Jakob Wolff - Düsteres London. Regine D. Ritter
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Название: Jakob Wolff - Düsteres London

Автор: Regine D. Ritter

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Jakob Wolff - Hexenmeister

isbn: 9783945230527

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СКАЧАТЬ schloss für einen Moment die Augen, als er die Stimme erkannte. Gerade heute hatte er Lilo nicht sehen wollen. Was sie selbstverständlich wusste, und dennoch ignorierte, so wie sie es fast jedes Jahr tat. Resigniert schenkte er gleich noch eine zweite Tasse Tee ein.

      »Was hilft nichts?«, rief er währenddessen in den Laden.

      »Die langen Ärmel. Und die in die Stirn gekämmten Haare. Man sieht die Wunden trotzdem.«

      Jetzt erst kam sie in die Küche. Wie immer in den letzten Monaten sah Lilo blendend aus. Sie trug ein elegantes, blaues Kleid und bewegte sich darin, als wäre sie für diese Mode geboren worden. Natürlich waren ihr Schirm und der hochwertige Mantel farblich darauf abgestimmt.

      »Weiß dein Gemahl, dass du alleine fremde Männer besuchen gehst?«, brummte Jakob.

      Er ging zur Ladentür und schloss sie von innen ab, damit keine Kunden sie stören würden.

      Lilo lachte. »Robert vertraut mir voll und ganz. Und dir auch. Er betrachtet dich als meinen Retter in der Not, und das gibt dir wohl ehrenhalber so eine Art Status, wie es … ach, keine Ahnung, wahrscheinlich wie es ein Bruder oder Cousin von mir hätte.«

      »Was willst du hier, Lilo? Ausgerechnet heute?«

      »Das weißt du doch«, erwiderte sie, gleichzeitig sanft und trotzig. »Ich musste dich sehen. Mich überzeugen, dass es dir gut geht.«

      »Dann setz dich.«

      Jakob schob die Teetasse über den Tisch zu ihr hin. Trotz allem rührte ihn ihre Besorgnis.

      »Danke für den Tee.«

      »Es ist nur Pfefferminze. Nicht der feine englische Tarleton-Tee.«

      Lilos Augen funkelten amüsiert, und Jakob ertappte sich selbst dabei, ihr Lächeln zu erwidern.

      »Man muss es den Engländern lassen«, erklärte sie. »Diese Teekultur haben sie perfektioniert. Tee hilft in jeder Lebenslage, zumindest ein bisschen.«

      »Es redet sich besser, wenn man dabei eine dampfende Teetasse vor sich stehen hat«, stimmte er ihr zu.

      Letztlich sprachen sie gar nicht so viel miteinander. Jakob lehnte sich zurück, schloss die Augen, und genoss den angenehm frischen Duft des Pfefferminztees. Als er wieder aufsah, tauschten sie nur einen langen, bedeutungsvollen Blick aus. Nach so langer Zeit gab es nicht mehr viel zu bereden.

      Ein Fluch band Jakob und Lilo aneinander. Seit fast vierhundert Jahren versuchten sie nun schon, diesen zu brechen, doch bisher war ihnen damit kein Erfolg beschieden.

      Jakob Wolff und Lieselotte Wagner waren Hexer. Im Jahr 1494 war Jakob im deutschen Greiz wegen Hexerei angeklagt worden. Ironischerweise war es ein Scheinprozess gewesen, nichts als ein Vorwand seiner Feinde, um ihn loszuwerden, und die Ankläger hatten rein gar nichts von seinen tatsächlich vorhandenen hexerischen Fähigkeiten gewusst. Dennoch hatte man ihn damals zum Tode verurteilt. Lilo hatte alles versucht, um ihn zu retten, und sich in ihrer Verzweiflung letztlich auch dunkler Künste bedient. Die Rettung war ihr gelungen, jedoch zu einem entsetzlichen Preis. Jakob und Lilo konnten seitdem nur weiterleben, wenn sie jährlich ein Menschenleben opferten. Und erst am Vortag hatten sie diesen Preis wieder einmal bezahlt.

      »Jedes Jahr schwöre ich mir wieder, dass ich es nicht mehr tun werde«, sagte Jakob leise.

