Gesicht des Zorns. Блейк Пирс
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Название: Gesicht des Zorns

Автор: Блейк Пирс

Издательство: Lukeman Literary Management Ltd

Жанр: Современные детективы

Серия: Ein Zoe Prime Fall

isbn: 9781094342610

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СКАЧАТЬ darüber nachdachte, stellte sie fest, dass das Klopfen irgendetwas ungewöhnliches an sich hatte. Es hörte sich so an, als steckte mehr Gewicht dahinter. Es war ein festeres Klopfen, als das Dr. Applewhites. Und auch der Rhythmus war anders. Eins-zwei-drei, kein vierter Schlag, keine Wiederholung. Es war wahrscheinlich ein Mann, vermutete Zoe, was ihr komisch vorkam.

      Vielleicht hatte ihr das FBI ein Paket geschickt, mit all den Dingen, die sie im J. Edgar Hoover- Gebäude zurückgelassen hatte, und der Paketbote brauchte nun ihre Unterschrift. Das war eine mögliche Erklärung. Zwar nicht sonderlich wahrscheinlich, aber doch Grund genug für sie, sich zu überwinden und zumindest einmal nachzusehen.

      Zoe öffnete die Tür, ließ die Sicherheitskette aber noch geschlossen, bis sie sah, dass SAIC Leo Maitland davor stand – ihr Chef. Er hatte die Arme hinter seinem Rücken verschränkt und einen milden Gesichtsausdruck aufgesetzt, was nicht zwangsläufig ein gutes Zeichen war. Er hatte viel zu tun und normalerweise keine Zeit für Hausbesuche. Sein Blick, gepaart mit der ihr antrainierten Obrigkeitshörigkeit, veranlasste Zoe dazu, die Tür nur deshalb wieder zu schließen, um die Kette auszuhaken, sie dann ganz zu öffnen und ihm schließlich von Angesicht zu Angesicht gegenüberzustehen.

      Sie bereute es, kein besser zusammenpassendes Outfit zu tragen und sich heute morgen nicht gekämmt zu haben, aber das ließ sich nicht ändern.

      „Agent Prime.“ Maitlands Stimme kam einem tiefen Brummen gleich. Mit seinen eins neunzig war er fast dreizehn Zentimeter größer als sie, was er nun nutzte, um ihr von oben herab einen tadelnden Blick zuzuwerfen, wie ein Lehrer, der ein ungezogenes Kind ermahnen wollte.

      „Sir“, sagte Zoe und mühte sich dabei, mit sicherer Stimme zu sprechen. Sie hatte nicht die Absicht gehabt, sich mit irgendwelchen Arbeitsangelegenheiten auseinanderzusetzen. Nicht, solange sie immer noch überall Zahlen sah, wie jetzt etwa die Winkel und Maße, die man an Maitlands aufrechter, militärischer Körperhaltung ablesen konnte. So fiel ihr auch auf, dass weder seine einhundertfünfzehn Zentimeter breite Brust noch sein achtunddreißig Zentimeter großer Bizeps kleiner geworden waren, seit sie das letzte Mal im Büro gewesen war.

      Seit er sie suspendiert hatte, weil sie die Leiche ihrer ermordeten Partnerin gefunden und später so lange auf den Täter eingeschlagen hatte, bis ihre Kollegen sie gewaltsam von ihm weggezerrt hatten.

      „Ich bin aus dem Hauptquartier hergekommen, um persönlich mit Ihnen zu sprechen“, sagte er. Er hatte einen bedeutungsschwangeren Tonfall aufgesetzt. „Würde es Ihnen etwas ausmachen, wenn ich reinkomme?“

      Zoe starrte ihn für einen Augenblick irritiert an. Was hatte dieser merkwürdige Tonfall zu bedeuten? War er wütend auf sie? Oder belustigt? Enttäuscht? Was denn bloß? Bei ihr kamen nur die einundsechzig Dezibel an, die zwanzig Wörter, der Rhythmus und die Kadenz der einzelnen Silben. Aber sie machte ihm dennoch den Weg frei und deutete in Richtung ihres Sofas, woraufhin Maitland vorsichtigen Schrittes an ihr vorbei und in die Wohnung trat.

      Doch er ließ nicht etwa Vorsicht walten, weil er darauf achtete, nicht auf etwas Wichtiges zu treten. Sondern weil er sich nicht die Schuhe schmutzig machen wollte.

      Maitland nahm behutsam auf dem Sofa Platz, während Zoe die Tür schloss und ihm dann folgte. Sie zögerte; da sie normalerweise nie Besuch hatte, hatte sie es bisher nicht für notwendig gehalten, noch eine weitere Sitzgelegenheit zu kaufen. Hier stand also bloß das Sofa, weshalb sie sich neben ihn setzen musste – was unangenehm und unangemessen war. Und außerdem verwirrend, denn sie wusste gar nicht, in welchem Winkel sie sich dabei zu ihm drehen sollte. Nach einem Moment des Zauderns nahm sie aber Platz, sie hatte sich für einen fünfundvierzig Grad Winkel entschieden: so saß sie ihm nicht direkt gegenüber, starrte aber auch nicht einfach geradeaus ins Leere. Es war die Zwischenlösung.

