Название: David Copperfield
Автор: Charles Dickens
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783961183173
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Diese verbündeten Mächte wunderten sich nicht wenig, bei ihrer kurz hintereinander erfolgenden Ankunft eine unbekannte Dame von gewichtigem Aussehen vor dem Feuer sitzen zu sehen, die den Hut an dem zusammengeknüpften Bande über den linken Arm hängen hatte und sich die Ohren mit einer seinen Watte zustopfte. Da Peggotty nichts von ihr wußte und meine Mutter sich über sie nicht geäußert hatte, so blieb sie ein vollständiges Geheimnis in der Wohnstube, und die rätselhafte Tatsache, daß sie ein ganzes Wattemagazin in der Tasche zu haben schien und sich Watte auf besagte Art in die Ohren stopfte, schmälerte die Feierlichkeit ihrer Anwesenheit nicht im mindesten.
Nachdem der Doktor oben gewesen und wieder heruntergekommen war, und nun vermutete, daß er wahrscheinlich mit der unbekannten Dame einige Stunden würde beisammen bleiben müssen, so schickte er sich an, höflich und gesellig zu sein. Es war der sanfteste seines Geschlechts und der gutmütigste aller Männer. Er schob sich immer nur seitwärts durch die Tür, wenn er kam oder ging, um weniger Raum einzunehmen. Er ging so leise wie der Geist im Hamlet, nur noch langsamer. Er trug den Kopf auf eine Seite geneigt, halb in bescheidener Herabsetzung seiner selbst, halb in bescheidener Höflichkeit gegen andere. Er hatte noch nie jemandem ein böses Wort gesagt, selbst einem Hunde nicht! Er hatte kein böses Wort für einen tollen Hund. Ein sanftes Wörtchen höchstens würde er zu ihm gesagt haben, aber ein rauhes Ware ihm unter keiner Bedingung möglich gewesen.
Mr. Chillip sah meine Tante mit dem auf die Seite geneigten Kopfe sanft an, machte eine zierliche Verbeugung und sagte, auf die Watte anspielend, indem er leise sein linkes Ohr berührte: »Lokale Störung, Madame?«
»Was«, entgegnete meine Tante, und riß die Watte wie einen Korkpfropfen aus dem Ohre.
Mr. Chillip erschrak so sehr über ihr barsches Wesen (wie er später meiner Mutter erzählte), daß er schier die Fassung verlor. Aber er wiederholte verbindlich:
»Lokale Störung, Madame?« .
»Unsinn!« erwiderte meine Tante, und stöpselte das Ohr energisch wieder zu.
Mr. Chillip konnte nun weiter nichts tun, als sie schüchtern anzusehen, während sie dasaß und in das Feuer stierte, bis man ihn wieder hinaufrief. Nach viertelstündiger Abwesenheit kehrte er zurück.
»Nun?« sagte meine Tante und nahm die Watte aus dem ihm zugekehrten Ohre.
»Nun, Madame,« entgegnete Mr. Chillip, »es geht langsam vorwärts, Madame.«
»Pa – a – ah!« sagte meine Tante, mit einem vollständigen Triller die verächtliche Ausrufung verlängernd, und schloß ihren Gehörgang wieder zu, wie vorhin.
Wahrhaftig, wahrhaftig (wie Mr. Chillip später meiner Mutter erzählte), er war geradezu entsetzt gewesen. Aber dennoch blickte er sie fast zwei Stunden lang an, wie sie dasaß und ins Feuer starrte, bis man ihn wieder rief.
Nach abermaliger Abwesenheit kehrte er nochmals zurück.
»Nun!« sagte meine Tante und nahm den Wattepfropfen wieder aus demselben Ohr heraus.
»Nun, nun, Madame,« erwiderte Mr. Chillip, »es geht langsam vorwärts, Madame.«
»Wirklich also –« sagte meine Tante in so barschem Tone, daß es Mr. Chillip nun nicht länger aushalten konnte. Es war wirklich danach angetan, ihn ganz kleinlaut und verzagt zu machen, äußerte er später. Er ging lieber hinaus und setzte sich draußen im Dunkeln bei starkem Zug auf die Treppe, bis man wieder nach ihm schickte.
