Название: Der kleine Fürst Staffel 12 – Adelsroman
Автор: Viola Maybach
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Der kleine Fürst Staffel
isbn: 9783740970284
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Zu seinem Leidwesen hörte er, daß es um Sandra Richter keine Skandale gab. Er schaute sich das Teleobjektivfoto an, das die Ärztin im tiefausgeschnittenen Sommerkostüm zeigte, und pfiff durch die Zähne.
»Sehr attraktiv. Sie ist sechsundzwanzig?«
»Genau. Sie gilt als äußerst tüchtig in ihrem Fach und ist in der Klinik bei den Ärzten, dem Pflegepersonal und dem Patienten gleichermaßen beliebt. Außer ihrem jüngeren Bruder und zwei alten Tanten in Norddeutschland hat sie keine lebenden Verwandten. Dr. Richter lernte Fürst Gunter kennen, als er im Januar mit einer Unterschenkelfraktur, die er sich beim Wintersport zugezogen hatte, in der Klinik lag.«
»Hm.« Der Baron stieß in dem Dossier auf etwas. »Ihr Bruder, ein kleiner Bankangestellter, lebt auf großem Fuß, steht hier. Er fährt einen italienischen Sportwagen und ist häufiger Gast der Bad Homburger Spielbank.« Baron Edgar verkehrte selbst regelmäßig dort und auch in anderen Casinos. »Warum ist kein Foto von diesem Frank Richter dabei? Ich muß ihn mir unbedingt ansehen.«
»Das läßt sich einrichten.«
Am gleichen Abend erhielt der Baron die Nachricht, daß sich Frank Richter wieder in der Spielbank aufhielt. Der Baron fuhr sofort los. Der Detektiv zeigte auf einen jungen Mann mit gewelltem dunklem Haar. Er war groß und schlank und hatte ein etwas mädchenhaftes Gesicht, der Blazer stand ihm vorzüglich.
Seine Hände zitterten leicht, als er sechshundert Mark auf drei verschiedene Roulettefelder setzte. Die Kugel rollte. Gebannt hafteten Frank Richters Augen darauf. Er schaute in sein Notizbuch.
»18, 24 und 33«, murmelte er. »Eine dieser drei Zahlen muß kommen.«
Die Kugel blieb auf der Drei liegen. Frank zuckte heftig zusammen. Er vertiefte sich in seine Berechnungen, der Croupier mußte ihn mahnen, entweder zu setzen oder den Platz freizugeben.
»Ein Systemspieler«, sagte der Baron zu dem Detektiv. »Er ist mir bereits früher aufgefallen, er kommt seit einem guten halben Jahr hierher und verliert fast ständig. Sehr interessant, wirklich, äußerst interessant. Laut Auskunft Ihrer Detektei verdient er nicht einmal zweitausend netto im Monat. Er hat keine Vermögenswerte oder andere Einkommensquellen, zumindest keine legalen. Bestellen Sie Ihrem Chef, daß ich vorerst keine weiteren Auskünfte brauche.«
Der Detektiv nickte und ging. Baron Edgar beobachtete Frank Richter noch eine Weile. Während dieser Zeit verlor der junge Mann über viertausend Mark. Ärgerlich riß er ein Blatt aus seinem Notizbuch, knüllte es zusammen und steckte es weg.
Der Baron konnte ihm den Ärger über den Verlust nachfühlen. Er war selber ein gebranntes Kind.
Er folgte Frank an die Kasinobar, wo der junge Mann mehrere hochprozentige Drinks zu sich nahm. Er schien sie dringend nötig zu haben. Baron Edgar hatte einen bestimmten Verdacht, woher das Geld stammte, das Frank mit vollen Händen verspielte.
Sehr viele Möglichkeiten gab es schließlich da nicht.
Der Baron setzte sich neben ihn. Sie kamen ins Gespräch. Frank gab sich als Fabrikantensohn aus, er schnitt mächtig auf.
