Название: Um Krone und Liebe
Автор: Sigrid-Maria Größing
Издательство: Bookwire
Жанр: Документальная литература
isbn: 9783902998767
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Nach dem Einzug der Majestäten in die Stadt begann das allgemeine Fest, zu dem die Wiener Bevölkerung samt und sonders eingeladen war. Seltsamerweise war die junge Maria zunächst in dem eher abgehausten Cilli-Hof untergebracht worden, der als Schießstätte gedient hatte und in dem es nicht nur unerträglich nach Pulver stank, sondern in dem auch die Ratten aus und ein liefen. Die Enttäuschung des jungen Mädchens war aber bald überwunden, als prächtig goldbeschlagene Kutschen für sie und Anna vorfuhren, die die kleinen Bräute zum Stephansdom bringen sollten, wo sie schon von dem jeweiligen Bräutigam erwartet wurden. Dabei hielt man vergebens nach einem jungen Mann für die glutäugige Anna Ausschau, denn weder Karl noch Ferdinand waren persönlich zu der Trauung erschienen, keiner von beiden hatte nur die geringste Ahnung, für wen sich eigentlich der Großvater als Stellvertreter mit der jungen Ungarin trauen ließ. Denn Maximilian, der sich vor dem Grabmal seines Vaters Friedrich III. den goldglänzenden kaiserlichen Ornat hatte anlegen lassen, dessen Wert von den staunenden Gästen auf eine Million Gulden geschätzt wurde, gab sein Jawort dem Vertreter des Papstes kurioserweise für einen seiner beiden Enkel. Zu der kleinen Braut an seiner Seite meinte Maximilian:
»Wiewohl Wir itzt Euer Liebden das Wort gegeben, dass Ihr Unser Gemahlin seyn sollet, so ist doch solches geschehen im Namen Unserer beiden abwesenden Enkel und in der Meinung, Euer Liebden an einen von denselben zu vermählen, den Wir auch hiermit Euch ehelich versprechen. Und weil mein Enkel Carl die Königreiche Castillien und Arragonien, sein Bruder Ferdinand aber das Königreich Neapel zu erben und zu erwarten hat, so erklären und nennen Wir hiemit Euer Liebden eine Königin und wollen Euch zu einer solchen gekrönet haben!«
Nach diesen Worten schritt der Kaiser feierlich auf Anna zu und setzte eine kleine goldene Krone auf ihren Lockenkopf. Anna hatte gehofft, die tatsächliche Gemahlin Karls zu werden und war zunächst bitter enttäuscht, als sie erfuhr, dass schon ein Jahr später sein Bruder Ferdinand für sie ausersehen war. Sie ahnte damals nicht, dass sie, als sie 1521 in Linz tatsächlich mit Ferdinand »richtig« getraut wurde, in ihm einen ausgesprochen liebevollen Ehemann an ihrer Seite haben sollte, der seine Gemahlin auf seinen Reisen stets mitnahm und behauptete, als ihm die hohen Kosten für die komplette auswärtige Hofhaltung vorgehalten wurden, das Geld wäre auf diese Weise besser angelegt als für amouröse Abenteuer.
Anschließend an die Trauung des Kaisers folgte die der beiden Kinder Maria und Ludwig, die einander kurz vorher persönlich kennengelernt hatten. Nur wenige Stunden später standen sie schon vor dem Altar und besiegelten durch ihr »Ja« ein gemeinsames Leben. Obwohl sie schon beim ersten Kennenlernen Sympathie füreinander empfunden hatten, fanden sie dennoch keine Möglichkeit, wenigstens ein paar Worte zu wechseln, da Ludwig nur Ungarisch verstand und Maria Französisch und Flämisch. Es dauerte allerdings nicht lange, da vermochte sie sich mit ihren Damen auf Deutsch zu unterhalten, das sie zur Belustigung aller ein Leben lang mit leicht wienerischem Akzent sprach.
Nachdem noch 200 Jünglinge zu Rittern geschlagen worden waren und der besondere Liebling Kaiser Maximilians, Siegmund von Dietrichstein, mit Barbara von Rottal getraut worden war, verließ die erlauchte Gesellschaft den Dom. Jetzt konnte das Fest beginnen! Turniere und nächtelange Bankette wechselten einander ab, Tausende Kerzen und Fackeln erleuchteten die Stadt, in der geschmaust und getrunken wurde, bis der neue Tag graute. Allein 300 Speisen standen auf der kaiserlichen Tafel, so dass keiner mehr so richtig wusste, was seinen Gaumen noch kitzeln sollte. Der Kaiser und die Könige schlürften den köstlichen Wein aus goldenen, mit Edelsteinen besetzten Pokalen, während die jungen Eheleute Kinderspiele wie zu allen Zeiten spielten. Und während in den Straßen Wiens gesungen und getanzt wurde, Bier und Wein in Strömen flossen und der Duft der gebratenen Ochsen durch die Stadt zog, trennten sich die Majestäten in Wiener Neustadt, wo am 3. August 1515 der Freundschaftsbund noch einmal offiziell besiegelt wurde, bevor die Wege endgültig auseinandergingen.
