Название: Auszeit mit Tine
Автор: Bernhard Spring
Издательство: Автор
Жанр: Современная зарубежная литература
isbn: 9783954625659
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Also wuchte ich das Beil hoch, lasse es krachend niedersausen und schon fliegt das Holz auseinander. So geht das eine ganze Weile. Ich halte die Äste mit der Linken, mit der Rechten dresche ich mit dem Beil drauf. Holz splittert, saust unter dem Vordach rum und ich hacke mich regelrecht in wilde Euphorie.
Aber irgendwann fühlt sich das Beil so schwer an wie ein Vorschlaghammer. Und als ich es mit links versuche, rutscht es mir weg und landet fast in meinem Bein. Ächzend und verschwitzt mache ich mich über den Rest vom Holz her, dann lade ich mir die Scheite langsam auf den Arm und sortiere sie an die Hauswand ein. Bald ist dem Stapel kaum noch anzusehen, dass wir uns dort schon zwei Abende lang bedient haben, und ich bin ziemlich zufrieden mit meiner Arbeit.
Aber dann tut mir doch der Rücken vom vielen falschen Bücken weh und ich recke diese verstaubten Knochen. Verdimmicht, was wird man alt! Die dreißig leuchtet schon am Horizont, und gleich dahinter …
Bleibt also nur noch das Fegen. Der einzige Besen, den ich unter dem Dach finde, hat keine roten Plasteborsten wie seine Kollegen von der Stadtreinigung, sondern ist aus kleinen Zweigen gemacht. Ein Hexenbesen! Als absoluter Laie tippe ich auf Trauerweide, was ja gar nicht sein kann, weil die so biegsam sind. In alten Märchen heißen solche Besen Reisigbesen und das wird wohl auch einer sein. Ich reisigbese also die Holzkrümel zusammen und beschließe, damit später ein Lagerfeuer anzuzünden. Der Abstecher im Wald hat mich auf diese Idee gebracht.
Dann reisigbese ich den kleinen Weg unter dem Dach – und wen sehe ich da, als ich auf die Terrasse komme? „Nun mussde ma wartn, Kindchen“, ruft mir Tine entgegen. „Ich mach hier de Wäsche, da fehlt mir dein Staub grad noch.“
Da sitzt sie in der herrlichsten Mittagssonne auf einem der beiden Terrassenstühle, eine Schüssel auf unseren Freiluftfrühstückstisch und rubbelt unsere T-Shirts und ein altes Stück Kernseife zwischen ihren Fäustchen. Meins soll ich auch gleich ausziehen, weil es so verschwitzt ist. Ja, ich habe gearbeitet. Da kommt der Mann von seinem schweren Tagewerk nach Hause und holt sich den verdienten Kuss.
Tine schrubbt und seift und plätschert und hängt alles, was wir in den letzten zwei Tagen getragen haben, über das Terrassengeländer. Ich sehe ihr die Mühe an und wir sind uns einig, ab heute nur noch Badehosen zu tragen. Oder gar nichts, im Notfall.
Aber dann gibt es leider doch keinen Notfall, sondern Mittag. Viel Hunger ist nicht, dafür sind wir wegen der Wärme zu schlapp. Zu der Kartoffelsuppe, die ich aus zwei Dosen befreie, gibt es wieder mal Brotscheiben und blaue Trauben. Wir sehen uns den Holzstapel und die trocknende Wäsche an und siehe, es war gut.
SECHSTES KAPITEL
So ein Mittag in der freien Natur kann ausgesprochen scheintot sein und dabei juckt es uns so in den Beinen. Also müssen wir einen Spaziergang machen, uns diese wilden Beine vertreten, die eigentlich schlafen wollen, aber nicht können. Tine packt mir den Rucksack, in den unbedingt eine leichte Decke, viel Wasser medium und etwas zu Knabbern muss. Ein Kartenspiel darf auch mit hinein. Mit einem Tuch bindet sie sich die Haare ab und sieht richtig niedlich aus. Dann geht es los, Hand in Hand durchs schöne Land. Tine summt eine kleine Melodie und ich begreife, dass wir zwei es auch in weniger als achtzig Tagen um die Welt schaffen würden. Weil wir so verdammt glücklich sind.
Der Weg, der zur Stadt führt, gabelt sich am Weizenfeld. Da geht es einmal runter nach Freibach, wohin wir aber nicht wollen, das kennen wir ja schon. Und dann geht es zwischen dem Feld entlang, nur eine Treckerspur breit ins Unbekannte. Das ist unser Weg.
