Название: H. G. Wells – Gesammelte Werke
Автор: Herbert George Wells
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Gesammelte Werke bei Null Papier
isbn: 9783962813628
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Ich packte sofort seine Ketten, um sie zu lösen.
»Wo sind sie?«, keuchte er.
»Weggelaufen. Sie werden zurückkommen. Sie werfen mit Spießen! Wohin sollen wir gehn?«
»Am Licht entlang. In den Tunnel da. Eh!«
»Ja«, sagte ich, und seine Hände waren frei.
Ich ließ mich auf die Knie fallen und begann an seinen Fußfesseln zu arbeiten. Schwapp, kam etwas – ich weiß nicht was – und zerspritzte das fahle Rinnsal zu Tropfen um uns. Weit rechts von uns begann ein Pfeifen und Zischen.
Ich riss ihm die Kette von den Füßen und gab sie ihm in die Hand. »Schlagen Sie damit!«, sagte ich, und ohne auf eine Antwort zu warten, lief ich in großen Sätzen den Pfad entlang, den wir gekommen waren. Ich hatte das scheußliche Gefühl, dass mir diese Wesen aus dem Dunkel heraus in den Rücken springen konnten. Den Stoß einiger Sprünge hörte ich mir folgen.
Wir liefen in weiten Sätzen. Aber dies Laufen, muss man verstehen, war etwas von irgendwelchem Laufen auf der Erde völlig verschiedenes. Auf die Erde springt man und trifft fast sofort wieder den Boden, aber auf dem Mond schoss man wegen seiner geringen Schwerkraft mehrere Sekunden lang durch die Luft, ehe man wieder zu Boden kam. Trotz unserer heftigen Eile gab das den Schein langer Pausen, Pausen, in denen man bis sieben oder acht hätte zählen können. »Los!«, und man flog hoch! Allerlei Fragen liefen mir durch den Sinn: »Wo sind die Seleniten? Was werden sie tun? Werden wir diesen Tunnel jemals erreichen? Ist Cavor weit zurück? Werden sie ihn abschneiden können?« Dann klapps, der Satz zu Ende und weiter zum nächsten Schritt.
Ich sah einen Seleniten vor mir herlaufen, und seine Beine gingen genau wie die eines Menschen auf der Erde; ich sah ihn über die Schulter blicken und hörte ihn kreischen, als er mir seitlich ins Dunkel aus dem Wege lief. Ich glaube, es war unser Führer, doch bin ich nicht sicher. Dann waren nach einem weiteren weiten Satz die Felsenmauern auf beiden Seiten in Sicht, und in noch zwei Sätzen war ich im Tunnel, wo ich meinen Schritt seinem niederen Dach anpassen musste. Ich lief bis zu einer Biegung weiter, blieb dann stehen und drehte mich um; klipp klapp kam Cavor in Sicht; er schlug bei jedem Schritt in den Strom blauen Lichtes, wurde größer und rannte gegen mich. Wir standen da und hielten uns gepackt. Einen Moment wenigstens hatten wir unsere Feinde abgeschüttelt und waren allein.
Wir waren beide stark außer Atem. Wir sprachen in keuchenden, gebrochenen Sätzen.
»Sie haben alles verdorben!«, keuchte Cavor.
»Unsinn!«, rief ich. »Das oder den Tod hieß es!«
»Was wollen wir tun?«
»Uns verstecken.«
»Wie können wir das?«
»Es ist dunkel genug.«
»Aber wo?«
»Eine von diesen Seitenhöhlen hinauf.«
»Und dann?«
»Überlegen.«
»Recht – los.«
Wir schritten fort und kamen alsbald zu einer dunklen strahlenförmigen Höhle. Cavor war voraus. Er zögerte und wählte eine schwarze Mündung, die gutes Versteck zu versprechen schien. Er ging auf sie zu und drehte sich um-
»Sie ist dunkel«, sagte er.
»Ihre Beine und Füße werden uns leuchten. Sie sind nass von dem leuchtenden Zeug.«
»Aber – –«
Ein Aufruhr von Tönen und insbesondere ein Ton wie ein dröhnender Gong, der den Haupttunnel heraufkam, wurde hörbar. Er deutete in furchtbarer Weise auf eine wilde Verfolgung. Wir stürmten alsbald auf die unbeleuchtete Seitenhöhle los. Als wir dahinliefen, wurde uns der Weg durch die Strahlung von Cavors Beinen erleuchtet. »Es ist ein Glück«, keuchte ich, »dass wir uns die Schuhe ausgezogen haben, sonst würden wir alles mit dem Geklapper erfüllen.« Vorwärts stürzten wir und machten so kleine Schritte, wie wir konnten, um nicht gegen das Dach der Höhle zu schlagen. Nach einer Weile schienen wir dem Aufruhr zu entgehen. Er wurde gedämpfter, er sank zusammen, er erstarb.
Ich hielt an und blickte zurück; ich hörte das Klippklapp von Cavors Füßen fliehen. Dann hielt auch er an. »Bedford«, flüsterte er, »vor uns ist etwas wie Licht.«
Ich blickte hin und konnte zuerst nichts sehen. Dann sah ich, dass sein Kopf und seine Schultern dunkel gegen ein schwächeres Dunkel umrissen waren. Ich sah auch, dass diese Milderung der Dunkelheit nicht blau war, wie alles andere Licht im Monde gewesen war, sondern ein bleiches Grau, ein sehr unbestimmtes, blasses Weiß, die Farbe des Tageslichtes. Cavor bemerkte diesen Unterschied noch schneller als ich, und ich glaube, er gab ihm so ziemlich dieselbe wilde Hoffnung ein.
»Bedford«, flüsterte er, und ihm zitterte die Stimme. »Dieses Licht – ist es möglich – –«
Er wagte nicht zu sagen, was er hoffte. Dann kam eine Pause. Plötzlich erkannte ich am Schall seiner Schritte, dass er auf diese Blässe zuging. Ich folgte ihm mit klopfenden Herzen.
16 – Gesichtspunkte
Das Licht wurde stärker, als wir näher kamen. In kurzer Zeit war es fast ebenso hell wie die Phosphoreszenz an Cavors Beinen. Unser Tunnel erweiterte sich zu einer Höhle, und dieses neue Licht war am entfernteren Ende. Ich bemerkte etwas, was meine Hoffnung springen und tanzen ließ.
»Cavor«, sagte ich, »es kommt von oben! Ich bin sicher, es kommt von oben.«
Er gab keine Antwort, sondern eilte weiter.
Unbestreitbar war es ein graues Licht, ein silbriges Licht.
Im nächsten Moment standen wir darunter. Es kam durch einen Spalt in den Höhlenwänden herabgesickert, und als ich hinaufstarrte, fiel mir ein Wassertropfen aufs Gesicht. Ich fuhr zusammen und trat beiseite – kling, fiel ein weiterer Tropfen ganz hörbar auf den Felsenboden.
»Cavor«, sagte ich, »wenn СКАЧАТЬ