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СКАЧАТЬ Kampf ums Überleben war noch lange nicht ausgestanden.

      Später erzählte mir mein Ehemann, er habe in der Zeit nach Elenas Tod auf der Intensivstation eine sonderbare kurze Begegnung mit einem ihm nicht bekannten, älteren Arzt gehabt. Dieser Arzt habe bezüglich Christina nur diese gleichsam prophetischen Worte zu ihm gesagt: «Bei diesem Kind wird man sich einiges nicht erklären können.» Damals machten wir uns keine großen Gedanken über diese rätselhafte Aussage und suchten nicht nach einer tieferen Bedeutung. Wir wussten nicht, dass sie längst nicht die einzige wunderliche Bemerkung von Fremden in Bezug auf Christina bleiben würde.

      Christina verbrachte anschließend weitere strapaziöse Wochen auf der Intensivstation, bis wir sie nach gut vier Monaten mit erst knapp 2500g Körpergewicht endlich nach Hause nehmen durften und ich die kleine Wohnung in St. Gallen wieder aufgeben konnte. Dies war zweifelsohne der glücklichste Moment in meinem bisherigen Leben.

      Christina war ein äußerst friedliches und herziges Baby, aber noch immer sehr, sehr klein. Nach wie vor wurde sie über eine Magensonde ernährt und befand sich weiterhin in engmaschigen Kontrollen hinsichtlich ihrer sensorischen und motorischen Entwicklung. Was mich betrifft, so war ich schon früh der Überzeugung, dass dieses Mädchen keine Augen- oder Gehörschäden davontragen würde, da sie ein äußerst waches Wesen zu sein schien. Wie sich ihre Fein- und Grobmotorik entwickeln würden, war allerdings schwer abzusehen, ebenso auch ihre kognitive Entwicklung. Dieses Kind wollte schon von Geburt an nie in irgendein Raster passen, denn allzu viel war bei Christina einfach besonders. Medizinische Vergleiche mit anderen Kindern zu ziehen, war also zwecklos, denn auch für die Ärzte stellte sie oft ein großes Rätsel dar.

      Wie sehr außerhalb jeglicher medizinischer Norm das Mädchen lag, zeigten mir vor allem gleichaltrige Kinder, insbesondere die beiden etwa zur gleichen Zeit geborenen Babys zweier meiner Brüder. Der Unterschied war extrem und ab und an auch ein wenig frustrierend. Doch Christina hatte offensichtlich ihren eigenen Lebensfahrplan, den ich einfach zu akzeptieren hatte.

      Trinken konnte das Mädchen zu diesem Zeitpunkt noch nicht, doch man war zuversichtlich, dass sich spätestens nach ein paar Monaten das Trinkverhalten normalisieren würde. Über eine Nasensonde wurde sie tröpfchenweise mit Muttermilch versorgt, Tag und Nacht und mit unglaublich kleinen Portionen von nur wenigen Millilitern. Diese Versorgung blieb zu Hause meine Hauptaufgabe, die mich in höchstem Maße forderte und zugleich auch mit höchstem Glück erfüllte, wenn ich sah, dass ich dadurch aktiv zu Christinas Überleben beitragen konnte. Warum das Mädchen allerdings auch nach weiteren Monaten noch nicht von der Sonde loskam, war unerklärlich. Die Ärzte und wir Eltern hofften, dass es eines Tages einfach «klick» machen und dass Christina so den Schluckreflex endlich aktivieren würde. Doch es sollten noch etliche Jahre vergehen, bis Christina tatsächlich in unserer Realität ankommen würde. Glücklicherweise war ich damals im Unwissen über die Anstrengungen der bevorstehenden Jahre.

      Nach sechs Monaten stellte sich die Frage, welche hoch entwickelte Frühchenmilch Christina nach der Muttermilch bekommen sollte. Doch auf sämtliche Spezialnahrung reagierte sie mit massiver Neurodermitis. Es gab Tage, da bekam das Mädchen einfach nur Tee sondiert. In der Klinik riet man mir damals noch von Spender-Muttermilch ab, genauer gesagt übernahm die Klinik keine Verantwortung dafür. Denn das Verabreichen von Muttermilch war zu vergleichen mit einer Bluttransfusion, barg also gewisse Risiken. Doch ich hatte keine Wahl. Eine vertraute Bekannte von mir, die mit einem Frühgeborenen ebenfalls einige Wochen auf der Intensivstation verbracht hatte, hatte noch einiges an eingefrorener Muttermilch übrig, und damit überbrückten wir einige weitere Wochen. Dies war damals überlebenswichtig für Christina.

      Am Neujahrstag 2002 war Christina etwas mehr als acht Monate alt und wog knapp 4000g. Aber statt Fortschritt folgten auch im neuen Jahr neue Probleme.

