Название: "Wir hätten in einem Rosengarten sitzen können"
Автор: Sigrid-Maria Größing
Издательство: Bookwire
Жанр: Документальная литература
isbn: 9783902998712
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Man begann die junge Frau zu bedauern, und die Hofdamen bemühten sich durch alle möglichen Tricks, den Kaiser in das Ehebett zu locken. Die Bettwäsche wurde mit Weihwasser und Parfüm beträufelt, Liebeslieder klangen durch den weiten Palast, aber immer noch weigerte sich Friedrich, mit seiner Frau zu schlafen. Viel zu groß war seine Angst, hier in Italien einen »welschen Bastard« zu zeugen. Vor allem vor der Amme Eleonores fürchtete sich Friedrich, sie sah er als unheimliche Hexe an, die sicherlich das Bett verwünscht hatte. So befahl er seiner Gemahlin, ihm auf sein Zimmer zu folgen. Wie der Vertraute des Kaisers, Enea Silvio Piccolomini, der spätere Papst Pius II., berichtete, konnte der blutleere Friedrich aber dann doch, als sie allein waren, den Verlockungen des jungen, schönen Körpers seiner Frau nicht widerstehen.
Einen »welschen Bastard« hatte Friedrich allerdings nicht gezeugt. Denn schon auf der Weiterreise wählte man getrennte Wege, und erst drei Jahre nach der Eheschließung wurde der erste Sohn geboren, so daß böse Zungen nicht verstummen wollten, die behaupteten, daß Friedrich gar nicht der Vater seiner Kinder sei.
Wie nicht anders zu erwarten, hatte Friedrich auch zu seinen Kindern keinen übermäßig guten Kontakt, er war vor allem Respektsperson, ihm mußten sie blind gehorchen. So wurde auch Maximilian erzogen. Da der Vater sich den Kindern selten zeigte, kümmerte sich die Mutter um so liebevoller um sie. Sie war Maximilians ein und alles, und Eleonores früher Tod war der schwerste Schlag im Leben des Kindes.
Maximilian war ganz der Sohn seiner Mutter und hatte nur wenige Eigenschaften von seinem Vater geerbt. Die große Weltoffenheit, der Hang zu Kunst und Wissenschaft, aber auch eine gewisse Unstetigkeit gehen auf das mütterliche Erbe zurück. Natürlich war sein Vater, wahrscheinlich auch durch die schwierige politische Situation, in der er sich immer befand und in die er manchmal ohne sein Zutun geraten war, verbittert und erstarrt. Er sollte an allen Ecken und Enden kämpfen und hätte sich doch lieber in seine Privaträume zurückgezogen, um sich der Magie und Alchemie hinzugeben.
Demütigende Erlebnisse für die Familie gab es genug. In Wien wurde sie von Wiener Bürgern wochenlang belagert, und einer der Rädelsführer war der eigene Bruder des Kaisers, Albrecht VI. Der Bruderzwist schwelte lange, die beiden gegensätzlichen Habsburger konnten keinen Ausgleich finden, vor allem deshalb, weil Albrecht aufgrund seines Wesens und Auftretens eine große Anhängerschar in Österreich besaß, die es lieber gesehen hätte, wäre er anstelle seines Bruders Kaiser geworden. Albrecht war ein aufgeschlossener Fürst und hätte das Ruder der Politik wohl besser führen können als sein zaghafter Bruder. Als Freund der Wissenschaft und der Kunst gründete er die Universität Freiburg, er war ein Mann der Tat, der alles begehrte, und wenn er es bekam, zugleich wieder verschleuderte, um es an anderer Stelle mit brutaler Gewalt wieder zu nehmen – eine schillernde Gestalt in dieser bewegten Zeit.
Das Verhältnis Friedrichs zu Maximilian war nicht gut. Die Kindheit des Prinzen war überschattet von Auseinandersetzungen zwischen den Eltern. Der Kaiser suchte die Erzieher seiner Kinder selbst aus, ihre Ausbildung war ihm ein wichtiges Anliegen, und die besten Lehrer – oder was er darunter verstand – waren gerade gut genug. Die Erziehungsmethoden allerdings entsprachen ganz und gar nicht dem Naturell des Kindes. Hätte die Mutter noch gelebt, so wäre vielleicht einiges anders verlaufen. Sie hatte noch die Humanisten Johannes Hinderbach und Enea Silvio Piccolomini als Lehrer für ihren Sohn bestellt, Friedrich III. aber wollte Männer der alten Schule, den Steirer Jakob von Fladnitz und den harten Peter Engelbrecht von Passail. Beide glaubten, sie müßten ihr Wissen, vor allem aber die lateinische Grammatik, dem Prinzen mit körperlichen Züchtigungen buchstäblich einbleuen. Die Reaktion des Kindes war natürlich, daß es sich bockig und stur stellte, so daß der Vater auf den Gedanken kam, sein Sohn sei ein Idiot, wie er wortwörtlich gesagt haben soll. Daß aber das begabte Kind nur eine entsprechende Motivation gebraucht hätte, auf eine solche Idee kam niemand. Hätte der Kaiser wirklich auf seinen Astrologen gehört, so hätte er sehr bald wissen müssen, daß sein Sohn ein ungewöhnlich intelligenter Mensch war, für alles Neue aufnahmefähig und an Wissenschaft und Kunst ein Leben lang interessiert. (Für Liebhaber der Astrologie: Die Sonne im siebenten Haus deutete auf die hervorragende Begabung Maximilians.)
