"Wir hätten in einem Rosengarten sitzen können". Sigrid-Maria Größing
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СКАЧАТЬ die adeligen Herren und Damen errichtet worden, um die Turniere gut beobachten zu können. Schon damals galt der Hauptplatz von Linz, der sich fast bis zu den Ufern der Donau zog, als einer der schönsten in den österreichischen Ländern. Von der Schmalseite her ritten nun in bunter Folge die Kämpfer auf ihren prächtig geschmückten Pferden ein. Der Jubel kannte keine Grenzen, wenn ein siegreicher Ritter sich vor den Ehrengästen verneigte. Aber der Wein, den sowohl die Gäste als auch die Österreicher wie Wasser in sich hineingegossen hatten, hätte das prunkvolle Fest beinahe zu einer Bluthochzeit werden lassen. Vielleicht unterschätzten die Spanier, die mit Ferdinand gekommen waren, die österreichische Mentalität und glaubten sie weniger hitzig als das südländische Temperament: Mitten in den Festlichkeiten begannen einige Spanier ihre österreichischen Gastgeber zu provozieren und zum Kampf auf Leib und Leben herauszufordern. Sie ließen ihr Ansinnen öffentlich am Rathaus anschlagen, und als die österreichischen Kontrahenten auf diese Aufforderung nicht reagierten, um die fröhlichen Feiern nicht durch einen blutigen Kampf zu stören, schmähten die Spanier die Österreicher und bezichtigten sie der Feigheit.

      Nun mußten die Einheimischen, ob sie wollten oder nicht, handeln. Sebastian von Losenstein wurde dazu ausersehen, die Ehre seiner Landsleute wiederherzustellen und den Kampf aufzunehmen. Er wich mit geschickter Taktik den Attacken seines Gegners so lange aus, bis der Südländer Anzeichen von Müdigkeit zeigte. Dann schlug Losenstein zu, gab seinem Pferd die Sporen, daß das Tier ganz nahe an das Roß des Spaniers herankam. Das Pferd Losensteins war abgerichtet und verbiß sich sofort in das des Spaniers. Losenstein selbst schwang einen Bihänder (ein langes, schweres Schwert) mit solcher Wucht auf den Helm des Gegners, daß das Metall wie Zunder zerbrach. Mit dem nächsten Schlag hätte der Österreicher dem Gegner den Kopf vom Leibe getrennt, wäre nicht Ferdinand schnell dazwischengesprungen. Die Spanier wußten nun, daß sie sich nicht als großmäulige Fremde aufzuführen hatten, daß sie, wollten sie nicht nach der Hochzeit mit Gewalt aus der Stadt gejagt werden, sich wie Gäste zu verhalten hatten und das Gastrecht nicht mißbrauchen durften. Auch den Österreichern war durch die Tat Losensteins Genugtuung gegeben.

      Auf die Hochzeitsfeierlichkeiten von Linz folgten unruhige Zeiten für den jungen Ehemann. Die Türken bedrohten erneut die Ostgrenze des Reiches. Nach dem Fall von Belgrad wandte sich Ludwig von Ungarn hilfesuchend an seinen Schwager, aber der Kaiser hatte weder Truppen noch Geld, um ein schlagkräftiges Heer gegen den Feind aufstellen zu können. In ganz Europa verkannte man die Gefahr, die von den Osmanen drohte, und nach Aussagen eines Zeitgenossen gab es keine Hoffnung, denn ein jeder wartete, bis ihm »selbst die Wand heiß« wurde.

      Für Ferdinand sollte der Kampf gegen die Türken zur Lebensaufgabe werden, die ihn aber zugleich seinen Ländern, in die er als Fremder gekommen war, näherbrachte. Er sah seine Bestimmung darin, die österreichischen Gebiete und damit letztlich das ganze Abendland vor diesen Feinden zu schützen und versuchte sein Bestes, um seinen neuen Staat zur Zufriedenheit aller zu regieren.

      Seine Frau Anna stand ihm, wo immer es ging, mit Rat und Tat zur Seite. Er trennte sich selten von ihr, nur wenn es unumgänglich notwendig war. Selbst auf schwierigen und gefahrvollen Reisen begleitete sie ihn, und allen kam dies so ungewöhnlich vor, daß verschiedene Ratgeber des Erzherzogs und späteren Kaisers ihren Herrn daraufhin ansprachen. Man meinte, es sei eine teure Angelegenheit, wenn die Gemahlin des Herrschers ihrem Mann immer Gesellschaft leiste. Denn Anna reiste selbstverständlich nicht allein, ihre Kammerfrauen und Bediensteten bildeten ein umfangreiches Gefolge. In einer Zeit, die den Reisenden wenig Annehmlichkeiten bot, vor allem einer jungen Frau, die beinahe immer in gesegneten Umständen war, war es notwendig, daß wenigstens die Diener und Dienerinnen mitzogen. Natürlich kostete dies alles Geld, und die Kassen Ferdinands waren meist bedenklich leer. Aber er nahm allen Vorwürfen die Spitze, wenn es um seine geliebte Frau ging und meinte, « es sei besser, die Unkosten auf seine Gattin zu verwenden als auf Buhlerei«.