      Im Alter von einem Jahr war Christina ein strahlendes, lebendiges Mädchen von 4800g, das sich allerdings gerne die Sonde aus der Nase zog, weil der Schlauch in der Nase zunehmend störend war. Zwar war ich imstande, diese selber wieder über die Nase in den Magen einzuführen, doch es wurde zunehmend mühsamer, drei- bis viermal am Tag die lebenswichtige Sonde neu zu setzen. Dieser Zustand war auf die Dauer nicht tragbar. Daher schlugen uns die Ärzte in der Kinderklinik eine sogenannte «PEG-Sonde» vor, das heißt einen künstlichen Katheter-Zugang über die Bauchdecke direkt in den Magen, der nicht mehr durch die Nase und die Speiseröhre verlaufen würde. Über dieses Schlauchsystem konnte zwar leichter Flüssignahrung zugeführt werden, doch machten uns die Ärzte auch auf die Risiken aufmerksam. Es bestand die Gefahr, dass Christina möglicherweise niemals würde normal essen und trinken können und lebenslang auf dieses künstliche System angewiesen sein würde.

      Die Entscheidung für einen solchen Schritt fiel uns nicht leicht. Ich verspürte das starke Bedürfnis, zuvor noch einen weiteren Rat einzuholen, denn ich war mir nicht sicher, ob dieser Eingriff tatsächlich richtig sei. «Zufälligerweise» kam in diesen Tagen gerade eine liebe Freundin zu Besuch und gab uns die Adresse einer Astrologin, die uns möglicherweise weiterhelfen könnte. Bei solchen Empfehlungen war ich stets skeptisch gewesen. Schon seit der Geburt der Zwillinge hatte ich von allen möglichen Seiten eine Unmenge an lieb gemeinten Ratschlägen und an Adressen irgendwelcher Lebensberater und Therapeuten bekommen. Mittlerweile war ich ausreichend sensibilisiert, was die Therapeutenwahl anbelangte. Doch dieses Mal fasste ich den Entschluss, die empfohlene Astrologin aufzusuchen.

      Für mich würde es der allererste Besuch bei einer Astrologin sein. Ich hatte vor, mich mit lediglich zwei Fragen an sie zu wenden: erstens, ob diese PEG-Sonde für Christina wirklich die richtige Lösung war, und zweitens, welche Art der Nahrung ich Christina sondieren sollte, wenn keine Spendermilch mehr zur Verfügung stünde. Denn jegliche Sondennahrung wurde bis zu diesem Zeitpunkt von Christinas Organismus nicht angenommen.

      Im Vorfeld teilte ich der Dame Christinas Geburtsdaten mit, so dass sie bereits die astrologischen Berechnungen anstellen und Christinas Kosmogramm erstellen konnte. Einige Tage später fuhr ich dann in einer Mischung aus Skepsis und Zuversicht zu jener Astrologin am Zürichsee. Schon nach dem ersten Blickkontakt war ich positiv beeindruckt, und mein Vertrauen war geweckt. Die Astrologin schaute sich das einjährige, mit 4,8kg noch immer massiv untergewichtige Kind an und meinte dann nach kurzem Innehalten mit einem erfreuten Lächeln und mit einer sonderbar ruhigen Stimme: «Dieses Kind wird die Welt verändern.»

      Aus welchem Grund diese fremde Frau eine solche Aussage machte und was genau sie damit meinte, verstand ich damals nicht. Ich maß diesen Worten auch kein besonderes Gewicht bei, und doch waren sie eindrücklich genug, dass sie mir im Hinterkopf blieben. Ich hielt die Aussage für eher symbolisch. Vielleicht würde sich Christina irgendwann einmal sozial einsetzen, etwa in der Entwicklungshilfe oder ähnlichem. Die ferne Zukunft meiner Tochter interessierte mich in jenem Moment ohnehin denkbar wenig, denn wir hatten genug aktuelle Probleme.

      Insgesamt war der Besuch bei jener Astrologin im Jahre 2002 für uns alle entscheidend. Sie bestätigte einen ausgesprochenen Lebenswillen des Kindes und erwähnte, in welch gewaltiger Planetenkonstellation es geboren worden war. Sie befürwortete die fragliche Operation, und bezüglich Ernährung verwies sie mich auf die Natur. Vieles von dem, was die Astrologin außerdem noch sagte, verstand ich damals nicht. Aber meine beiden zentralen Fragen waren beantwortet: Erstens sollte Christina nun also die PEG-Sonde in ihre Bauchdecke operiert bekommen. Das Entfernen der bisherigen Nasensonde stellte für uns alle eine große Erleichterung dar. Außerdem konnten dadurch auch die ständige Reizung in der Speiseröhre sowie die Irritationen des Ringmuskels beim Mageneingang vermieden werden. Und zweitens entschied ich mich, was die Sondennahrung betraf, wie von der Astrologin empfohlen, für Naturprodukte, was die Ernährungsberater allerdings als sehr ungewöhnlich erachteten. Christina vertrug weder Schafs- noch Ziegenmilch, daher sondierten wir Tees, Fruchtsäfte, pürierte dünne Kartoffel/Gemüse-Cocktails, angereichert mit Eiern und hochwertigen Ölen. Später kamen Apfelmus und pürierte Haferschleimsuppe dazu, manchmal auch eine süße Creme, damit die Kalorienzahl ein wenig aufgewertet werden konnte. Allein die Nahrungszubereitung und СКАЧАТЬ