Das Krankenhaus hatte gerade einen Adipositas-Chirurgen in Vollzeit angestellt, mit dem ich mich sehr gut verstand. Ein Teil des Adipositas-Programms sollte eine nicht-operative diätetische Praxis umfassen. Dieser Teil war jedoch nicht richtig angelaufen, wohingegen die Adipositas-Chirurgie gut vorankam. Daher fragte ich, ob ich den diätetischen Teil in Teilzeit durchführen könnte, und bekam als Antwort „Nein, danke“. Schließlich begann ich aus Frustration, meinen Zeitplan zu ändern. Statt der üblichen achtminütigen Untersuchungen verbrachte ich vierzig Minuten in der Beratung mit meinen Patienten. Anstatt jeden Tag eine Menge Operationen zu buchen, schlug ich vor, dass wir besser mit der Operation warten und es mit Ernährungs- und anderen Lebensstiländerungen versuchen sollten. Meine Krankenschwester musste ständig neue Flyer drucken, weil ich alle paar Tage einen ganzen Stapel verteilte. Die Krankenhausverwaltung teilte mir schließlich mit, dass dieser ganze Lebensstil-Kram in der Orthopädie nicht erwünscht sei. Aber als Leiter der Abteilung war es mir egal, was die Verwaltung dachte, also machte ich weiter.
Irgendwann wurde ein Treffen mit jemandem aus dem medizinischen Personalwesen anberaumt, der mich darüber informierte, dass sich die Richtlinien geändert hätten. Bei einer Überprüfung meiner Bürounterlagen aus den Jahren zuvor hatte der Gutachter festgestellt, dass ich in die Kategorie fiel, die ein Peer-Review-Verfahren rechtfertigen könnte. Mir wurde gesagt, dass ein Dutzend Fälle nach dem Zufallsprinzip ausgewählt und von einem anderen orthopädischen Chirurgen überprüft werden würden.
Einige Monate später wurde ich wieder ins Büro gerufen und erfuhr, dass die Überprüfung meiner Fälle abgeschlossen sei und einige von ihnen als „unterdurchschnittlich“ eingestuft worden waren. Ich bat um einen Einblick in diese Fälle, aber mir wurde mitgeteilt, dass dies nicht gestattet sei. (Später fand ich heraus, dass diese Vorgehensweise nicht richtig war; es hätte mir erlaubt sein müssen, Klarstellungen zu den überprüften Fällen abzugeben.) Ich fand auch heraus, dass der Prüfer meiner Fälle zufällig bei unserer Konkurrenzpraxis am anderen Ende der Stadt beschäftigt war. Deshalb äußerte ich meine Besorgnis darüber, dass es einem direkten finanziellen Konkurrenten erlaubt wurde, meine Fälle zu überprüfen. Die Verwalter stimmten zu, dass ein möglicher Interessenkonflikt bestehen könnte und dass sie meine Fälle an ein unabhängiges externes Überprüfungsunternehmen schicken würden. Mir wurde mitgeteilt, dass die meisten der aufgezeigten Probleme die Dokumentation meiner Unterlagen betrafen, und mir wurde versichert, dass ich mir wahrscheinlich keine Sorgen zu machen brauchte. Ich ging wieder an die Arbeit und kümmerte mich um die Patienten.
Nach einigen Monaten erhielt ich eine Nachricht von der Klinikleitung, dass ich für den nächsten Tag meine Behandlungen und alle anstehenden Operationen absagen und mich am Nachmittag mit dem Verwaltungsleiter treffen sollte. Dieser überreichte mir eine Kopie des Berichts des externen Gutachters, der eine kurze Aufstellung der ausgewählten Fälle, jedoch keine weiteren Informationen oder Einzelheiten enthielt. Der Bericht listete mehrere Mängel in meiner Behandlung auf und stellte fest, dass ich mehrfach Operationen durchgeführt hatte, die nicht indiziert, schlecht dokumentiert oder anderweitig problematisch waren. Als ich den Bericht las, rutschte mir das Herz in die Hose, und ich verfiel in einen Schockzustand. Mir wurde mitgeteilt, dass meine Krankenhausprivilegien mit sofortiger Wirkung bis zur formellen Überprüfung durch einen Ausschuss ausgesetzt wurden.
Wie Sie sich vielleicht vorstellen können, ist eine solche Überprüfung unglaublich stressig und emotional anstrengend. Am nächsten Tag fragte mich der Personalleiter des Krankenhauses, der im Ausschuss sitzen und über mein Schicksal entscheiden würde, ob ich mich mit ihm zum Frühstück treffen und über meine Bedenken sprechen wolle. Er teilte mir mit, es sei auf der Grundlage dieses externen Überprüfungsberichts beinahe garantiert, dass ich suspendiert würde. Dann schlug er mir vor, einen Brief an den Ausschuss zu schreiben, in dem ich in der Hoffnung auf ein besseres Ergebnis die Verantwortung für meine Fehler auf mich nehmen sollte. Immer noch völlig benommen und geschockt willigte ich ein, den Brief zu schreiben, und tat, was er vorschlug, da ich dachte, er wolle nur mein Bestes.