Vier Jahre vor seinem Tod war es Kaiser Maximilian noch einmal gelungen, durch seine ausgeklügelte Heiratspolitik die Weichen für das Habsburger Reich für die nächsten Jahrhunderte zu stellen, er hatte die Voraussetzungen für ein vereintes Europa geschaffen, das erst in ferner Zukunft tatsächlich Wirklichkeit werden sollte.
Juana la Loca – Johanna die Wahnsinnige: Die Liebe brachte sie um den Verstand
Der Ehevertrag, den König Maximilian I. und die Katholischen Majestäten Isabella von Kastilien und Ferdinand von Aragon geschlossen hatten, war eine wahre diplomatische Meisterleistung.
Ein Heiratsbündnis war zustandegekommen, wie es in Europa einmalig war: Maximilians Tochter Margarete sollte dem einzigen Sohn der spanischen Könige ihr Jawort geben und würde wahrscheinlich – wenn das Schicksal es so wollte – Königin des neuen, geeinten Spaniens werden. Damit nicht genug: Sein Sohn Philipp wurde der jüngsten Tochter Juana versprochen, die ebenfalls einmal eine Königskrone tragen sollte.
Aber alles sollte ganz anders kommen, als von den Eltern geplant!
Königin Isabella, die Mutter der aparten spanischen Braut, hatte sich lange den Kopf darüber zerbrochen, wie sie ihre zurückhaltende, verschlossene Tochter auf das neue Leben in den fernen Niederlanden vorbereiten sollte, denn die Gerüchte, dass man es in Flandern und den burgundischen Gebieten mit der Moral nicht so ernst nahm, waren bis ins ferne Spanien gedrungen. Als zukünftige Königin sollte sich Juana an ihre gute katholische Erziehung erinnern und auf Zucht und Ordnung größten Wert legen. Vor allem aber sollte sie mit gutem Beispiel vorangehen.
Die Mitgift, die die Eltern für ihre jüngste Tochter, die am 6. November 1479 das Licht der Welt erblickt hatte, zusammengestellt hatten, war, obwohl Isabella und Ferdinand nach wie vor eher bescheiden lebten, wahrhaft königlich. Tagelang wurden prächtige Gewänder, feinste Wäsche, teuerste Möbel, kistenweise Gold und Geschmeide auf die Segelschiffe verladen. Dazu kamen Unmengen von Lebensmitteln, allein 85.000 Pfund geräucherten Fleisches, 150.000 Heringe, 10.000 Eier, 2.000 Gallonen Essig, 400 Fässer Wein sowie über 1000 lebende Hühner, so dass nicht nur die Besatzung der Schiffe, sondern vor allem auch die 22.000 (!) Personen, die das Gefolge der Königstochter bildeten, nicht Hunger leiden mussten.
Als die gewaltige Flotte in See stach, konnte die junge Braut nicht ahnen, dass für sie eine Fahrt in eine düstere Zukunft begonnen hatte. Dabei war sie von ihren Schwestern um den attraktiven Bräutigam beneidet worden, galt Philipp doch als schönster Prinz Europas, außerdem war sein Charme landauf, landab bekannt, vor allem aber seine Anziehungskraft auf die Damen. Wenn Juana auch als keusches Mädchen keine Ahnung von der Liebe hatte, so war sie doch entzückt gewesen, als man ihr ein Medaillon mit dem Konterfei ihres Zukünftigen überreicht hatte.
Die Fahrt übers Meer im Jahre 1496 war für die 16-jährige Braut ein einziger Albtraum. Schwere Stürme zerfetzten die Segel der Schiffe, so dass die Hälfte der Flotte ein Raub der Wellen wurde. Es grenzte für die Überlebenden an ein Wunder, dass Juana die Höllenfahrt überstand. Halb erfroren und bis auf die Haut durchnässt betrat die Prinzessin endlich den Boden ihrer neuen Heimat, wo sie eine erste große Enttäuschung erlebte. Nicht Philipp erwartete seine Braut voller СКАЧАТЬ