Название: APEX
Автор: Ramez Naam
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Nexus
isbn: 9783958352988
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»Oh Gott«, sagte Oscar. »Da ist ein verdammter Aufstand.«
22| KEINE ZUGESTÄNDNISSE
Dienstag, 06.11.2040 Pryce lächelte und begab sich backstage auf John Stocktons Wiederwahl-Feier unter die Leute.
Sie wäre lieber überall, nur nicht hier.
Sie war ein Mitglied der Regierung, nicht Mitglied der Kampagne. Aber der Präsident hatte darauf bestanden, dass sie auf dieser Reise mit ihm kam. Wie auf so vielen anderen zuvor.
Sie hoffte, dass Miles Jameson vielleicht hier sein würde. Dass sie ein paar Worte mit dem Ex-Präsidenten wechseln könnte. Aber der Mann, der John Stockton als seinen Vizepräsidenten auserwählt hatte und Stockton im Grunde die erste Amtsperiode als Präsident übergeben hatte, war nicht anwesend. Und seine Leute antworteten auf keine ihrer Nachrichten.
Zumindest waren die Wahlen gut verlaufen. Texas hatte sie an die Spitze gebracht. In Wahrheit hätte es jeder der Dutzend Staaten sein können, deren Wahllokale um 21 Uhr östlicher Zeit schlossen, aber der Präsident entschloss sich, Texas zu benennen.
Immerhin waren sie nun hier. John Stockton hatte seiner Kampagne befohlen, alles umzuorganisieren. Seine Wahlsiegfeier nach Houston zu verlegen, um sich hier in Solidarität mit der Stadt zu zeigen. Pryce konnte sich nur zu gut vorstellen, dass die Kosten dafür ruinierend hoch waren und dass Miami brüskiert reagierte angesichts dieser Entscheidung.
Aber dann es war Stockton gewesen, der zu diesem Sieg vorgeprescht war und er hatte nicht vor, danach jemals wieder zu kandidieren.
»Wir haben es geschafft!«, rief der Kampagnenmanager Larry Cline. »Dreihundertachtundfünfzig Wahlmänner! Und die ganze Westküste ist noch nicht einmal inbegriffen. Das ist ein Erdrutschsieg!«
Das löste einen Jubel unter den erlesenen Mitgliedern und der Familie im privaten Zimmer backstage aus.
Pryce beobachtete vom anderen Ende des Raumes, wie der Präsident seine Frau, seine Tochter und seinen Schwiegersohn Steve, einen Air-Force-Captain, dessen Karriere sie schon seit Längerem still beobachtet hatte, küsste und umarmte. Sogar sein Enkel Liam war noch hellwach, und der Präsident hob den Einjährigen unter dem offenen Beifall der kleinen Runde hoch in die Luft. Enkel und Großvater schienen ihre helle Freude an dem Spiel zu haben, bei dem der Präsident den Jungen quer durch den Raum trug und »Flugzeug« spielte.
Und Pryce fragte die Bedienung nach einem weiteren Glas Perrier.
Das Protokoll besagte, dass der Verlierer einen anerkennenden Anruf tätigen musste. Doch der Stolz und das Bedürfnis, seine Anhängerschaft wissen zu lassen, dass es ein enges Rennen gewesen war – auch wenn es das nicht war – ließen diesen Anruf üblicherweise erst erfolgen, wenn der Ausgang lange feststand.
Also warteten sie. Pryce beobachtete und beobachtete den Präsidenten, während die Stunden vergingen. Die Resultate der Westküste kamen herein. Kalifornien hatte sich für Stockton entschieden. Washington hatte sich für Stockton entschieden. Es war ein offizieller Erdrutschsieg.
Jedes Netzwerk, jeder Blog, jeder Wahlanalyst, jedes Expertensystem, jedes maschinelle Zählsystem und jeder Idiot, der rechnen konnte, bestätigte das.
Und doch rief Stan Kim nicht an.
Stocktons Enkel schlief ein. Der Präsident selbst mischte sich, sobald sich die Aufregung erst mal gelegt hatte, unter seine Mitarbeiter, dankte ihnen, machte Scherze, verteilte Umarmungen und High-Fives und hakte in Gedanken die Liste derer ab, die seinen speziellen Dank verdient hatten.