Völlig deprimiert fuhr ich zum Grand Canyon hinaus, um mich mit meiner Freundin zu treffen. Ich verbrachte die nächsten Tage in einem zombiehaften Zustand, während ich auf das Ergebnis des Komitees wartete. Wie erwartet verkündete der Ausschuss das Suspendierungsurteil. Mir wurde gesagt, dass es eine sehr schwierige Entscheidung gewesen sei, weil alle Mitglieder, die mich kannten und mit mir gearbeitet hatten, mich immer sehr sympathisch gefunden und nie Probleme mit meiner Patientenversorgung bemerkt hatten. Der Ausschuss setzte sich jedoch aus Ärzten verschiedener nichtorthopädischer Fachrichtungen zusammen, die sich ausschließlich an die Informationen im Bericht hielten. Per Konferenzschaltung hatte dem Ausschuss ein orthopädischer Berater zur Verfügung gestanden. Wie ich erfuhr, war dieser Berater aber ein weiteres Mitglied der konkurrierenden Praxis in unserer Stadt.
Zunächst akzeptierte ich mein Schicksal und teilte dem Krankenhaus mit, dass ich die Ergebnisse nicht anfechten würde. Die nächsten Wochen verbrachte ich zu Hause und versuchte herauszufinden, was zum Teufel ich mit meinem Leben anfangen sollte. Als mein Schockzustand jedoch nachließ, wurde ich langsam wütend. Ich beriet mich mit einem Anwalt und reichte einen Antrag auf eine faire Anhörung ein, um ohne den Einfluss direkter finanzieller Konkurrenten fortfahren zu können.
Mein Anwalt bat darum, uns Zugang zu allen Aufzeichnungen der Überprüfung zu gewähren, auf die sich der Suspendierungsbeschluss stützte. Als ich diese Aufzeichnungen und den Bericht endlich prüfen konnte, war ich schockiert, weil ich sofort erkannte, dass der unabhängige Gutachter zahlreiche eklatante Fehler gemacht hatte und eindeutig durch den ursprünglichen Bericht meines Konkurrenten aus der Stadt beeinflusst worden war. Dieser Bericht war keine unabhängige Prüfung. Ich war natürlich sehr verärgert, aber zumindest konnte ich nun darauf hinweisen, wo in dem Bericht Fehler gemacht worden waren.
Als der Tag meiner Anhörung endlich kam, hörte ich schweigend zu, als das Krankenhaus seinen Fall vorstellte. Sie spielten die Tatsache herunter, dass die externe Überprüfung das entscheidende Beweisstück gewesen war, das den Ausschuss letztlich dazu veranlasst hatte, mich zu suspendieren. Das Krankenhaus behauptete, ich hätte das Wort „Bullshit“ einmal in einer E-Mail verwendet, und daher würde die Verwaltung mich ungeachtet des externen Berichts suspendieren. Diese Behauptung stand in völligem Widerspruch zu dem, was mir die ganze Zeit gesagt worden war. Es schien, dass das Krankenhaus sehr wohl wusste, dass der Bericht totaler Müll war. Deswegen versuchten sie so zu tun, als sei er nur von minimaler Bedeutung. Ich war sehr frustriert von dieser Stellungnahme.
Als ich schließlich meine Sicht des Falls vortragen durfte, zerlegten mein Anwalt und ich die Integrität des Berichts des externen Gutachters. Am Ende der Anhörung wurde mir mitgeteilt, dass der Anhörungsbeauftragte bis Ende des Monats einen Abschlussbericht erstellen würde. Für den Rest des Monats überprüfte ich daraufhin jeden Tag ängstlich die Post. Als die Ergebnisse schließlich eintrafen, riss ich den Umschlag auf und begann zu lesen. Die Auswertung räumte ein, dass der Bericht des unabhängigen Gutachters falsch und problembehaftet war. Wir hatten gegen den Anhörungsbeauftragten Einspruch erhoben, weil er erst kurz vorher aus dem Arbeitsverhältnis mit meinem direkten finanziellen Konkurrenten ausgeschieden war. Genau dieser Mann erklärte nun, es sei klar, dass ich meinen Patienten „zu viel Entscheidungsfreiheit“ bei der Auswahl ihrer Behandlungsmöglichkeiten gelassen habe. Er kam zu dem Schluss, dass die Suspendierung durch das Krankenhaus rechtens sei. Ich bin immer noch völlig entgeistert über die Vorstellung, man könne einem Patienten „zu viel Entscheidungsfreiheit“ in Bezug auf seine medizinische Versorgung geben!
Es versteht sich von selbst, dass ich von diesem Ergebnis enttäuscht war. Kurze СКАЧАТЬ