Friedrich Engels. Jürgen Herres
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Название: Friedrich Engels

Автор: Jürgen Herres

Издательство: Автор

Жанр: Документальная литература

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isbn: 9783534272990

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      In einer Fortsetzung (17. Mai 1883) ging Engels zur Attacke auf diejenigen „kleinen Leute“ über, die aus dem „Tod eines großen Mannes […] politisches, literarisches und baares Kapital“ herausschlagen wollten.45 Das richtet sich zum einen gegen Johann Most, ein zum gewaltbereiten Anarchismus konvertierter ehemaliger sozialdemokratischer Reichstagsabgeordneter, der auf einer Gedenkfeier für Marx in New York für sich reklamiert hatte, das Kapital durch eine Kurzfassung populär gemacht zu haben.46 Zum anderen griff Engels den jungen italienischen Wissenschaftler Achille Loria an, der Marx nicht nur Zitatverfälschungen vorgeworfen, sondern auch unterstellt hatte, dass dieser nie vorgehabt habe, das Kapital fortzusetzen.

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      Wladimir Iljitsch Lenin (1870–1924), Juli 1920.

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      Johann Most (1846–1906), 1886.

       ERINNERUNGEN AN DIE 48ER REVOLUTION IN ZEITEN DES SOZIALISTENGESETZES

      Engels wollte eine Marx-Biographie oder eine Geschichte der IAA schreiben – beides gehörte für ihn insofern zusammen, als er die Tätigkeit in der IAA als Höhepunkt von Marx’ politischer Wirksamkeit betrachtete, und zudem er der einzige sei, der aufgrund eigener Kenntnis die grassierenden Verleumdungen widerlegen könne.47 Dazu ist Engels nicht gekommen; er hat nur 1884/85 Texte veröffentlicht, die sich auf Marx während der Revolution 1848/49 konzentrieren. Sie entstanden im Kontext einer publizistischen Offensive der Wochenzeitung Sozialdemokrat unter der Redaktion von Bernstein, der mit Engels in stetigem Briefkontakt stand, und des ebenfalls in der Schweiz gegründeten Verlags, der Volksbuchhandlung in Hottingen (bei Zürich) unter Leitung von Hermann Schlüter. Man wollte zum ausdauernden Widerstand gegen das Sozialistengesetz mobilisieren, richtete sich damit auch gegen diejenigen Teile der Partei48 und namentlich der Reichstagsfraktion, die angesichts des Verfolgungsdrucks zu Konzessionen an die Regierung bereit waren.

      Bernstein hat zum 1. Todestag von Marx (14. März 1884) bei Engels einen Artikel über „Marx und die Revolution“ erbeten und als mögliche Schwerpunkte 1848 oder die Pariser Kommune 1871 genannt. Engels entschied sich für die erste Variante, schrieb über „Marx und die ‚Neue Rheinische Zeitung 1848–49‘“,49 vermutlich weil es ihm darum ging, das Beispiel einer kämpferischen Zeitung vorzuführen. Engels gibt einige Informationen zur Geschichte der Zeitung: die handstreichartige Übernahme durch Marx, die Probleme mit den Aktionären, von denen viele wegen der Radikalität des Blattes wieder abgesprungen waren, die Auflagenhöhen, die autoritäre Führung durch Marx („die Verfassung der Redaktion war die einfache Diktatur von Marx“50), die als Notwendigkeit für eine Tageszeitung von allen Beteiligten akzeptiert worden sei. Ausführlich wird auch dargelegt, welchen Schutz für die Pressefreiheit das im Rheinland noch geltende französische Recht geboten habe.51 Abenteuerlich klingt, in der Festungsstadt Köln „mit einer Garnison von 8000 Mann“ habe das Militär „wegen der acht Bajonettgewehre und 250 scharfen Pistolen im Redaktionszimmer und der rothen Jakobinermützen der Setzer“ keinen Handstreich gegen diese „Festung“ unternehmen wollen.52 Die große Zeitung mit Anspruch auf Wirkung in Deutschland habe die äußerste Linke der demokratischen Bewegung repräsentiert, sei kein „kleines Winkelblättchen“ zur Verkündigung des Kommunismus gewesen.53 Ihr Programm habe aus zwei „Hauptpunkten“ bestanden: „Einige, untheilbare, demokratische, deutsche Republik und Krieg mit Rußland, der Wiederherstellung Polens einschloß“.54 Ersteres erforderte die Bekämpfung des „parlamentarischen Kretinismus“55 der Nationalversammlungen in Frankfurt und Berlin (wobei man von der deutschen von Anfang an nichts erwartet habe, die preußische aber besonders deren linken Flügel, da nicht radikal genug, kritisiert habe); letzteres die Propagierung eines revolutionären Krieges, ohne den es keine Zerschlagung des Habsburgerreiches und Preußens geben konnte. Das ist eine konzise Zusammenfassung der von Marx und Engels in ihren Leitartikeln verfolgten Politik, hinsichtlich des Krieges wohl mit einer Zuspitzung, die über die Wahrnehmung des damaligen Publikums hinausgeht.56

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      Die Freie Presse, 1848.

