Animant Crumbs Staubchronik. Lin Rina
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Название: Animant Crumbs Staubchronik

Автор: Lin Rina

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783959913928

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СКАЧАТЬ Raum war ein einziges Schlachtfeld. Bücher und Papiere bedeckten jeden freien Platz. Der Schreibtisch war zwischen den Stapeln darauf und drum herum kaum zu erkennen.

      Die Fenster waren mit Vorhängen verdunkelt, die schief auf der Stange hingen, und aus jedem Schrank quoll das Chaos in den Raum hinein.

      Ich holte tief Luft und schmeckte den Staub darin. Die Akten zu finden, die ich benötigte, würde sich wohl schwieriger gestalten, als ich angenommen hatte.

      Das Zehnte oder das, in dem ich die Fronten klärte.

      Ich war so müde wie noch niemals zuvor in meinem jungen Leben, das früher nur mit Müßiggang und dem Lesen im Bett angefüllt gewesen war. Alle Verantwortung und Terminpflicht hatte ich von mir ferngehalten und jetzt wusste ich auch wieso.

      Lange nach Mitternacht wankte ich im Licht einer Laterne nach Hause und schlief auf dem Weg einzig aus dem Grund nicht ein, weil der permanente Nieselregen mir das Gesicht kühlte. Ich war selbst zu müde, um mich vor der Dunkelheit zu fürchten.

      Das Haus meines Onkels sah bei Nacht genauso aus wie die Häuser rechts und links und starrte mir aus grauen Fenstern entgegen.

      Mr Dolls machte mir auf, nachdem ich leise den Türklopfer betätigt hatte und betete, dass noch jemand um diese Uhrzeit wach war, um mich zu hören. Er war ordentlich bekleidet und hellwach, was mir den Schluss offenlegte, dass er wohl auf mich gewartet hatte. Der Butler beäugte mich besorgt, sagte aber nichts dazu, dass ich erst mitten in der Nacht nach Hause kam.

      »Erzählen Sie es meinem Onkel und meiner Tante nicht«, bat ich ihn und er nickte, den gütigen Ausdruck unverändert auf seinem bereits mit Falten durchzogenen Gesicht.

      »Wünschen Sie noch etwas zu essen, Miss?«, erkundigte er sich leise und nahm mir die Laterne ab, die im mit Kerzen erleuchteten Flur nicht mehr vonnöten war.

      »Ich wünsche nur zu schlafen. Danke«, antwortete ich ihm schwach und spürte, wie meine Zunge langsam schwer wurde. Mühsam schleppte ich mich die Treppen hinauf in mein Zimmer, schälte mich aus meinen Kleidern und ließ alles achtlos zu Boden fallen. Es war mir egal, dass es keine Ordnung hatte und dass die Regennässe nun Gelegenheit bekam, Stockflecken auf dem Stoff zu hinterlassen. Ich hatte die letzten Stunden genug Ordnung geschaffen, um noch lange von dem Gefühl zu zehren.

      Doch als mein Kopf schließlich auf dem Kissen lag, wollte er einfach nicht zur Ruhe kommen. Immer wieder kreisten Gedanken über die Dinge darin, die noch zu tun waren. Und die ich schon getan hatte.

      Ich hatte jedes Dokument, jeden Brief, jedes Buch, jede Mappe, jedes Schriftstück, jede Notiz sortiert, auf Stapel verteilt und in Akten geordnet. Dabei waren Dokumente aus den letzten zwei Jahren zum Vorschein gekommen und ich wollte mir gar nicht vorstellen, wann dieses Chaos seinen Ursprung gehabt hatte.

      Wie konnte Mr Reed nur so arbeiten?

      Ich war getrieben gewesen von der Vorstellung, dass sich die Unordnung ausbreiten könnte, und da ich nun mal damit begonnen hatte, musste ich es auch zu Ende bringen.

      Als ich die Bibliothek verließ, war Mr Reeds Büro ein Zimmer von vorbildlichem Charakter. Er hätte darin Gäste empfangen können, so ordentlich war es.

      Auf der Tischplatte, die nun wieder frei war, um daran zu arbeiten, lag die Liste der zu ersetzenden Bücher mit den dazugehörigen Adressen, in Gruppen sortiert und alphabetisch geordnet.

      Vielleicht mochte man mir einen gewissen Perfektionismus anhängen, doch dafür würde ich niemals so ein Durcheinander an meinem Arbeitsplatz dulden.

