Jakob Wolff - Düsteres London. Regine D. Ritter
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Название: Jakob Wolff - Düsteres London

Автор: Regine D. Ritter

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Jakob Wolff - Hexenmeister

isbn: 9783945230527

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СКАЧАТЬ habe heute mit Foley gesprochen, und er wäre bereit, mich zu begleiten. Er sagte, er besäße einen Shilley … Shilla … Ich weiß das Wort nicht mehr genau.«

      »Shillelagh

      »Genau. Was ist das?«

      »Eine Mischung aus Spazierstock und Knüppel. Die Iren verwenden sie als Waffe. Es überrascht mich nicht, dass er damit umzugehen weiß.«

      »Erlaubst du mir hinzugehen, wenn er mich begleitet?«

      »Nur, wenn du sehr, sehr vorsichtig bist. Nimm am besten noch jemanden mit. Einen der Stallknechte – vielleicht Oliver?«

      »Das verspreche ich.«

      »Ich könnte dir sowieso nichts verbieten. Können wir nun zu Bett gehen, Liebes?«

      »Gerne.« Sie schmiegte sich an ihn.

      Als Lilo am nächsten Tag mit Foley, Oliver und ihrer Zofe Bessie mitten in Whitechapel stand, war sie trotz aller Vorwarnungen schockiert.

      Das ist nicht nur ein Armenviertel, dachte sie angewidert. Es ist ein dreckiges, stinkendes, verseuchtes Elendsviertel.

      Sie hatte extra ein einfaches Kleid aus Baumwolle angezogen, eines, das sonst das Hausmädchen zum Putzen trug. Trotzdem raffte sie ihre Röcke, damit der Saum des Kleides nicht mit dem Dreck und den Fäkalien in Berührung kam, welche hier offen durch die Gosse flossen.

      Ihre gesamte Umgebung war abstoßend. Die Gassen Whitechapels waren so eng und verwinkelt, dass man mancherorts die Häuser links und rechts des Wegs gleichzeitig berühren konnte. Der Boden bestand an vielen Stellen nur aus festgestampftem Lehm, der nach den Regenfällen der letzten Tage zu einer knöcheltiefen Schlammschicht geworden war. Überall lag Unrat herum, Ratten huschten über die Straßen, und dem Geruch nach entleerte mehr als ein Bewohner des Viertels regelmäßig seinen Nachttopf auf die Straße.

      »So eng, wie die Gassen hier sind, sind sie nachts sicher nur unzureichend beleuchtet«, sagte Lilo und zeigte auf eine der wenigen Gaslaternen.

      »Nachts ist es hier stockfinster, My Lady«, stimmte Oliver zu.

      »Die ganze Gegend ist ein Nährboden für Krankheit und Verbrechen«, ergänzte Foley. Er hielt seinen Shillelagh in der rechten Hand und zeigte ihn demonstrativ einer Gruppe magerer Straßenkinder, die daraufhin etwas Abstand hielten.

      »Wo genau sind wir?«, fragte Lilo. In dem Gassengewirr hatte sie völlig die Orientierung verloren.

      »Baker’s Row, My Lady.«

      »Eine der Armenküchen sollte hier in der Nähe sein. In der Hanbury Street.«

      Lilo sah sich suchend um. Zwar waren viele Menschen auf der Straße, doch niemand, den sie ansprechen wollte. Sie war hier so offensichtlich fremd, dass jedermann sie unfreundlich und misstrauisch anblickte.

      Straßenhändler trugen Körbe mit Gebäck oder Fisch, arbeitslose Tagelöhner strichen umher, und zwei ältere und offensichtlich angetrunkene Huren warteten auf Kundschaft. Nur ein Bettler mit einem lahmen Bein sprach sie an, doch auch er stank so sehr nach Gin, dass Lilo ihn nicht nach dem Weg fragen wollte. Sie gab ihm rasch eine Münze, und er taumelte weiter. Nach ihm drängte sich ein Mädchen mit einem völlig entstellten Gesicht an Lilo vorbei, gefolgt von zwei Jugendlichen, die jeder ein Bündel Leinen trugen. In all dem Schmutz um sie herum wirkte das saubere Tuch seltsam deplatziert. Lilo sah ihnen erstaunt nach.

