Was halten Sie davon, wenn wir uns morgen um zehn an der Rezeption treffen?«

      Ich hielt natürlich viel davon, mietete mich im Kurhotel ein СКАЧАТЬ