DAS ORAKEL. Daphne Niko
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Название: DAS ORAKEL

Автор: Daphne Niko

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Sarah Weston Abenteuer

isbn: 9783958352056

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СКАЧАТЬ Kurzem zerbrochen war, möglicherweise während des Handgemenges. Früher an diesem Morgen, nachdem die Ermittler gegangen waren, war Sarah heimlich zum Tatort zurückgekehrt und hatte ihn nach einem weiteren Teil des Amuletts durchkämmt, aber nichts gefunden. Entweder war es verschwunden oder es war überhaupt nie dort gewesen. Sie schloss die Faust um den Anhänger. Hinter diesem Gegenstand steckte mehr.

      Sarahs Gedanken wanderten zu Daniel. Seine Reise nach Athen mitten in der Nacht war ein weiteres, unerklärliches Verhalten in einer ganzen Reihe davon. In der kurzen Zeit, die sie in Theben verbracht hatten, war er still und gelegentlich distanziert gewesen. Seine gelassene Art und sein unverwechselbarer Esprit hatten sich praktisch in Luft aufgelöst.

      Ihr Blick wanderte umher, während sie sich an einen Anruf erinnerte, den Daniel am Nachmittag zuvor erhalten hatte. Er hatte auf sein Telefon hinabgesehen und die Stirn gerunzelt. Zum Antworten hatte er sich abgewandt und nur gesagt: «Ich rufe zurück.» Einen Augenblick später entschuldigte er sich aus dem Labor und ließ Sarah und Evan mitten im Gespräch stehen. Als er fünf Minuten später zurückkam, wirkte er aufgewühlt.

      «Stimmt was nicht?», hatte Sarah gefragt.

      «Alles in Ordnung. Nur ein Anruf von der Stiftung. Lass uns weiterarbeiten.»

      Jetzt fragte sich Sarah, ob das der Anruf gewesen war, der ihn nach Athen zitiert hatte. Aber warum die Heimlichtuerei? Sie wollte ihm den Vertrauensbonus gewähren, ihn nicht beschuldigen, Teile der Wahrheit zu verschweigen, aber die Erinnerung verspottete sie mit dem Gedanken an eine Entwicklung, die sie angestrengt zu ignorieren versucht hatte.

      Sie legte den Pinsel beiseite und lehnte sich gegen die freigelegte Felssohle. Sie zog das Bandana von ihrem Kopf, sodass ihr die Haare über den Rücken hinab fielen, und wischte sich den Schmutz vom Gesicht. Im bleiernen Licht des bewölkten Morgens zeigten die Mittelmeer-Zypressen – schmale, aus der felsigen Erde sprossende Säulen – nichts von ihrer üblichen Erhabenheit. Die Olivenbäume mit ihren knorrigen, alten Stämmen und silbergrünen Blättern wirkten wie Bewohner eines versteinerten Waldes.

      Jenseits des Hügels tauchten winzige graue Punkte wie Pinselstriche in einer pointillistischen Landschaft auf. Im Tal erstreckte sich die Stadt Theben, eine willkürliche Ansammlung winziger rotgedeckter Häuser und monolithischer weißer Gebäude, zwischen denen sich einzelne Flecken von Grün zeigten. Es fiel schwer, die unscheinbare moderne Stadt mit dem thebanischen Machtzentrum der Antike in Einklang zu bringen. In diesem Tal und der Zitadelle, die sich darüber erhob, waren die Todfeinde des antiken Thebens, die Athener, dem Erdboden gleichgemacht und die schicksalhafte Allianz mit Xerxes' Persern geschmiedet worden. Und hier hatte die Hybris zum Niedergang geführt, als die heilige Schar Thebens den mit Langspeeren bewaffneten Armeen Alexanders des Großen haushoch unterlag.

      Sarah hatte immer Trost darin gefunden, auf den Spuren von antiken Weisen und Narren, Kriegern und Poeten, großen Anführern und niederträchtigen Verrätern zu wandeln: Den Männern, welche mit ihrem Blut oder ihrer Zunge die westliche Zivilisation geformt hatten. Doch in diesem Moment entzog sich ihr ein solcher Trost, wie Wasser durch ein Sieb rinnt.

      Aus dem Zwielicht erschien eine gebeugte Gestalt. Sarah dachte, es sei Daniel und stand auf. Sie verspürte einen Anflug von Enttäuschung, als sie erkannte, dass Evan auf sie zukam. Die Hände hatte er in seine Taschen geschoben und sein Kopf war geneigt, als würde er sich vor einer stürmischen Bö schützen.

