Название: Magdalenes Geheimnis
Автор: Christina Auerswald
Издательство: Автор
Жанр: Зарубежные детективы
isbn: 9783954626588
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Es war beschlossene Sache, sie sollte die Frau eines Händlers werden. Von nun an musste sie behutsam sein, denn was jetzt entschieden wurde, galt für ihr restliches Leben. »Da Ihr es so eilig habt«, fragte Magdalene den Onkel, »habt Ihr den Herrn sicher schon für morgen eingeladen.«
Er lächelte süßlich. »Für heute, Mädchen. Er kommt in einer Stunde.«
2 . K A P I T E L
Als Magdalene mit dem Kleinen die Treppe herunterstieg, hörte sie im Haus schon eine fremde Stimme. Der Onkel stapfte die Stufen herauf und wandte sich zur guten Stube. Er trug ein Lächeln im Gesicht und ging, ohne Magdalene im Dunkel der oberen Treppe zu sehen, in den Raum. Hinter ihm erschien eine zweite Gestalt. Das war er also.
Herr Rehnikel hatte Magdalene erblickt. Er blieb am Fuß der Treppe stehen, bis sie hinuntergegangen war. Die ganze Zeit ruhte sein Blick auf ihr, gierig, wie es schien. Besonders fielen ihr seine Augen auf, runde, braune, feucht glänzende Augen wie Flusskiesel. Sie waren schwarz bewimpert und verliehen ihm ein gutmütiges Aussehen. Unvermittelt begriff sie, dass sie ihn schon einmal gesehen hatte: Ihr war ein Mann begegnet, als sie nach Halle heimkehrte, der hatte sie an der Salomo-Apotheke angesprochen. Er trug heute einen dunklen französischen Rock, ein wenig abgetragen und mit genauso einem albernen Tüchlein in der Rocktasche, wie ihr Onkel es besaß. Er war rundlich, alles an ihm war rundlich. Sein dicker Bauch wölbte sich, dass die Knöpfe in der Mitte seines Rocks abzuplatzen drohten. Die Beine, krumm wie türkische Säbel, steckten in eng anliegenden dunklen Kniebundhosen. Über dem flachen Kragen und dem doppelten Kinn leuchtete die Mondscheibe seines Gesichts. Auf der gewölbten Stirn lag eine zerdrückte Perücke mit weißen Locken; die Nase war knotig wie eine vom Baum gefallene, eingetrocknete Birne. Schweiß glänzte auf seiner blassen Stirn.
Er hob eine Augenbraue, die linke, und beugte den Kopf leicht. »Wie schön, Euch wiederzusehen«, hörte sie ihn in einem sanften Tonfall schmeicheln. Er verzog das Gesicht zu einem Lächeln, derart mild, dass sie in Versuchung geriet, ihn für ein wenig dümmlich zu halten. Dass es das nicht traf, merkte sie im gleichen Atemzug. Sein Blick folgte ihren Bewegungen genau.
Magdalene antwortete ausdruckslos: »Guten Tag«, genau mit der Menge Distanz, dass er es auf sein Süßholzgeraspel beziehen konnte. Er kam einen Schritt näher und hob die Hand, legte sie Hans auf die Wange und strich darüber.
Es gelang Magdalene nicht, ihre Abwehr zu verbergen. Er bemerkte ihre Bewegung rückwärts, musterte sie forschend und ging dennoch wieder zum Lächeln über. »Was für ein prachtvoller Knabe«, schmeichelte er. Sie hätte schwören können, dass er noch eine Portion Schmalz zugelegt hatte. Die Mondscheibe lächelte.
Schnell brachte Magdalene den Kleinen zu Anna in die Küche und stieg hinauf in den ersten Stock. Sie atmete tief, bevor sie die Klinke drückte. Es war nur noch Formsache, die Einzelheiten waren längst abgesprochen, sonst hätte Conrad Bertram sein Mündel noch nicht informiert. Immerhin war dieses Geschäft gut verborgen geblieben, dass sie bis zu dieser Stunde nichts davon geahnt hatte.
Herr Bertram stand an seinem Platz und goss Wein in drei Becher. Der Gast saß am Tisch, an der zweiten Stirnseite, dem Hausherrn gegenüber. Er saß auf dem Stuhl, der eigentlich Magdalenes war, einem schönen Holzstuhl mit einer geschnitzten Eule in der Lehne. Sie nahm einen Duft wahr, einen Duft nach Nelken mit einem Hauch Zimt und etwas anderem, das sie nicht kannte.