Schließlich bemerkte Pryce, wie Larry Cline sich mit einem Grinsen im Gesicht seinen Weg zum Präsidenten bahnte, vermischt mit dem unmissverständlichen Ausdruck »Es gibt Arbeit«. Er sagte etwas zum Präsidenten und Stockton nickte. Sie wusste, was das bedeutete. Wenn Kim nicht anrufen würde, um seine Anerkennung auszusprechen, dann würde der Präsident ihn schließlich anrufen müssen. Die zwei Männer gingen hinaus und Pryce folgte ihnen unauffällig.
Stockton tätigte den Anruf aus einem angrenzenden Raum der Suite heraus. Sein Kampagnenmanager Cline, sein Vizepräsident Ben Fuhrman, sein Pressesprecher Greg Chase und ein halbes Dutzend andere beobachteten sie von einem angrenzenden Zimmer aus.
Er stellte sich vor, dass es auf der anderen Seite ähnlich aussehen dürfte. Stockton wartete und wartete und wartete. Er war sich sicher, dass Kims Leute das nur aus reiner Provokation taten.
Dann leuchtete der Bildschirm an der Wand plötzlich auf und Stan Kim war darauf in einem schwarzen Anzug und blauer Krawatte zu sehen. Eine amerikanische Flagge war an seinem Revers angesteckt. Er sah trotz der späten Stunde nicht das kleinste Bisschen müde aus.
»Senator Kim«, sagte Stockton.
»Herr Präsident«, erwiderte Kim.
Sie wussten beide, dass dieses Gespräch aufgezeichnet wurde. Dass dies endgültig in die Geschichte eingehen würde.
»Senator Kim, die Zahlen unserer Kampagne, sowie die jedes maßgeblichen Netzwerks und unabhängigen Analysten zeigen, dass ich mit einer überwältigenden Mehrheit an elektoralen und direkten Stimmen gewonnen habe. Ich rufe an, um Ihnen meine Anerkennung für ein großartiges Rennen auszusprechen und Ihnen zu sagen, dass ich mich auf die Zusammenarbeit mit Ihnen als Seniorsenator des großartigen Staates Kalifornien für die nächsten vier Jahre freue. Gleichzeitig möchte ich Sie bitten, öffentlich Ihre Niederlage im Rennen um die Präsidentschaft anzuerkennen. Sind Sie gewillt, dies zu tun, Senator?«
Stan Kim starrte ihn an. Dann sagte er die Worte, die Stockton befürchtet hatte.
»Mr. Präsident, ich erkenne meine Niederlage nicht an.
Amerika will mich als seinen Präsidenten. Meine Kampagne hat in siebenunddreißig Staaten Klage im Namen der Wähler eingereicht, denen es illegaler Weise und verfassungswidrig verwehrt wurde, mit dem Vorteil des jüngsten Wissens um Ihren wahren Charakter und Ihre kriminellen, ja womöglich sogar hochverräterischen Taten, abzustimmen. Ich weiß, dass etliche unabhängige Klagen eingereicht wurden, die ihre Eignung für die Präsidentschaft anfechten. Ich erkenne meine Niederlage nicht an, Mr. Präsident. Und ich bin vollkommen zuversichtlich, dass ich es sein werde, der am Tag des Amtsantritts in das Weiße Haus einziehen wird.«
Stockton versuchte, seine Mimik ruhig zu halten. Siebenunddreißig Staaten? Seine Eignung für die Präsidentschaft?
Er fühlte, wie sein Gesicht heiß wurde.
Sie wollen mich provozieren, sagte er zu sich selbst. Ignoriere es.
»Senator«, sagte er und hatte seine Stimme dabei vollkommen unter Kontrolle. Er hielt sich an das Skript, das sie vorbereitet hatten. »Lassen Sie uns Amerika nicht auseinanderreißen. Ich bin mir sicher, dass, wenn wir zusammenarbeiten, wir einen Weg finden können …«
»Ich verhandle nicht mit Terroristen«, sagte Kim.
Der Bildschirm wurde schwarz.
»Arschloch!«, СКАЧАТЬ