      Sie steckte das Amulett in ihre Tasche zurück und kam ihm auf halbem Weg entgegen. «Gibt es etwas Neues?»

      Evans angespannte Züge passten zu seiner schützenden Haltung. «Nicht viel. Da nichts gestohlen wurde, schließen sie diesen Teil des Falls ab. Den Mord untersuchen sie weiter, aber das könnte Jahre dauern. Die Polizei hier ist ein Witz.»

      «Wie können Sie sicher sein, dass nichts aus den Archiven gestohlen wurde?»

      Er zuckte mit den Schultern. «Selbst wenn, kümmert das die Polizei nicht. Antiquitäten fehlen keine; das ist das Wichtigste.»

      «Die sind vielleicht nicht beunruhigt, aber wir sollten es sein. Sie haben doch sicher Inventur gemacht. Sie sollten wissen, ob Akten fehlen.»

      Mit offensichtlichem Unbehagen wandte er den Blick ab.

      «Evan.» Sie wartete, bis er sie wieder ansah. «Ich kann Ihnen nicht helfen, wenn ich es nicht weiß.»

      Er zögerte. Etwas an der Art wie er ihr Gesicht studierte, sagte ihr, dass er sich seine Antwort zurechtlegte. «Na schön. Sie haben die Verzeichnisse über die derzeitig gelagerten Artefakte mitgenommen.»

      «Glauben Sie, die sind hinter einem Objekt aus dem Tresor her?»

      «Das bezweifle ich. Wahrscheinlich klopfen Sie nur auf den Busch, um zu sehen, was wir haben. Diese Kleinkriminellen tun das ständig.»

      Sarah starrte Evan an. War er wirklich so naiv – oder spielte er ihr das nur vor? «Ist der Messingpfahl im Tresor?»

      «Ja. Der und hundert andere Gegenstände, die wir untersuchen.»

      «Kann ich einen Blick darauf werfen?»

      Evan zuckte mit den Schultern. «Wie Sie wollen. Ich werde etwa in einer Stunde im Labor sein. Dann können Sie vorbeikommen.» Er spähte zum Himmel. Dunkle Wolken drängten sich am westlichen Horizont. «Sieht ohnehin nach Regen aus.»

      Sarah nickte. «Ich werde da sein.»

      Er ging weg, blieb dann aber stehen und drehte sich wieder zu ihr um. «Wegen Daniel … er verhält sich merkwürdig, oder?»

      «Was meinen Sie?»

      «Neulich habe ich zufällig mitangehört, wie er am Telefon mit jemandem darüber sprach, in den Mittleren Osten zurückzukehren.» Er zuckte mit den Schultern. «Na ja, Sie wissen wahrscheinlich davon.»

      Sie verspürte ein vertrautes, brennendes Gefühl im Bauch. Ängste, die sie vergraben geglaubt hatte, kämpften sich an die Oberfläche zurück.

      Eine kühle Brise, Vorbote des Sturms, pfiff durch die Olivenbaumblätter. Evan schlug seinen Kragen nach oben, schob seine Hände zurück in die Manteltaschen und verschwand im aufziehenden Nebel.

      Die grünen LED-Ziffern des Weckers zeigten 02:20 Uhr. Sarah rollte sich auf den Rücken und starrte auf den abbröckelnden Putz an der Decke. Wie Najaden durch die Bäche der Antike schwammen, zogen Gedanken durch ihren Geist und hielten sie wach.

      Den Nachmittag hatte sie im Labor damit verbracht, den Messingpfahl und andere im Tresorraum gelagerte Artefakte zu untersuchen. Von Evan hatte sie Informationen über alle Gegenstände gefordert, aber er konnte nur das ursprüngliche Protokoll vorlegen. Sämtliche anderen Unterlagen waren aus dem Archiv gestohlen worden.

      Dem Protokoll nach war der obeliskförmige Pfahl ein Zufallsfund aus dem Quellgebiet des Flusses Herkyna in der Nähe der Stadt Livadia. Er war der Ephorie etwa vor einem Jahr übergeben worden und wurde noch immer untersucht.

      Aber es gab noch einen anderen interessanten Gegenstand. Ein anthropomorphes Rhyton in der Form eines Wolfskopfes. Wie über den Obelisken, so besaßen sie auch über das zeremonielle Trinkgefäß, das nach dem späten fünften oder frühen vierten Jahrhundert vor Christus aussah, nur wenige Informationen. Anscheinend war es während des Baus einer Kirche in Chaironea, einer Siedlung außerhalb von Livadia, ausgegraben worden. Man hatte es zerbrochen vorgefunden, und es war teilweise rekonstruiert worden.

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