Название: Die Geliebte des Mörders
Автор: Christian Macharski
Издательство: Автор
Жанр: Триллеры
isbn: 9783981663877
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„Hör mal“, rief Will ihr hinterher. „Bis auf Weiteres sind die beiden unsere einzigsten Gäste. Wir warten mit die große Eröffnung von ‚Wills Wald- und Wiesenparadies‘ noch, bis die wieder weg sind. Damit die was Ruhe haben.“
Marlene drehte sich am Treppenabsatz um und erwiderte: „Nee, das geht nicht. Morgen zieht noch ein Gast ein. Ein Schriftsteller, der hier arbeiten will. Den hab ich heute in der Kreisverwaltung getroffen und der ist ganz begeistert von ‚Haus Marlene‘.“
„Wie ‚Haus Marlene‘?“ Wills Augen zuckten nervös. „Was ist das denn für ein Name? Das hört sich ja an, wie ein unseriöses Etablissemeng! Ich denke, wir waren uns schon einig mit der Name. Und was ist das überhaupt für ein komischer Schriftsteller-Gast? Werd ich hier vielleicht auch noch mal wegen irgendswas gefragt?“
Kleinheinz, der ähnliche Eskalationen früher oft miterlebt hatte, griff sofort ein. „Beruhig dich, Will. Das ist doch überhaupt kein Problem, wenn hier noch ein Gast wohnt. Mach dir darüber keine Gedanken.“
Will schnaubte noch einmal laut, regte sich aber schnell wieder ab. Er nahm den Cognacschwenker vom Wohnzimmertisch und erhob ihn staatsmännisch. „Na dann, würde ich mal sagen: Liebe Frau Dingensmaier, lieber Peter. Herzlich willkommen in ‚Wills Wald- und Wiesenparadies‘.“
Der Preis der Freiheit
5
Sonntag, 7. Juni, 8.30 Uhr
Der mit viel Liebe gestaltete Frühstücksraum der Pension hatte es Hauptkommissar Kleinheinz besonders angetan. Will, Schlömer Karl-Heinz und dessen Schwager Horst, ein begnadeter Schreiner und Fensterbauer, hatten sich hier besonders viel Mühe gegeben. Will hatte sich dazu entschieden, den ehemaligen Vorraum zum Schweinestall, in dem früher das Futter angemischt wurde und der auf der rechten Seite an den Kuhstall grenzte, zum Speisesaal umzubauen. Das hatte den Vorteil, dass der Raum von der Küche aus gut zu erreichen war, um Marlene lange Wege zu ersparen. Zum anderen konnte mit einem einfachen Durchbruch ein Zugang zur Treppe nach oben geschaffen werden, sodass die Gäste von ihren Zimmern sofort in den Frühstücksraum gelangten. Die Einrichtung mit den vier rustikalen Eichentischen und den dazu passenden Stühlen mit Sitzkissen war weniger spektakulär als der besondere Clou, den Will sich hatte einfallen lassen. Er hatte in die Wand zum Kuhstall eine riesige Panoramascheibe einsetzen lassen, durch die man nun die Tiere beobachten konnte, quasi ein analoger Livestream aus der Welt der Landwirtschaft.
Kleinheinz stand mit einer Tasse Kaffee vor der Scheibe und sah den Kühen fasziniert beim Fressen zu. „Eine klasse Idee“, bemerkte er anerkennend, „und auch das Frühstück war 1A. Es wird nicht lange dauern, bis ihr eine Fünf-Sterne-Herberge seid. Ich hab vorhin mit Lilly gesprochen. Sie fühlt sich nicht nur sehr wohl hier, sondern sie hat auch zum ersten Mal seit Wochen durchgeschlafen. Das ist im Moment das Wichtigste. Sie muss dringend zur Ruhe kommen. Du kannst dir nicht vorstellen, was die Frau alles mitgemacht hat in den letzten Monaten.“
Will war ganz überrascht von der Leidenschaft, mit der Kleinheinz sprach. Er kannte ihn von früher eher als kühlen Analytiker, was ihn zu der Frage veranlasste: „Hör mal, Peter. Das ist mir gestern Abend schon aufgefallen. Du sagst immer Lilly für die Frau Dinglhuber. Bist du mit das Frollein am Pussieren? Ich mein, du hast dich ja auch für die beiden Zimmer mit die Verbindungstür entschieden. Wodrüber die Marlene sich übrigens gewundert hat, aber ich hab für die gesagt, dass ihr schließlich erst verlobt und noch nicht verheiratet seid.“
Kleinheinz wandte sich ihm zu und antwortete in seiner typisch nüchternen Art: „Wo denkst du hin, Will? Das ist ein rein professionelles Verhältnis, das uns verbindet. Ich bin verantwortlich für ihre Sicherheit und ich bin die einzige Person auf diesem Planeten, der sie überhaupt noch vertrauen kann. Die Frau lebt seit Wochen in ständiger Angst. Da ist nun wirklich kein Platz für romantische Gefühle. Ich glaub, du hast überhaupt keine Ahnung, wie traumatisiert Lilly ist. Ich bin froh, dass ich nach langer Zeit endlich eine Art Verbindung zu ihr hab aufbauen können.“
„Ja gut“, ließ Will nicht locker, „das ändert ja nix dadran, dass die Frau toll aussieht. Außerdem fängt die gerade ein neues Leben an. Warum denn nicht mit dir? Vielleicht wär das für dich genau das Richtige. Heiraten, eine Familie gründen …“
„Vom Heiraten bin ich geheilt“, lachte Kleinheinz bitter auf, „und mit Familie wird das bei mir nix mehr.“
„Wie jetzt?“, fragte Will überrascht.