»Ich glaube, ich habe Sie schon im Kasino von Baden-Baden gesehen«, sagte er zum Baron. »Sie waren in Begleitung einer sehr aparten Dame. Sind Sie nicht ein Adliger?«
»Welche Rolle spielt das heutzutage noch? Nennen Sie mich einfach Monsieur Edgar.«
Es bereitete dem Baron Vergnügen, Frank zu täuschen. Sie sprachen über die Zero beim Roulettespiel, über die Möglichkeit und Unmöglichkeit von Roulettesystemen und von berühmten Spielern. Baron Edgar erzählte Anekdoten. Frank behauptete, daß er einem absolut sicheren Roulettesystem hart auf der Spur sei, er hätte es fast fertig entwickelt.
Als der Baron das anzweifelte, reagierte er, angetrunken wie er war, beleidigt.
»Sie werden schon sehen. Irgendwann sprenge ich die Spielbank. Wir sprechen uns noch.«
Der Baron hatte ihn eingeladen, Frank war total pleite.
Ganz bestimmt sprechen wir uns noch, mein Junge. Das wird dann kein angenehmes Gespräch für dich, dachte Baron Edgar hämisch, kaum daß der junge Mann gegangen war.
Am nächsten Vormittag rief der Baron den Inhaber der Privatbank an, bei der Frank arbeitete. Der Baron kannte den Inhaber, er führte ein längeres Gespräch mit ihm.
»Wir werden die Konten überprüfen, für die Frank Richter verantwortlich ist«, sagte der Bankier zum Schluß des Gesprächs. »Sie hören auf jeden Fall wieder von mir, Herr Baron, bevor wir etwas anderes unternehmen.«
»Ich bitte darum. Ich habe ein persönliches Interesse an der Angelegenheit.«
*
Gunter von Falkenau ahnte nicht, daß man gegen ihn und Sandra intrigierte. Er holte seine Geliebte jeweils nach Dienstschluß in der Klinik ab, dann fuhren sie zum Essen zu einem netten Lokal, gingen im Wald oder im Kurpark spazieren, besuchten die Taunus-Thermen oder zogen sich in Sandras Wohnung zurück.
Es waren unbeschwerte, glückliche Tage, das Verhalten der Fürstin bestürzte die beiden nicht mehr.
»Wenn das Kind erst da ist, wird meine Mutter ihre Meinung ändern«, sagte Gunter zuversichtlich. Das redete er auch Sandra ein.
*
Der Inhaber der Privatbank hieß Balduin Möller. Er hatte es verstanden, den Titel eines Honorarkonsuls zu bekommen, und war sehr stolz darauf. Er besuchte Baron Edgar am frühen Abend in dessen Villa.
Edgar von Balsingen hatte einige geschäftliche Stationen hinter sich, nicht alle vertrugen das Licht der Öffentlichkeit.
Zur Zeit verdiente der Baron sein Geld als eine Art Strohmann-Direktor für drei Abschreibungsgesellschaften und war auch in der Versicherungsbranche tätig. Er kannte den Bankier Möller durch seine geschäftlichen Tätigkeiten.
Baron Edgar begrüßte den Bankier sehr zuvorkommend. Vor Geld empfand der Baron immer große Hochachtung. In der Bibliothek, die er einmal bestückt hatte, indem er wahllos aus Nachlässen kaufte, was sich preiswert anbot, bewirtete er Konsul Möller mit einem Kognak.
»Ich kann es nicht fassen«, stöhnte der Konsul. »Sie haben mich auf etwas Ungeheuerliches gestoßen, Herr Baron. Richter, dieser Schuft, hat auf raffinierte Weise fünfzigtausend Mark unterschlagen. Das gibt einen Skandal! Wie stehe ich jetzt vor meinen Kundschaft da? Von dem finanziellen Verlust ganz zu schweigen.«
»Was haben Sie vor, Herr Konsul?«
»Natürlich werde ich meinen Angestellten anzeigen. Nur, was nutzte es mir? Er kann mir das Geld niemals zurückzahlen. Obendrein bleibt mir der Prestigeverlust.«
Der dickliche Konsul tupfte sich den Schweiß von der Stirnglatze. Baron Edgar strich über seinen graumelierten Kinnbart.
»Vielleicht kann ich Ihnen helfen, lieber Konsul. Sie wissen, eine Hand wäscht die andere. Sie waren mir geschäftlich auch schon gefällig.«
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