Название: Mami Staffel 11 – Familienroman
Автор: Edna Meare
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Mami Staffel
isbn: 9783740955809
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Sie sah ihn an. Wozu noch etwas versprechen, was sie seit Monaten eisern hielt?
»Für deinen Vater und dich ist es besser so, glaube mir. Ich werde deine Mama nie vergessen. Aber nur wenn dein Vater nie davon erfährt, wird er dich so von Herzen liebhaben, wie du es jetzt brauchst. Darum mußt du schweigen, Claudia.«
Sie wich seinem Blick aus. Alles, was er sagte und von ihr verlangte, war vernünftig. Das begriff sie. Es würde ihr von nun an leichterfallen, das Geheimnis zu bewahren, denn ihre Mutter hatte sich nicht in Wolfgang geirrt. Warum sollte sie sich in diesem netten, einfühlsamen Mann täuschen?
Ihre Brust hob und senkte sich, als werfe sie eine schwere Last ab.
»Dein Vater ist doch für dich da?« erkundigte Wolfgang Bosch sich. Es klang besorgt und liebevoll.
»Ja, er versucht’s.«
»Dein Vater ist ein großartiger Mensch.«
Sie nickte. Wolfgang schien erleichtert. Dann fragte er plötzlich: »Hast du Zeit?«
»Zeit? Wozu?«
»Ich möchte dich zu einer Tasse Kakao oder einer Limo in ein Café einladen. Dort sind wir ungestört. Weißt du, wie oft ich mich danach sehne, mit einem vertrauten Menschen über deine Mutter zu sprechen… In dir lebt sie weiter, Claudia. Du und ich, wir waren die Menschen, die sie am meisten liebte. Wollen wir nicht Freunde sein?«
Sie nickte wieder. Nur zu gern wollte sie in ihm einen Freund sehen, der ihr half, das Geheimnis zu bewahren. War eine geteilte Last nicht viel leichter zu tragen?
Wolfgang Bosch zog sein Jackett aus und legte es ihr um.
»Nicht, daß dir kalt wird, Claudia. Es wird jetzt schon schnell kühl. Deine Mama würde es mir nicht verzeihen, wenn du dir einen Schnupfen holst.«
»Das stimmt.«
Seine Worte machten sie glücklich. Solche Gesten voller Zärtlichkeit gelangen ihrem Vater in letzter Zeit auch, aber leider noch viel zu selten. Darum lächelte sie dankbar, als Wolfgang schützend den Arm um sie legte und sie gemeinsam den kleinen verwunschenen Friedhof verließen.
*
Seit diesem Tag ging eine Veränderung mit Claudia vor sich. Die Menschen um sie herum überraschte das kaum. Wenn sie jetzt so fröhlich war wie früher, hielten es alle für ein Zeichen ihrer vollständigen Genesung. Nur Fabian Ossiander kam kaum aus dem Staunen heraus.
Seine Tochter brachte ihn neuerdings oft zum Lachen. Sowie sich eine Gelegenheit fand, hängte sie sich bei ihm ein oder ließ ihn abends erst ins Haus, nachderm er sie mit einer liebevollen Umarmung begrüßt hatte. Er erinnerte sich nicht, daß ihm das früher passiert war. Claudia hatte sich immer enger an Annalena angeschlossen als an ihn.
Manchmal bettelte sie jetzt so lange, bis er mit ihr ins Kino und danach zum Essen bei einem Chinesen einkehrte. Dort gab er sich sogar mit einer Frühlingsrolle im Papier zufrieden und aß die auf der Straße. Dann konnte es geschehen, daß Claudia ihm mitten im Menschengewühl um den Hals fiel und ihn abküßte. Es hatte ihn erst verlegen gemacht, aber inzwischen fand er richtig Gefallen daran. Ein wenig Liebe, so meinte er, brauchte er ja schließlich.
Als die Pfingstferien begannen, setzten sich beide ins Auto und fuhren allein in das Haus an der italienischen Adria. Und damit begann für ihn eine Zeit des uneingeschränkten Vaterglücks.
Einen halben Monat später saß Claudia wieder in der Schule. Der erste Tag voller Pflichten und Aufgaben schmeckte ihr überhaupt nicht. Zweimal mußte sie von der Lehrerin ermahnt werden, endlich das ständige Getuschel mit Tanja zu unterlassen.