Der Prinz liebte die Jagd und die ritterlichen Disziplinen. Auch als Reiter übertraf er alle seine Altersgenossen, mit denen er gern und viel beisammen war und die den jungen Kaisersohn wegen seines heiteren, unkomplizierten Wesens schätzten und liebten. Es lag ganz im Sinne der Zeit, daß auch der eher einsiedlerisch veranlagte Friedrich seinen Sohn als echten Prinzen erziehen ließ. Dabei hielt er sich auch an die Regeln, die in der Goldenen Bulle, jenem von Kaiser Karl IV. im Jahre 1356 erlassenen Grundgesetz für das Heilige Römische Reich, festgelegt waren. Dort wurden nicht nur die Richtlinien für die deutsche Königswahl fixiert, sondern auch genau beschrieben, welche Rechte und Pflichten die Gemahlin des Königs oder Kaisers habe und wie die Söhne zu erziehen seien. So sollten die Knaben vom siebenten bis zum vierzehnten Lebensjahr in der lateinischen Sprache, vor allem in der Grammatik, unterrichtet werden (was, sehr zum Leidwesen Maximilians, auch geschah), daneben sollten sie Italienisch und eine slawische Sprache erlernen. In der Goldenen Bulle findet man ferner einen interessanten Passus, worin es den Eltern freigestellt war, die Söhne auf Reisen zu schicken, damit sie sich die fremden Sprachen im Ausland aneigneten, oder sie diese zu Hause lernen zu lassen. Friedrich hielt wahrscheinlich nicht allzu viel vom Reisen, und so mußte Maximilian wohl oder übel am Hof von Wiener Neustadt in den sauren Apfel beißen und die strengen Schulstunden über sich ergehen lassen.
Ab und zu aber durfte er nach Augsburg ziehen, um sich dort in den ritterlichen Disziplinen weiter auszubilden. Für den jungen Prinzen waren das glückliche Zeiten, in denen er nach Herzenslust auf die Jagd gehen, reiten und sich mit den Altersgenossen im fairen Kampf messen durfte. So entwickelte er im Laufe der Zeit eine besondere Vorliebe für diese Stadt, es war für ihn jedesmal ein Fest, wenn er durch die Tore zog und den Jubel der Bevölkerung hörte.
Zu Augsburg gab es in Maximilians späterem Leben noch eine andere Beziehung. Immer in Geldnöten, holte er sich die Gulden, wo er konnte, oft mit rücksichtslosen Mitteln, so daß er in manchen Städten fast gefürchtet war und man schnell die Tore schloß, wenn der Kaiser mit seinem Gefolge angekündigt war. Auch pflegte er immer öfter seine Schulden nicht zu bezahlen, nahm Kredite auf, von denen er wußte, daß er sie in diesem Leben niemals zurückzahlen konnte und verpfändete ganze Gegenden an die Fugger und Welser in Augsburg. Trotzdem war er streng religiös und hatte vor allem nach dem frühen Tod seiner Mutter eine tiefe Frömmigkeit entwickelt, rief immer wieder die Heiligen an, besuchte täglich den Gottesdienst und schickte regelmäßig dreimal am Tag seine Gebete zum Himmel. Daß daneben auch der Aberglauben seinen Platz im Denken des Kaisersohnes hatte, ist beinahe natürlich. Er versuchte die Himmelszeichen zu deuten, beschäftigte sich mit Naturerscheinungen, von denen man nicht wußte, wie man sie interpretieren sollte, trug stets Reliquien bei sich und glaubte an einen besonderen Schutzzauber. Von den alchemistischen Versuchen seines Vaters beeindruckte Maximilian vor allem die Vorstellung, Edelsteine herstellen zu können, denn er liebte die Kleinodien mit ihrem verwirrenden Glanz genauso wie sein Vater. Auch er träumte davon, das Geheimnis ihrer Herstellung zu ergründen.
Der jugendliche Prinz, der sich bis zur Erschöpfung durch körperliche Anstrengungen verausgaben konnte, entdeckte damals eine besondere Vorliebe, die in dieser Zeit unüblich war: er stieg gerne und oft auf die Berge seiner Heimat und setzte sich dabei auch extremen Gefahren aus. Besonders die Berge in der Gegend von Innsbruck hatten es ihm angetan, und sooft es ihm möglich war, kletterte er in den steilen Felswänden herum. Dabei überhörte er geflissentlich die Warnungen der einheimischen Bevölkerung, die noch daran glaubte, daß die Berge Sitz von Göttern seien, die man nicht stören durfte, wollte man sich nicht ihren Fluch zuziehen.
Maximilian entwickelte sich allmählich zu einem СКАЧАТЬ