Название: Gesicht des Wahnsinns
Автор: Блейк Пирс
Издательство: Lukeman Literary Management Ltd
Жанр: Современные детективы
Серия: Ein Zoe Prime Fall
isbn: 9781094342603
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Zoe lächelte nur halb. Es war zwar nicht lustig, von ihren Kollegen verarscht zu werden, vor allem, da sie die Hälfte der Anspielungen und Untertöne nicht verstand, aber es war irgendwie lustig zu sehen, wie Shelley auch mal durch etwas aus der Fassung gebracht wurde. Und obwohl Zoe natürlich nicht wollte, dass Shelley sich schlecht fühlte, war es eine nette Erinnerung daran, dass sie beide menschlich waren.
Zurufe und Kommentare über alles an ihnen, von ihren Schuhen bis hin zu ihren Haaren, zogen sie auf dem ganzen Weg wie ein Kondensstreifen hinter einem Paar Düsenjets hinter sich her, bis sie es endlich zur Tür von SAIC Maitlands Büro geschafft hatten. Shelley nahm sich einen Moment Zeit, um sich gerade hinzustellen und eine lose Haarsträhne von ihrer Schulter zu streichen. Dann klopfte sie an.
„Herein.“
Die dröhnende Stimme des Mannes trug ebenso sehr zu seiner einschüchternden Präsenz bei wie seine Größe. Leo Maitland war mit seinen eins neunzig nicht einfach nur groß, sondern er war auch breit und hatte einen Bizeps von achtunddreißig Zentimeter Umfang, nicht gerade typisch für sein Alter. Seine aufrechte, militärische Haltung war immer noch vorhanden, obwohl er nicht mehr beim Militär war. Das ergraute Haar an seinen Schläfen war der einzige Hinweis darauf, dass er Mitte vierzig war.
„Sir“, sagten Zoe und Shelley fast einstimmig. Er war derjenige, der sie hierher gerufen hatte. Sie wussten, dass es nicht nötig war, das Gespräch mit unnötigem Smalltalk zu beginnen. Der Special Agent, der die Zweigstelle des FBIs in Washington, D.C. leitete, war ein vielbeschäftigter Mann, seine Zeit war kostbar.
SAIC Maitland überflog noch für einen Moment einige Papiere und runzelte konzentriert die Stirn, bevor er sie mit Schwung unterschrieb und beiseitelegte. „Agents Prime und Rose“, sagte er und kramte in einer übervollen Ablage auf seinem Schreibtisch herum, um eine Akte herauszuholen. „Ich glaube, dass Ihnen dieser Fall gefallen wird.“
Zoe runzelte die Stirn. Ein schöner Mordfall? Das schien unwahrscheinlich, es sei denn, der Mörder erstickte seine Opfer in Zuckerwatte und für die Lösung des Falls waren ausgiebige Geschmacksproben nötig. „Sir?“, fragte sie zweifelnd.
„Das war sarkastisch gemeint, Agent Prime“, sagte er ohne zu lächeln. Er hielt die Akte mit ausgestrecktem Arm von sich weg. „Nimmt mir das einer von Ihnen jetzt ab, oder sind Sie beide gelähmt?“
Shelley sprang nach vorn und nahm ihm die Akte aus der Hand. „Entschuldigung, Sir.“
„Zu dem Fall. Sie fliegen in vier Stunden“, sagte er und fuhr fort, als wäre das eine eher nebensächliche Information gewesen. „Ihre Tickets sind in der Akte. Schneller konnten wir Sie nicht nach Nebraska bringen.“
Das Wort traf Zoe wie ein Blitz. Nebraska. Ihr Geburtsstaat. Nicht, dass das etwas zu sagen hatte – Nebraska war groß. Es war nicht besonders wahrscheinlich, dass sie in der Nähe ihres Geburtsortes sein würden.
„Innerhalb der letzten zwei Tage wurden zwei Frauen enthauptet aufgefunden. Klingt, als würde es sich um einen Serienmord handeln, deshalb brauchen wir Sie so schnell wie möglich vor Ort. Entschuldigen Sie den Nachtflug, aber Sie werden am frühen Morgen in der Ortschaft ankommen und können dann sofort nach Ihrer Ankunft mit der örtlichen Polizei in Kontakt treten“, fuhr Maitland fort. „Wir haben zwei verschiedene Tatorte in zwei verschiedenen Städten, also ist es möglich, dass der Täter auf Reisen ist. Sie müssen ihn so schnell wie möglich aufhalten. Denn wir wollen natürlich vermeiden, dass er den Staat verlässt und verschwindet.“
Shelley blätterte in der Akte und einige der Fotos darin ließen sie zusammenzucken. Zoe schaute ihr über die Schulter und konnte eine ganze Menge Blut sehen, bevor Shelley umblätterte.