Ham Peggotty, der die Stadtschule besuchte und im Katechismus so fest war, daß er als glaubwürdiger Zeuge betrachtet werden kann, berichtete am nächsten Tage, er habe eine Stunde später zur Stubentür hineingeguckt und sei sofort von Miß Betsey, die in großer Aufregung auf und ab gegangen, bemerkt und erwischt worden, bevor er habe flüchten können. Er berichtete ferner, man habe zuweilen Fußtritte und Summen in den oberen Zimmern gehört, die von der Watte wohl nicht genügend gedämpft worden seien, wie er dies aus dem Umstände geschlossen hätte, daß ihn die Dame ersichtlich als ein Opfer festhielt, an dem sie ihrer überströmenden Aufregung, wenn die Töne am lautesten waren, Luft machen konnte, daß sie ihn beim Kragen gepackt gehalten und in der Stube auf und ab geführt (als ob er zuviel Laudanum genossen), ihn alsdann geschüttelt, ihm in das Haar gefahren, den Kragen zerzaust und die Ohren verstopft, als ob sie diese mit ihren eigenen verwechselte, und ihn auf andere Weise mißhandelt habe. Diese Erzählung wurde teilweise durch seine Tante bestätigt, die ihn halb ein Uhr kurz nach seiner Befreiung sah, wo er so rot ausgesehen haben solle wie – ich.
Der sanfte Mr. Chillip konnte niemand etwas nachtragen, am allerwenigsten zu einer solchen Zeit. Er trat durch die halbgeöffnete Tür ins Zimmer, sobald er nur abkommen konnte, und sagte in seiner sanftesten Weise zu meiner Tante:
»Madame, es freut mich, Sie beglückwünschen zu können.«
»Wozu?« sagte meine Tante scharf.
Mr. Chillip wurde wieder verlegen bei der außerordentlichen Schroffheit meiner Tante; er machte daher eine zierliche Verbeugung und verzog sein Gesicht zu einem sanften Lächeln, um sie zu besänftigen.
»O über diesen Mann, was er nur macht!« rief meine Tante ungeduldig. »Kann er nicht sprechen?« »Seien Sie ruhig, meine liebe Madame«, flötete er mit seiner sanftesten Stimme. »Es ist durchaus keine Ursache mehr zur Besorgnis vorhanden, Madame, beruhigen Sie sich bitte.«
Man hat es damals fast als ein Wunder betrachtet, daß ihn meine Tante nicht umschüttelte, um das, was sie hören wollte, aus ihm herauszuschütteln. Sie schüttelte nur das eigene Haupt, aber auf eine Art, die ihn zittern machte.
»Nun, Madame«, begann Mr. Chillip von neuem, sobald er wieder etwas Mut gefaßt hatte. »Es freut mich, Sie beglückwünschen zu können, alles ist nun vorbei, Madame, und glücklich vorbei.«
Während der fünf Minuten, die Mr. Chillip zu dieser Rede brauchte, sah ihn meine Tante scharf an.
»Wie befindet sie sich?« fragte sie und kreuzte ihre Arme, an deren einem immer noch der Hut hing, vor der Brust übereinander.
»Nun, Madame, sie wird sich bald ganz Wohl befinden, hoffe ich,« erwiderte Mr. Chillip, »so wohl, als wir von einer jungen Mutter und unter so betrübten häuslichen Umständen erwarten können. Es steht gar nichts im Wege, wenn Sie sie jetzt besuchen wollen, Madame. Es dürfte ihr gut tun.«
»Und sie? Wie geht es ihr?« sagte meine Tante kurz.
Mr. Chillip legte den Kopf noch ein wenig mehr auf die eine Seite und sah meine Tante an wie ein gezähmtes Vögelchen.
»Das Kind, das Mädchen«, sagte meine Tante. »Was macht es?«
»Madame,« erwiderte Mr. Chillip, »ich glaubte, Sie wüßten es schon. Es ist ein Junge.«
Meine Tante sagte kein Wort, sondern packte ihren Hut wie eine Schleuder beim Bande, führte damit einen СКАЧАТЬ