„Vasektomie!“ antwortete Kleinheinz und grinste verschmitzt.
„Oh Gott“, erwiderte Will besorgt, „ist das eine Krankheit?“
Kleinheinz musste lachen. „Nein! Blödsinn. Ich hab mich sterilisieren lassen. Das ist alles.“
Will war sprachlos. Mehrfach versuchte er, anzusetzen, aber ihm fehlten einfach die Worte. Sterilisation! So etwas kannte er nur von Katzen. „Wie kannst du …“, begann er stotternd, „aber man kann sich doch als Mann nicht … Ich mein … Ist denn bei dir noch alles …?“
„Alles in bester Ordnung“, beruhigte Kleinheinz den konsternierten Landwirt. „Alles intakt. Keine Probleme.“
„Aber … aber“, vor lauter Scham begann Will zu flüstern, „ist das denn nicht besser, wenn die Frau wegen … also, wie soll ich sagen … sich um die Verhütung kümmert? Die können das doch viel besser.“
Kleinheinz’ Grinsen wurde immer breiter. „Will! Das ist doch heute überhaupt nix besonderes mehr. Ich sag mir einfach: Besser, man nimmt die Patronen aus dem Revolver, als dass man immer auf die Schutzweste schießt.“
Kleinheinz lachte. Will lächelte verkniffen, obwohl er den Vergleich nicht richtig verstanden hatte und das Thema generell nicht lustig fand. Dann wurde Kleinheinz wieder ernst. „Weißt du, Will, nach der Geschichte mit Bettina bin ich für immer durch mit Frauen. Eine feste Beziehung kommt für mich nicht mehr infrage. Das Feld überlass ich so Schnöseln wie diesem Schriftsteller.“
„Oh Mann“, nahm Will dankbar den Faden auf, der sie von dem unangenehmen Thema wegführte, „da hat die Marlene ja vielleicht ein Idiot angeschleppt.“
Will hatte seiner Frau am Vortag beim Check-in assistiert. Der neue Gast hieß Jesper Olsen-Meyerbrinck, was Will zu der Annahme veranlasste, dass er wahrscheinlich blutrünstige skandinavische Krimis schrieb. Auf der anderen Seite war der Mann Deutscher und stammte aus Hamm in Westfalen, wie Will dem Anmeldeformular entnehmen konnte. Ganz koscher war er ihm aber nicht. Vor allem dessen dandyhaftes Verhalten und die Tatsache, dass er bei den leicht sommerlichen Temperaturen einen Rollkragenpullover trug, hatten ihn misstrauisch gestimmt. „Ich hab dafür gesorgt, dass der eitle Fatzke das Zimmer ganz am Ende vom Flur bekommt, damit der euch nicht allzu oft überm Weg läuft“, sagte Will und nahm einen Schluck aus seiner Kaffeetasse. „So aufgeblasene Typen kann ich nämlich überhaupt nicht leiden. Gestern hat der sich der ganze Tag nicht sehen lassen und heute Morgen turnt der in aller Herrgottsfrühe hier unten rum. Ich hatte überhaupt keine Ruhe, wie ich mit der Zeitung auf dem Klo saß.“
„Ach, das wird sich schon alles einspielen“, sagte Kleinheinz. „Ich bin auf jeden Fall dankbar, dass du uns hier aufgenommen hast. Ich hatte wirklich ein furchtbar schlechtes Gewissen dir gegenüber, weil ich mich nie bei dir gemeldet habe.“
„Schwamm drüber“, sagte Will und erhob sich ächzend von seinem Stuhl, СКАЧАТЬ