      »Gestohlenes Leinen, My Lady«, erklärte Bessie. »Die Kinder klettern über die Mauern von reichen Haushalten, und stehlen das Tuch von den Wäscheleinen. Dann müssen sie nur noch eingestickten Initialen heraustrennen, und können es an einen Pfandleiher verkaufen. Es ist für sie einfacher als Taschendiebstahl.«

      »Hast du das Mädchen vorhin gesehen? Sie war bestimmt schon das dritte oder vierte Kind mit so einem missgestalteten Gesicht.«

      »Man nennt das phossy jaw, My Lady« mischte Foley sich wieder in das Gespräch ein. »Die Mädchen, die in Streichholzfabriken arbeiten, bekommen alle früher oder später so ein Gesicht. Ihre Zähne fallen aus, und die Kieferknochen schmelzen einfach weg. Man sagt, es liegt an dem Phosphor, der für die Streichhölzer verwendet wird.«

      »Wie schrecklich.« Lilo war ehrlich entsetzt.

      »My Lady hat wahrscheinlich nicht von dem Streik in der Bryant and May Factory gehört? Das war, während Sie mit Sir Robert verreist waren.«

      »Es sagt mir nichts«, musste Lilo zugeben.

      Sie schämte sich, weil sie wahrscheinlich von derartigen Vorgängen auch dann nichts mitbekommen hätte, wenn sie in London gewesen wäre. Sie hatte sich nie besonders für die Dinge, die in den Zeitungen standen, interessiert.

      »Mehr als 1000 Frauen haben damals für bessere Arbeitsbedingungen und die Abschaffung des Phosphors gestreikt.«

      »Hatten sie Erfolg?«

      »Sie dürfen nun immerhin ihre Mahlzeiten in einem separaten Raum einnehmen, so dass das Essen nicht mehr voller Phosphor ist.«

      Lilo sah den Kutscher fassungslos an, und er erriet ihre nächste Frage, bevor sie sie aussprechen konnte.

      »Meine Cousine Nessa arbeitet dort.« Foley zuckte betont gleichgültig mit den Schultern und sah die Straße entlang. »Wir sollten weitergehen, My Lady. Hanbury Street muss ein kleines Stückchen nördlich von hier sein.«

      Lilo versuchte, im Weitergehen unauffällig auf ihre Umgebung zu achten. Jedes Haus, das sie passierten, war entweder ein boarding house, ein Pub, oder ein sogenannter dram shop, was nichts anderes als ein primitiv gezimmerter Ausschank war. Es stank nach billigem Gin und Rum. Aus einer der dunklen Seitengassen, die sie passierten, hörte man lautes Hecheln und Stöhnen. Eine der Straßenhuren musste Kundschaft gefunden haben. Lilo fühlte, wie ihre Wangen brannten und sie mied die Blicke der Männer, die sie begleiteten.

      Auf einmal bemerkte sie in der Menschenmenge ein bekanntes Gesicht.

      »Toby?«, rief sie erstaunt.

      Der Junge sah sich um, wer ihn gerufen hatte. Lilo winkte ihn zu sich heran.

      »Du bist doch Toby, der Zeitungsjunge? Der morgens immer Mr Vitt eine Zeitung in den Teeladen bringt?«

      Jetzt erkannte Toby sie. »Miss Maybrick! Wie geht es Ihnen? Ich habe Sie lange nicht im Laden gesehen.«

      »Weil sie jetzt Lady Tarleton ist«, unterbrach Bessie schnippisch.

      Toby riss sich die Kappe vom Kopf und deutete eine Verbeugung an.

      »Herzlichen Glückwunsch, My Lady. Das hat Mr Vitt mir gar nicht erzählt.«

      »Ich dachte, du weißt alles, was in London vor sich geht«, erwiderte Lilo lächelnd.

      »Nur das, was in den Zeitungen steht, My Lady.«

      »Kennst du dich hier in der Gegend aus, Toby?«

      »Aber ja.«

      »Dann führe uns bitte in die Hanbury Street. Dort muss СКАЧАТЬ