„Wir werden unser Bestes versuchen, Sir“, sagte Shelley mit leicht abwesender Stimme, sie konzentrierte sich bereits auf die Akte.
„Versuchen Sie es nicht nur“, sagte Maitland düster. „Die Presse wird der Sache viel Aufmerksamkeit widmen. Lösen Sie den Fall. Bevor die ganze Sache zu einem Zirkus wird und ich unserem Chef erklären muss, warum wir eine schwindelerregende Anzahl von Leichen vor den Kameras der Welt haben.“
Zoe versuchte, ihr Handy zwischen ihrem Kopf und ihrer Schulter einzuklemmen, sodass sie beim Telefonieren ihre Klamotten zusammenlegen konnte. „Es tut mir wirklich leid“, sagte sie. „Es sieht so aus, als ob wir mindestens ein paar Tage unterwegs sind.“
„Ich wusste schon bei unserem ersten Date, worauf ich mich einlasse“, sagte Johns Stimme aus dem Hörer. Er klang entspannt und amüsiert. „Es ist in Ordnung. Rette du die Welt. Ich bin hier, wenn du zurückkommst.“
Zoe kaute abwesend auf ihrer Lippe herum, legte ihre letzten Sachen zusammen und ging schnell ins Badezimmer, um ihre Kulturtasche zu holen. Wegen der Fliesen im Bad klang ihre Stimme nun hallend. „Ich hasse es, dass ich unsere Dates immer wieder abbrechen muss“, sagte sie. „Heute Abend hat Spaß gemacht.“
„Das hat es“, sagte John, dann fügte er mit noch etwas sanfterer Stimme hinzu: „Ich hatte mich darauf gefreut, dich nach Hause zu fahren. Dieses Kleid, was du anhattest – das hat mir sehr gefallen.“
Zoe warf einen Blick auf den roten Stoff, der jetzt auf ihrem Bett lag, und ein kleiner Schauer überkam sie, als sie seine Worte hörte. Sie warf die Kosmetikartikel in ihren Koffer – und alles, was sonst noch fehlte, hinterher. „Vielleicht ziehe ich es nochmal für dich an, wenn ich wieder da bin.“ Schuhe – sie öffnete die Tür ihres Schranks und holte ein Paar Ersatzschuhe heraus, nur für den Fall, dass die Schuhe, die sie gerade trug, zu unbequem wurden.
„Das wäre toll.“ Johns Tonfall änderte sich erneut, diesmal wurde er ernster. „Eigentlich fände ich es schön, wenn wir mal reden könnten, wenn du wieder zu Hause bist.“
Zoe zögerte. Reden. Was bedeutete das? Redeten sie nicht jetzt gerade?
War sie jetzt in der Situation, die sie nur aus Filmen kannte – das gefürchtete Gespräch – der Moment der Trennung?
Nein, sicher war sie nur paranoid. John war ein erwachsener Mann. Er scheute sich nicht, seine Gefühle anzusprechen und er schien bisher nicht unzufrieden gewesen zu sein.
Natürlich hatte er sich nicht gerade darüber gefreut, dass sie wieder irgendwo hin musste, jetzt, da die beiden sich immer näher kamen.
„Okay“, zwang Zoe sich zu sagen. Sie wollte nicht, dass sich das Schweigen noch länger hinzog. „Klar. Das sollten wir.“
„Dann ruf mich an, wenn du zurück bist“, sagte John. Er machte auch eine Pause. „Zoe?“
„Ja?“
Er machte erneut eine Pause, so würde er seine Worte sehr genau abwägen. „Ich wünsche dir einen guten Flug.“
Zoe starrte auf das Handy in ihrer Hand, das Display war nun dunkel, das Gespräch beendet. Für einen kurzen Moment dachte sie, es war absurd, dass er es für nötig hielt, sie dazu aufzufordern, ihn nach ihrer Rückkehr anzurufen. Warum hätte sie das denn nicht tun sollen? Warum hätte sie sich absichtlich in so eine schreckliche Situation bringen sollen?
Dann ermahnte sie sich gedanklich selbst: Sie hatte doch gar keine Ahnung, worüber er mit ihr reden wollte. Nur, weil sie dank ihrer Fähigkeiten und ihrer Art für alle anderen anders und seltsam erschien und sie bereits mit Ablehnung rechnete, hieß das nicht, dass СКАЧАТЬ