      Es dauerte lange, bis ich schließlich einschlief und ich verbrachte eine sehr kurze, traumlose Nacht, in der ich immer wieder von dem Regen auf dem Dach geweckt wurde.

      Nach gerade einmal dreieinhalb Stunden Schlaf klopfte es an meiner Tür und ich wusste, dass es Zeit war, wieder aufzustehen. Mein Kopf war erstaunlich leicht, dafür, dass ich kaum geschlafen hatte, aber mir war schmerzlich bewusst, dass dieses seltsame Gefühl wohl kaum lange anhalten konnte und ich heute Nachmittag vor Müdigkeit einknicken würde.

      Ich zog mich an, kämmte mir das wirre Haar und steckte es zu einem einfachen Knoten zusammen. Zu mehr war ich nicht imstande.

      Mein Onkel und meine Tante setzten sich zu mir an den Frühstückstisch und ich zwang mir einen Toast mit Butter rein, damit sie nicht merkten, dass etwas nicht stimmte.

      Tante Lillian war jedoch viel zu aufmerksam, als dass sie mir das einfach so durchgehen ließ, und ihre hellen Augen fixierten mich, während sie selbst an ihrem Tee nippte.

      »Animant, kann ich dich fragen, wo du gestern Abend gewesen bist?«, fragte sie ganz vorsichtig und Onkel Alfred legte seine Zeitung zur Seite.

      »Ich war in der Bibliothek«, gab ich ohne Umschweife zurück und rührte mir einen Schluck Milch in meinen Tee.

      »In der Bibliothek? Lässt dich dieser Bibliothekar etwa bis in die Nacht schuften?!«, empörte sich Onkel Alfred aufbrausend und ich hätte gerne mit den Augen gerollt. Doch Tante Lillian hatte mich im Blick und ich wollte sie nicht kränken.

      »Nein, Onkel Alfred. Ich war freiwillig dort«, beschwichtigte ich ihn schnell und sah ihn nun über den Tisch hinweg an. In seinen Augen stand die Wut geschrieben, seine buschigen Augenbrauen verdunkelten sein ganzes Gesicht. »Ein Überseekoffer ist durch die Glaskuppel gebrochen und der Regen hat einen Teil der medizinischen Abteilung zerstört. Ich konnte nicht weg«, erklärte ich und unterschlug, dass Mr Reed sehr wohl hatte weggehen können. Er hatte mich mit dem ganzen Schlamassel allein gelassen und dann war ich in das Chaos in seinem Büro gestürzt wie Alice in den Kaninchenbau. Nur dass mich hinter all dem Papier nicht das Wunderland erwartet hatte, sondern nur noch mehr Papier.

      »Das ist ja schrecklich!«, rief Tante Lillian schockiert. »Hast du das gewusst, Alfred?«, wandte sie sich an ihren Mann, der recht ratlos dreinblickte. Er hatte es also noch nicht mitbekommen.

      »Ich nehme an, dass ich es wohl nachher erfahren hätte«, brummte er in seinen Bart und ich nickte nur. »So, Ani, da du ja heute nur bis Mittag arbeitest, schlage ich vor, ich hole dich um halb eins mit der Kusche ab, dann können wir zusammen essen«, wechselte Onkel Alfred geschickt das Thema, um nicht weiter darauf eingehen zu müssen, dass an seiner Universität Dinge vor sich gingen, von denen er nichts wusste.

      Ich sah ihn nur mit großen Augen an. Mir war nicht bekannt gewesen, dass ich heute nur bis Mittag arbeiten musste. Schon wieder etwas, das Mr Reed vergessen hatte, mir mitzuteilen.

      Onkel Alfred räusperte sich und erwähnte, dass wir ja anschließend zum Luftschiffplatz fahren könnten, an dem Mr Boyle um halb zwei landen würde. Da ich noch nie ein Luftschiff von Nahem gesehen hatte, wäre es eine gute Gelegenheit, zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen. Er lächelte Tante Lillian verschwörerisch zu, als ich zusagte, und ich rollte nun doch heimlich mit den Augen.

      Die beiden sahen Mr Boyle und mich wahrscheinlich schon als so gut wie verlobt an, nur weil wir uns einmal nett unterhalten hatten. Das war mehr als albern. Ich hatte in der vergangenen Woche nicht öfter als zweimal an diesen Herrn gedacht und keiner dieser Gedanken war schwärmerischer Natur gewesen. Mein Herz war nicht so schnell ins Wanken zu bringen und ich zweifelte schon seit Längerem daran, dass ich überhaupt dazu fähig war, mich wahrlich zu verlieben.

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