      So oft es ging, kehrte das Herrscherpaar in Linz ein. Ferdinand hatte die Burg als Witwensitz für seine Schwester Maria ausbauen lassen. Annas erstes Kind kam hier zur Welt, und vier Jahre später wurde in Linz der zweite Sohn Ferdinand geboren, der Lieblingssohn des Kaisers und wohl auch seiner Frau, die darauf bestanden hatte, einen Sohn nach dem Vater zu nennen. Der erstgeborene Sohn war aus Verehrung für den berühmten Großvater Maximilian getauft worden. Jedes Jahr erwähnen Urkunden den Aufenthalt Ferdinands und seiner Familie in der Stadt an der Donau, hier fand er Ruhe und Geborgenheit vor den Türken oder vor der Pest in Wien. Die Burg hatte man komfortabel ausgestattet, Ferdinand hatte für Anna eigens ein Badezimmer einrichten lassen und befohlen, das Prunkbett der Bianca Maria Sforza, der zweiten Gemahlin Maximilians, von Innsbruck nach Linz zu bringen. Es ist bezeichnend, daß Ferdinand, der als Kind nie eine eigentliche Familie kennengelernt hatte, ein rührender Ehemann und fürsorglicher Vater war, der sich ständig persönlich um das Wohl von Frau und Kindern sorgte. So ließ er sich über die Ausbildung seiner beiden älteren Söhne genau informieren und überwachte, wenn er anwesend war, ihre Aufgaben. Die Prinzen wurden auch nicht von privaten Lehrern erzogen, sie besuchten in Innsbruck eine Art öffentliche Schule, wo sie mit anderen Kindern zusammenkamen, um so Kontakt zum Volk zu finden. Außerdem ließen Ferdinand und Anna die beiden ältesten Söhne schon sehr bald in den wichtigsten Sprachen ihrer Länder unterweisen, Deutsch, Böhmisch, Polnisch und auch Latein standen auf ihrem Tagesprogramm. Berühmte Lehrer wurden engagiert, um den Kindern eine umfassende Bildung zu vermitteln. Es spricht von Weitblick und Weltoffenheit sowohl Ferdinands als auch Annas, daß beide eine ausgezeichnete Ausbildung all ihrer Kinder als Grundlage für ein erfülltes Leben betrachteten. Liebe und Vertraulichkeit sprechen aus den Briefen, die die Eltern während ihrer Abwesenheit an die Kinder richteten, sie erkundigten sich nach vielem, was auch andere Eltern wissen wollen, und gaben Ratschläge, wo sie vonnöten waren. Besonders der zweitgeborene Sohn Ferdinand bekam später die große Güte und Milde seines Vaters zu spüren, als er fürchten mußte, daß seine heimliche Ehe mit der Augsburger Bürgerstochter Philippine Welser zum Konflikt im Kaiserhaus führen würde. Zwar hat Ferdinand zeit seines Lebens seine Schwiegertochter nie zu Gesicht bekommen, seinem Sohn gegenüber zeigte er sich aber von einer Toleranz, die uns heute noch in Erstaunen versetzt.

      Anna war für Ferdinand trotz der düsteren Wolken am politischen Himmel der ruhende Pol im Strudel der Zeit. Als sie am 27. Januar 1547 in Prag starb, ging für Ferdinand ein Teil seines Wesens verloren. Er ließ sich den Bart nicht mehr scheren, und sein Leben wurde noch genügsamer und karger. Nur bei offiziellen Anlässen zeigte er nach wie vor Prunk und Prachtentfaltung, weil er wußte, daß seine Völker das von ihm erwarteten. Er zog sich immer mehr zurück und berief seine beiden älteren Söhne in politische Ämter.

      Noch auf dem Totenbett suchte er die Verbindung mit seiner geliebten Frau. Als tiefgläubiger Mensch wußte er, als er sein Ende nahen fühlte, daß es nicht mehr lange dauern würde bis zu einem Wiedersehen im Jenseits. Annas Bild und ihr Gebetbuch sollten ihm im Tode helfen, den Weg zu ihr zu finden.

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