Darüber kicherten die beiden noch, als sie gegen Mittag hinaus auf den Schulhof und in die Freiheit stürmten. Plötzlich stutzte Claudia. Sie hatte Astrid am Tor des Schulhofs entdeckt.
»Astrid! Astrid!« Sie rannte so flink und geschmeidig auf die Ärztin zu, daß die ihren Augen kaum traute.
»Meine Güte, du bist ja gewachsen!« stellte sie auch fest, als Claudia sie zur Begrüßung umarmt hatte und nun atemholend und mit strahlendem Gesicht vor ihr stand. »Und braun geworden bist du! Schau an, vierzehn Tage Urlaub mit deinem Vater in Italien und aus dir ist eine richtige Schönheit geworden!«
Claudia krümmte sich vor Lachen. »Unsinn. Das machen nur meine neuen Klemmer im Haar. Wie find’st du die, schön bunt, wie?«
Astrid nickte, obwohl sie wußte, daß die kleinen bunten Klemmern über Claudias Stirn nichts mit deren Verwandlung zu tun hatten.
»Wir haben uns eben seit einem ganzen Monat nicht gesehen!« fuhr Claudia fort und schob ihren Arm unter Astrids. »Du hast selbst Urlaub gemacht, wie? Ja, und dann hatten wir schon Pfingstferien. Ich sag’ dir, an der Adria war es richtig heiß. Papa und ich waren jeden Tag schwimmen. Übrigens… ich bin schneller als er!«
»Toll!« freute Astrid sich, obwohl ihr jedes Wort einen Stich in die Herzgegend versetzte. Aber so Arm in Arm mit Claudia und auf dem Weg zu ihrem Wagen, der etwas abseits stand, ließen sich diese Stiche ertragen.
»Tschüß, Tanja!« Fröhlich winkte Claudia ihrer neuen Freundin nach. »Bis morgen. Komm heute nicht. Weißt du, ich habe heute den ganzen Tag Besuch.«
Astrid schluckte. »Meinst du mich mit dem Besuch?« Sie schloß die Autotür auf.
»Klar. Wenn du nur so selten kommst, bist du eben Besuch. Aber mein allerliebster. Früher«, fügte sie frech hinzu, »als wir uns häufiger sahen, warst du mein Schutzengel.«
Claudia setzte sich hinter sie und schnallte sich an. Annalena starrte einige Sekunden wie benommen auf die Straße. Was hatte Claudia nur so verändert? War es ihre hundertprozentige Genesung? Die die neuen Freunde in der Klasse? Oder hatten ihr die Ferienwochen mit Fabian so gut getan?
Sie fuhr an. »Erzähl mir von Italien, Claudia.«
»Na, toll war es. Leider ist Papa heute und morgen in Berlin. Oder hast du das schon in der Zeitung gelesen und bist deshalb gekommen – weil er nicht da ist?«
»Ich bitte dich, Claudia! Was du dir ausdenkst!«
»Na, könnte ja sein. Also, wäre er heute zu Hause, würde er dir auch von unserem Urlaub vorschwärmen. Du kannst es dir nicht vorstellen, Astrid, der war ja echt super drauf.«
»Hat er nicht Besuch bekommen?«
»Nee, von wem denn? Von einer seiner Damen?« Sie lachte schallend. »Bella Crusius, die blöde, lebt in London. Und Wiebke Lohmer, die Schreckschraube, heiratet demnächst. Ich hätte es aber so oder so nicht erlaubt, daß eine von denen oder ’ne andere Tussi angetanzt wäre. Nur ich, ich ganz allein, war seine einzige Dame. Und ich mußte nicht mal Klavier spielen. Dafür haben wir lange Ausflüge gemacht. Überall hin, bis abends spät unterm Sternenhimmel. Und dann Pizza und Coca. Nicht so ’n ewiges Fisch- und Gräten-Gefummel, wie er es sonst mag. Es war toll, Astrid.« Sie blickte still lächelnd zur Seite. »Nur dreimal ist er in ein Loch gefallen. Aber Gott sei Dank nur dreimal!«
»In was СКАЧАТЬ