      Lilo erwiderte nichts, doch sie griff nach Jakobs Hand und drückte sie fest. Ihre Haut war warm und weich, und Jakob genoss es, sie zu spüren. Tief in seinem Inneren wusste er, dass er allen Gewissensbissen zum Trotz auch im kommenden Jahr wieder bereit sein würde, das Opfer zu bringen. Zu töten, um selbst weiterzuleben.

      Jakob sah Lilo an. Ihr kupferrotes Haar war zu einer komplizierten Frisur aufgesteckt, und ihre Augen erinnerten ihn an grünlich schimmernde Bergseen. Nach allgemeinen Maßstäben war sie nur hübsch, doch für ihn war sie die schönste Frau der Welt. Die Liebe seines Lebens. Manchmal hasste er sie dafür, dass sie mit ihrem missglückten, teuflischen Ritual diesen Fluch über sie beide gebracht hatte. Doch er verstand sie. Ihre Liebe war stärker als jede Moral.

      »Eines Tages, Jakob …«

      »Eines Tages gelingt es uns. Wir werden den Fluch brechen«, sagte er fest.

      »Und dann ein ganz normales Leben führen. Wir werden nicht mehr alle paar Jahre weiterziehen müssen, nicht mehr ständig die Namen wechseln …«

      Lilo blickte von Jakob weg, und er erriet ihre Gedanken. Mehr als alles andere wünschte Lilo sich ein Kind. Sein Kind. Doch so lange der Fluch andauerte, war sie zur Unfruchtbarkeit verdammt.

      »Es wird uns gelingen«, wiederholte er, und sie nickte entschlossen. Ihr Lächeln war kämpferisch. Lilo besaß die bemerkenswerte Fähigkeit, noch immer optimistisch in die Zukunft zu blicken.

      Lilo schob Jakobs Ärmel sanft zurück und betrachtete die verkrusteten Male an seinem Handgelenk. »Sie heilen bereits.«

      »Nur noch ein paar Tage, dann sind sie wieder verschwunden. Na ja, bis auf die üblichen Narben.«

      »Und die anderen Wunden?«

      »Leicht schmerzhaft, aber nicht der Rede wert.«

      Natürlich wusste sie, dass er log. Die Wunden waren ein Teil des Fluchs, peinvolle Erinnerungen an die Folter, die er damals im Zuge seines Prozesses hatte erleiden müssen. Er trug Fesselmarken an den Handgelenken, Peitschenstriemen auf dem Rücken, eine Schnittwunde auf der Stirn und eine Brandwunde auf der Brust. Immer an den Jahrestagen der Marter brachen die Wunden wieder auf.

      »Die Schmerzen nehme ich gerne auf mich«, sagte er entschieden.

      Auch das war wieder eine Lüge. Jakob hasste die Schmerzen und die damit verbundenen Erinnerungen. Aber gerade darum fand er es wichtig, sie zu durchleben. Es war Teil seiner Buße.

      »Es tut mir einfach so weh, dich leiden zu sehen. Jedes Jahr wieder.«

      Lilo stand auf und holte die Teekanne vom Ofen, wo Jakob sie warmgestellt hatte. Sie kannte ihn gut genug, um zu wissen, dass er nicht weiter darüber diskutieren würde.

      »Was war das, das du vorhin dem Zeitungsjungen gegeben hast?«, wechselte sie das Thema.

      »Toby? Wieso?«

      »Ich habe ihn nur weglaufen sehen. Mit einem breiten Grinsen im Gesicht. Du hast dem Burschen irgendwas geschenkt.«

      »Nur Lindenblütentee.«

      »Es spricht sich sicher schon wieder in der Nachbarschaft herum.«

      »Was?«

      Lilo schenkte ihnen ein und trug dann die Kanne zum Ofen zurück, bevor sie antwortete. »Dass der Betreiber dieser Filiale von Tarleton Fine Teas sich nicht nur auf das korrekte Aufbrühen von Earl Grey und Breakfast Tea versteht, sondern auch andere Kräutermischungen kennt.«

      »Nicht jeder kann sich einen Arzt leisten.«

      »Und wie immer hilfst du ihnen umsonst.«

      »Der Laden läuft gut, ich kann es mir leisten.«

      »Du bist СКАЧАТЬ