Zwischen dem Weizen gehen wir schweigend entlang. Es ist eine sehr zufriedene, wenn auch etwas tiefsinnige Stille. Ich denke daran, wie schön es ist, dass wir schlendern können. Und ob Tine auch so fürsorglich wäre, wenn sie keine Krankenschwester wäre? Ich glaube schon, dann wäre sie eben eine fürsorgliche Bauarbeiterin. Aber sie wäre immer sie und das ist beruhigend.
Am Ende der Felder steht wieder Wald und davor ein Dorf, als hätte es sich verlaufen. Wir können aber nicht sofort in dieses Großliebdorf einfallen, weil uns die Kirschbäume am Ortseingangsschild aufhalten. Unten im Gras liegen erst ganz wenige matschige Kirschen und Tine breitet die Decke aus. Sie beschließt Arbeitsteilung: Ich geh auf den Baum und werfe die Kirschen herunter und Tine isst sie auf und hängt sich die Zwillinge an die Ohren, um sich in meine persönliche Kirschkönigin zu verwandeln. Und wirklich: Als ich ihr die Kirschen von den Ohren knabbern darf und die Tine auf den Mund küsse, schmeckt sie ganz richtig nach Kirschen.
Da fühle ich mich plötzlich wie am Bein beleckt, und als ich mich danach umdrehe, kriege ich fast einen Herzinfarkt. „Der tut nichts!“, höre ich von fern einen Ruf, während Tine den Übeltäter gleich ganz süß findet und seinen strubbeligen Nacken krault. Der alte Mann, der den Weg entlangkommt, stellt sich zu mir vor unsere Decke hin und freut sich, dass sich Tine und sein Hund freuen. „Wie heißt der denn?“, fragt Tine. Und der Mann sagt: „Susi.“
„Das ist schon ein ganz altes Mädchen, meine Susi“, sinniert er, aber Tine sieht ihn leicht vorwurfsvoll an. „So was sagt man doch nicht über eine Dame!“, weist sie den Mann zurecht, der erst stutzt, aber dann breit lächelt. „Die hab ich jetzt schon eine halbe Ewigkeit bei mir auf dem Hof“, erklärt er und schaut mal zu mir, mal in Richtung Dackel. Dabei sieht er aus wie ein gutmütiger Opa, schlank bis eingefallen, leicht krumm, wirres, weißes Haar, aber ein freundliches Grinsen in den Augen. So ein alter Mann, mit dem man gern auf der Bank vorm Haus schwatzt, mit dem man aber lieber nicht ins Bad geht, weil es da nach altem Witwer aussieht. Irgendwas sagt mir, dass Susi ihm beim Hausputz auch nicht gerade eine große Hilfe sein wird.
„Und Sie sind nicht von hier?“, fragt er mich aus purer Höflichkeit, weil er die Antwort ja schon weiß. Wer so viele Jahre wie er die Feldwege um Großliebdorf durchstreift, kennt ja jeden Hasen und alle Igel.
„Wir versuchen Urlaub zu machen“, meint Tine von unten und hat gleich wieder den Dackel in der Mache. „Du süßer, kleiner Wauwau, du!“, säuselt sie und knuddelt ihm die Backen.
„Urlaub in der Natur also“, stellt der Mann fest und seufzt ein erhellendes „Aha. Und haben Sie schon viel gesehen, hier rundrum?“
„Na ja“, sage ich und denke an den Wald und die Wiesen und dass das alles für den lieben Kerl hier bestimmt nicht so ein Brüller ist wie für uns. „Wir wollten gerade hier ins Dorf, uns mal umschauen …“
„Da können Sie mich begleiten, wenn Sie wollen“, fällt er mir ins Wort und schon ziehen wir zu viert in sein Großliebdorf ein.
Der alte Mann heißt Herr Riemer und wohnt hier schon seit immer. Er hat einen sehr gemütlichen Gang, weil er lange Rentenjahre Zeit hatte, ihn einzustudieren.
„Früher hieß das noch Kleinliebdorf“, macht er bereitwillig den Fremdenführer. „Aber dann kam das ganze Land an die LPG und das Dorf wurde zu Großliebdorf. Und heute – na, das sehen Sie ja.“
Und wir sehen ja. Einen kleinen Wohnpark linker Hand ins Feld gestellt, frisch geteerte Straßen, eine schöne Bushaltestelle am breitesten Stück vom Fußweg und immer wieder ein paar alte Bauernhöfe mit imposant großen Torbögen. „Ich hab als Schlosser in Rotleben gearbeitet, unten an der Bundesstraße“, СКАЧАТЬ