Название: Udo Jürgens - "Merci"
Автор: Lisbeth Bischoff
Издательство: Bookwire
Жанр: Афоризмы и цитаты
isbn: 9783902998880
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Über eineinhalb Millionen Mark (767000 Euro) hätte Udo Jürgens für diese Engagements bekommen – aber seine Mammut-Tournee war auch sehr ertragreich. Wäre er nicht bereits vorher Millionär gewesen (wir sprechen von DM-Millionär), hätte er es spätestens jetzt erreicht. Die Tournee ließ Udos Stern im bisher hellsten Licht erstrahlen.
Während des an sich reibungslosen Ablaufs gab es doch zwei Zwischenfälle: Unbekannte drohten Udo umzubringen, wenn er nicht 24 000 Mark zahlen würde. Und bei einem Konzert in Meppen im deutschen Niedersachsen explodierte eine Tränengasbombe – bei dem Lied »Dann kann es sein, dass ein Mann auch einmal weint«.
10 Udo und seine Fans: eine Neverending Story
Bei dieser größten Tournee, die es bis dahin gab, musste Udo allerdings für ein paar Tage pausieren. Er hatte Grippe.
Der – nach Tom Jones – teuerste Star Europas brachte es auf ein Monatseinkommen von 500 000 Mark (255 645,94 Euro), so munkelt man. Sein »Apparat« verschlang davon allerdings die Hälfte. Nichts verdienten die Plakatanschlagfirmen: Man brauchte sie nicht. Udos Konzerte waren im Voraus ausverkauft.
»Angst habe ich keine, wenn ich auf die Bühne gehe«, resümiert Udo Jürgens, als ich ihn auf diese Erfolgstournee anspreche. »Das ist auch etwas ganz Falsches, Angst zu haben, wenn man auf die Bühne geht, dann hat man schlechte Voraussetzungen. Aber eine gewisse Spannung ist natürlich immer da. Zudem ist es nicht eine Frage der Eitelkeit, dass ich auf die Bühne gehe, es ist eine Frage, ob die Menschen mich wollen oder nicht.«
11 Ehemann und Papa Udo: Sein Zuhause ist die Bühne.
»Udo ’70 – der beste Udo, den es je gab!« Udo Jürgens ist das Idol der deutschen Jugend, die ihm zu Füßen liegt. Für die Zehnjährigen ist der »König des deutschen Schlagers« der zweitbeliebteste Mann der Welt, er kommt gleich nach Mao und noch vor John F. Kennedy. Udo hat einen Bekanntheitsgrad von 93 Prozent, den in Deutschland nur der verstorbene Exkanzler Konrad Adenauer mit 97 Prozent übertrifft. Auch bei Popularitätsumfragen liegt Udo ganz vorne: Er belegt den dritten Platz hinter den beiden ermordeten Brüdern John F. und Robert Kennedy.
Auf die Frage nach dem aufregendsten Erlebnis seiner Tournee gibt Udo Jürgens die beruhigende Antwort: »Das Fußballspiel Deutschland gegen Italien während der Weltmeisterschaft in Mexiko!«
Für Manager Beierlein war klar, dass es eine Tournee durch Deutschland in dieser Form nie mehr geben würde – auch mit Udo nicht. »Das macht man nur einmal im Leben!«, erklärte er. 22 Menschen arbeiteten tage- und manchmal auch nächtelang durch für die Vorbereitung und die Organisation dieses Riesenunternehmens.
Ehefrau Panja war sich nicht so ganz sicher, ob es nun früher schöner gewesen war, als die Familie mehr Zeit miteinander verbrachte, oder ob es jetzt, da Udo mehr Geld verdiente, angenehmer war. »Wenn ich sagen würde: Früher war es schöner, würde ich ja meinem Mann den Erfolg nicht gönnen – und den gönne ich Udo von Herzen.« Sie träumt aber von einem Leben auf dem Bauernhof mit Udo und den Kindern Johnny und Jenny.
»Mein Vater hat mich immer ›Schweinchen‹ genannt. Oder ›Steckdose‹. Das macht er manchmal heute noch. Ich sah ja auch so aus, mit diesen riesigen Nasenlöchern. Einmal hat er sogar das Kabel seines Elektrorasierers in meine Nase gehalten und das Rasierer-Geräusch gemacht. Ich dachte wirklich, jetzt kommt der Strom aus meiner riesigen Nase«, erzählt Jenny.4
Auf Anfrage hielt Udo 1970 eine Selbstbiografie noch für verfrüht, aber als Titel hätte er vorgeschlagen: »Was wirklich zählt auf dieser Welt, bekommst du nicht für Geld«.