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      Das Heer der Reaktion, 1848.

      Neben der im Frühjahr 1849 immer stärker propagierten Hoffnung auf diesen großen Krieg und auf Volksaufstände in Deutschland habe man sich immer mehr „dem sozialen Ziel unserer Politik“ zugewendet, wie die Artikelserien von Wilhelm Wolff, „Die Schlesische Milliarde“57, und Marx, „Lohnarbeit und Kapital“58, sowie die „Abschiedsnummer“ (19. Mai) mit der Proklamation „Emanzipation der arbeitenden Klasse!“ gezeigt habe.59 Fazit: „Keine deutsche Zeitung, weder vorher noch nachher, hat je die Macht und den Einfluß besessen, hat es verstanden, so die proletarischen Massen zu elektrisiren, wie die Neue Rheinische“ – eine kontrafaktische Behauptung.60 Während Bernstein im Sozialdemokrat kleinere Stücke aus der NRhZ abdruckte,61 deren aktuelle Relevanz selbstevident sein sollte, wollte Schlüter in einer Schriftenreihe der Volksbuchhandlung („Sozialdemokratischen Bibliothek“) längere ältere Texte wieder veröffentlichen. Er begann mit Marx’ Verteidigungsrede in Köln (8. Februar 1849) gegeneine Anklage wegen des Aufrufs des Kreisausschusses der rheinischen Demokraten zur Steuerverweigerung (15. September 1848).62 Engels hat auf Schlüters Wunsch ein Vorwort geschrieben.63 Die Broschüre erschien im Oktober 1885 unter dem Titel: Karl Marx vor den Kölner Geschwornen. In dem Prozess, der mit Freispruch für die Angeklagten geendet hatte, hatte Marx die Anklage rhetorisch gegen die preußische Regierung gewendet, die mit dem Vorgehen gegen die preußische Nationalversammlung Rechtsbruch begangen habe. Engels begnügte sich damit, auf die aktuellen Implikationen hinzuweisen: Bekenntnisse zur Legalität von einer Partei zu fordern, die unter Ausnahmerecht gestellt sei, sei „grundkomisch“.64

      Parallel dazu hatte Schlüter den Nachdruck von Marx, Enthüllungen über der Kommunisten-Prozeß zu Köln, geplant. Marx hatte in seiner Darstellung des Verfahrens gegen tatsächliche oder vermeintliche Mitglieder des BdK, das im November 1852 (zu seiner und der Öff entlichkeit Überraschung) mit der Verurteilung von sieben (von elf) Angeklagten geendet hatte,65 die Rechtsbrüche der preußischen Polizei angeprangert, zugleich aber der anderen, von August Willich und Karl Schapper geführten Fraktion des seit September 1850 gespaltenen BdK Zusammenarbeit mit der preußischen Polizei unterstellt. Die Schrift war in Basel und Boston 1853 gedruckt worden, in Deutschland wegen Beschlagnahmungen aber nicht zugänglich gewesen. Ein Nachdruck war 1874/75 erfolgt im Hinblick auf die schon damals (noch vor dem Sozialistengesetz) stattfi ndenden Repressalien gegen beide sozialdemokratische Parteien. Für die erneute Aufl age wurde wieder mit Engels ein Vorwort vereinbart. Er schrieb es Ende September / Anfang Oktober 1885. Es wurde noch im Oktober in drei Folgen im Sozialdemokrat veröff entlicht, anschließend in der Buchausgabe, die Anfang 1886 ausgeliefert wurde.

      Noch einmal das Off ensichtliche hinsichtlich der Parallelen zur Gegenwart zu betonen, hätte wenig Sinn gemacht. Engels schrieb deshalb „Zur Geschichte des ‚Bundes der Kommunisten‘“.66 Er begann mit der Vorläuferorganisation, dem „Bund der Gerechten“, schilderte die Pionierrolle von Wilhelm Weitling (und auch dessen spätere „Exkommunikation“), hob die Rolle der neuen Londoner Führung dieser Organisation (Karl Schapper, Heinrich Bauer, Joseph Moll – die „ersten revolutionären Proletarier, die ich [1843] sah“67) hervor und ihre Verhandlungen mit Marx und Engels 1847, die schließlich zur Umgründung in den Bund der Kommunisten geführt СКАЧАТЬ