Herr Rehnikel lehnte sich locker an. Er lächelte, als wäre er zum Vergnügen hier. Magdalene kannte ihn noch nicht gut genug, sie konnte nicht herausbekommen, ob es seine Art war oder ob er sich über etwas lustig machte. In diesem Moment drehte sich Onkel Conrad zu ihr. Er nahm ihre Hand und zog sie näher zu sich. Er hatte gesiegt, er hatte seine widerspenstige Nichte dahin gebracht, wohin er sie haben wollte, glaubte er. So einfach würde sie es ihm nicht machen. Erst musste er noch ein bisschen Gift und Galle spucken.
Conrad Bertram verbreitete eine Rede, die wie Saalewasser nach der Schneeschmelze durch den Raum plätscherte. Er hielt Magdalene weiter an der Hand. Dieser Rehnikel lächelte, aber er sah nicht Herrn Bertram an. Er betrachtete Magdalene. Man hätte meinen können, er lächelte ihr zu. Sie glaubte, ihn allmählich zu durchschauen. Hinter seinem Lächeln taxierte er. Natürlich, er war ein Händler, und Händler müssen schlau sein wie Füchse. Er taxierte ihre Hand, die des Onkels Hand nicht griff, sondern die Arbeit des Festhaltens ihm überließ. Er taxierte ihre Brust, die sich unter ihrem Atem gleichmäßig und langsam hob und senkte, aber nicht langsam genug, um so gelassen zu atmen, wie sie wollte. Er taxierte die kleine Erhebung unter ihrem Hemd, wo das Amulett hing, das er nicht sehen konnte und von dem Onkel und Tante nichts wissen sollten. Als Conrad Bertram schon so lange geredet hatte, dass alle drei Menschen im Raum knietief im Wasser seiner Rede standen, gab es eine Pause. Der Händler hatte seinen Einsatz verpasst.
Er stand extra auf, um zu reden. Er brauchte nicht viele Worte, um sein Anliegen vorzutragen. Er würde Magdalene jetzt fragen, ob sie bereit wäre, seine Frau zu werden, und sie musste darauf antworten. Zuerst redete er von seinem Witwerstand und von seinem Handel. Spezereien. Fünfundvierzig Jahre alt. Himmel hilf! Er hätte bequem Magdalenes Vater sein können!
»Die Ehe ist die einzig wahre Verkörperung der göttlichen Liebe auf Erden«, sprach er in würdigem Ton. Magdalene kaute noch an diesem Satz, da erläuterte er, dass er den Hans legitimieren wolle. Herr Rehnikel würde im Taufregister als Vater eingetragen. Hans würde Hans Rehnikel werden, er war für ein paar Taler kein Bankert mehr, er konnte später das Bürgerrecht bekommen. Ein äußerst verlockendes Angebot. Der Händler sollte als Magdalenes Verführer herhalten. Magdalene musste wider Willen schmunzeln. Ob das jemand glaubte? Endlich die Frage: »Wollt Ihr mein Eheweib werden, vor Gott und den Menschen?«
Magdalene ließ sich Zeit mit ihrer Antwort. Sie stand auf und sah Herrn Rehnikel in die Augen. Ausnahmsweise überlegte sie jedes einzelne Wort. Die beiden Männer schauten sie mit einem zufriedenen Lächeln an, als hörten sie schon ein demütiges Ja und sähen ein braves Nicken.
»Ich bin noch nicht einmal achtzehn Jahre alt«, antwortete Magdalene stattdessen, »und jedermann weiß, dass es Mädchen in diesem Alter an Verstand und Reife für solche schwerwiegenden Antworten gebricht. Seid so freundlich, lieber Onkel, und antwortet an meiner Stelle. Für die bisherigen Verhandlungen habt Ihr mich nicht gebraucht, was wollt Ihr Euch wegen meiner Zustimmung bemühen?«
Sie starrten Magdalene an, als hofften sie beide, das Mädchen würde zu lachen beginnen. Magdalene lachte nicht, sie setzte noch hinzu: »Bitte, lieber Onkel! In Sachen der göttlichen Liebe und ihrer Verkörperung auf Erden, meine ich, ist ein angehender Kirchenvorstand kompetenter als ich.«
Conrad Bertram sprang von seinem Stuhl auf. Die beiden Männer standen einen Augenblick starr. Dem Händler kerbte sich eine steile Falte zwischen die Brauen. Er ging einen Schritt rückwärts und lehnte sich an die Wand, als mache ihm sein Alter zu schaffen. Herr Bertram schniefte, in seinen Pupillen wuchs der Zorn. Er packte seine Nichte am Oberarm, murmelte, er müsse noch einmal mit ihr reden, und schob sie durch die Tür ins Treppenhaus.
Draußen entließ er seine Gesichtszüge aus der Gewalt, presste die Zähne aufeinander und knurrte. Magdalenes СКАЧАТЬ