Gesellschaftskritiker, Hitmaschine
und Musicalschöpfer
Die politischen Entwicklungen in Deutschland, gekennzeichnet durch Studentenrevolten und massive Proteste gegen den Vietnamkrieg der USA, sowie die Vormachtstellung des Beat und Rock’ n’ Roll führte in der Musikindustrie dazu, Interpreten mit einem gepflegten und sauberen Image zur Beruhigung der Konsumenten aus der Elterngeneration auf den Markt zu bringen.
Udo ist mit dabei. Allerdings nicht gerne. Doch die Auseinandersetzung mit diesen Liedern zeigt ihm ganz klar seinen eigenen musikalischen Weg auf, den er zu gehen hat. Und als die Plattenverkäufe stagnieren, löst er sich mit gesellschaftskritischen Liedern und Interviews vom Image des reinen Schlagerstars. Ob »Ein ehrenwertes Haus« oder »Griechischer Wein«, Udo Jürgens setzt populäre Signale gegen Intoleranz und Fremdenfeindlichkeit. Singt statt gefühlvoller Chansons Lieder wie »Lieb Vaterland«, womit er öffentliche Diskussionen, einen Proteststurm und Boykott-Aufruf der katholischen Kirche hervorruft.
Die Fans machen auch das mit. Längst ist Udo Jürgens zu Deutschlands Hitmaschine geworden. »Lieb Vaterland« hält sich 1971 zwölf Wochen lang in den deutschen Charts.
»Ich hab mich immer drum bemüht, mit Liedern wie ›Lieb Vaterland‹, ›Ein ehrenwertes Haus‹ Gesellschaftstöne anzuschlagen, aber eben im dunklen Anzug, weil ich glaube, da hören mir genau die Leute zu, die wir ein wenig verändern wollen. Die haben mir immer zugehört und die habe ich auch sehr oft mit meinen Liedern schockiert, aber dann doch zum Nachdenken vielleicht mehr angeregt, als wenn ich diese Schocktherapie mancher Popgruppen gemacht hätte.«
Der von Eckhard Hachfeld verfasste Text zu »Lieb Vaterland« setzt sich kritisch-provokativ mit dem zeitgenössischen Deutschland auseinander. Sowohl textlich als auch in Anlehnung an die Melodie zitiert dieses Lied die erste Zeile des von Max Schneckenburger 1840 verfassten und von Karl Wilhelm vertonten Gedichtes »Die Wacht am Rhein«, das im 19. Jahrhundert als Symbol der völkischen Bewegung und später des Dritten Reiches auch für das Ausland galt, wie eine Filmszene aus Casablanca von 1942 belegt, in der in einem »Sängerkrieg« die »Wacht am Rhein«, von deutschen Offizieren gesungen, der von Widerstandskämpfern angestimmten Marseillaise unterliegt.
Udo Jürgens artikulierte mit »Lieb Vaterland« ein gesellschaftliches Problembewusstsein und vergraulte damit seine konservative Anhängerschaft, ohne dafür von den linksintellektuellen Meinungsführern als einer der ihren akzeptiert zu werden.5 Wenn auch den Publizisten Axel Eggebrecht die überraschend aggressiven Texte von Udo Jürgens an die Protestsongs engagierter linker Sänger erinnerten, so kritisierte der konservative Schriftsteller Hans Habe, Udo Jürgens lasse »auch nichts aus, weder die Dollar-Lieschen noch die Protest-Hippies. […] An uns ist es, zwischen Rebellen aus Überzeugung und Opportunisten zu unterscheiden. Zwischen Rebellen mit und ohne Public Relations.«6
Das Publikum von Udo Jürgens gehörte nicht zu denen, die den Staat und die Gesellschaft abschaffen wollten. Doch es zeigte Bereitschaft, über die Texte von Udo nachzudenken, auch über die kritischen Textpassagen, die Missstände in der Gesellschaft anprangerten. Udo hielt es »für eine Bürgerpflicht«, um sich zu schauen und wahrzunehmen, was in der Welt vorging. Sein Publikum wusste, dass er nicht nur von der heilen Welt sang, sondern auch Probleme aufzeigte, indem er sie in Musik verpackte.
Eigenen Angaben zufolge saß Udo Jürgens politisch stets zwischen den Stühlen. Er wurde von der rechten Parteifront genauso angegriffen wie von der linken. Seine Art der politischen Haltung beschrieb er mit dem »Prinzip Hoffnung«, das seinen Liedern unterlag.
Mit dem Lied »Gehet hin und vermehret euch« kritisierte er zwar die Haltung der Kirche gegenüber Verhütungsmethoden, СКАЧАТЬ