      „Agent Prime“, sagte Maitland erneut und schien dabei seine Worte mit Bedacht zu wählen. „Was ist gestern passiert?“

      „Gestern?“, wiederholte Zoe stumpfsinnig. Sie versuchte, sich zu erinnern. Gestern? Was hatten sie denn gestern überhaupt gemacht? Sie hatte apathisch aus dem Fenster gesehen, Dr. Applewhite erneut abgewiesen, einen Spaziergang gemacht. Ach. Der Spaziergang. Hatte Harry Rose sich beschwert?

      Maitland rutschte nervös hin und her und drehte sich ein Stück weiter zu ihr. Zoe bemerkte, dass sein Igelschnitt zwar genauso kurz geschnitten war wie immer, im Vergleich zu ihrer letzten Begegnung allerdings grauer geworden war.

      „Ihre Suspendierung ist gestern abgelaufen. Ich hatte erwartet, dass Sie zum Dienst erscheinen.“

      „Das war gestern?“. fragte Zoe und ging gedanklich den Kalender durch. Ja, dachte sie, es war die richtige Anzahl an Tagen vergangen. Und außerdem war gestern ein Mittwoch gewesen. Also stimmte das Datum wohl. Das war ihr völlig entgangen.

      „Ich habe Ihnen diesbezüglich mehrere E-Mails geschickt“, sagte Maitland. Er wandte den Kopf ab, sah sich in der Wohnung um. Zoe erkannte an seinem Blickwinkel, wohin er sah. Computer: ausgeschaltet; Handy: Akku leer; Festnetz: aus der Leitung gezogen. „Ich habe Sie auch diverse Male angerufen und, weil ich nicht durchgekommen bin, mehrfach Sprachnachrichten hinterlassen.“

      Zoe nickte ruhig. Dreimal, im Takt: eins, zwei, drei. „Es tut mir leid“, sagte sie, auch wenn das nicht unbedingt die Wahrheit war. „Ich war in letzter Zeit nicht besonders gut darin, auf dem Laufenden zu bleiben.“

      Maitland seufzte. „Ich weiß doch, dass die letzten Monate sehr schwer für Sie waren, Zoe“, sagte er. „Ich habe Sie für sechs Wochen suspendiert, weil ich wusste, dass Sie auf jeden Fall beurlaubt werden würden. Das ist vorgeschrieben, wenn Ermittler ihren Partner verlieren. Erst recht, wenn es auf diese Art und Weise passiert. Waren Sie bei der psychologischen Beratung?“

      Nun schüttelte Zoe langsam den Kopf. Wieder im Takt: eins, zwei, drei. Es hatte keinen Sinn, ihm etwas vorzulügen. Er konnte das problemlos überprüfen. Hatte er wahrscheinlich schon getan. Sie hatte es nicht für sinnvoll gehalten, dort hinzugehen. Schließlich hatte sie ihre eigene Therapeutin. Wobei sie da in den letzten Wochen auch nicht hingegangen ist.

      „Warum nicht?“, fragte Maitland.

      Zoe dachte darüber nach, was sie antworten sollte. Sie dachte zu lang darüber nach. Die Sekunden verstrichen – drei, vier, fünf – und Maitland verlor die Geduld.

      „Also gut, hören Sie mir mal zu“, sagte er, woraufhin Zoe Blickkontakt mit ihm aufnahm. Sie versuchte, sich auf seine Worte zu konzentrieren, statt auf den Umfang seiner Iris oder darauf, wie diese sich veränderte, wenn er den Kopf bewegte und deshalb das Licht in einem anderen Winkel auf sie einfiel. „Ich bin heute hier, weil ich wissen muss, was Ihre weiteren Pläne sind. Sie haben sich dazu entschieden, nicht zur Arbeit zurückzukommen. Soll ich das als ihre Kündigung betrachten?“

      Zoe öffnete sofort den Mund, um ihn zu signalisieren, dass sie auf die Frage antworten wollte. Denn es war keine schwere Frage. „Ja“, sagte sie, ohne zu zögern. Wie sollte sie auch jemals zurück zur Arbeit gehen? Wie sollte sie es schaffen, ohne ihre Partnerin wieder ins Büro zu gehen? Bevor Shelley ihre Partnerin geworden war, hatten all ihre Kollegen sie gehasst. Sie ignoriert. Jetzt, wo Shelley verstorben war, wäre es sicher noch schlimmer als vorher.

      Maitland nickte ruhig. Genau wie sie es zuvor getan hatte. Dreimal, im Takt: eins, zwei, drei. „Okay“, sagte er. „Wenn Sie sich da ganz sicher sind. Das brauche ich allerdings schriftlich.“

      Zoe sah zu ihrem Computer herüber und nickte ihm schweigend zu. Sie konnte morgen ein Schreiben aufsetzen und es ihm zuschicken, dann wäre die Sache gleich erledigt.

      Maitland begann, sich zu erheben, er wollte offenbar nicht mehr länger bleiben. Dank seiner wuchtigen Struktur musste er dabei behutsam vorgehen. СКАЧАТЬ