Übergewicht und Krebs. Prof. Dr. Hermann Delbrück
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СКАЧАТЬ Nierenkrebs

      Tabakkonsum, Bluthochdruck und vor allem Übergewicht zählen zu den bedeutendsten Risikofaktoren. Laut dem Deutschen Krebszentrum liegt bei fast der Hälfte aller Nierenkrebserkrankungen ein Zusammenhang mit früherem Übergewicht vor (BMI > 25 kg/m2) vor (Behrens et al 2018, Canioto et al 2017, Landberg et al 2019). Metaanalysen gehen bei Übergewichtigen von einem bis zu 77 % höheren relativen Erkrankungsrisiko aus, verglichen mit Normalgewichtigen (Canioto et al 2017, Behrens 2018). Übergewicht als Risiko wird in seiner Gefährlichkeit nur noch vom Tabakkonsum und dem Hippel-Lindau-Syndrom übertroffen.

      Übergewicht im jugendlichen Erwachsenenalter hat, laut Analysen der Tauglichkeitsuntersuchungen bei 238.788 schwedischen Rekruten zwischen 1952 und 1960 einen Einfluss (Landberg 2019). Danach sollen 6 % mehr Nierenkrebserkrankungen bei den bei der Eingangsuntersuchung übergewichtigen Wehrpflichtigen später aufgetreten sein.

      Alkoholkonsum, Diabetes und Bewegungsarmut sind weitere nachweisbare Risikofaktoren, die aber bei weitem nicht so eindeutig sind wie Übergewicht.

      Kommentar und Empfehlungen: Warum es bei Übergewichtigen besonders häufig zur Entstehung eines klarzelligen Gewebetyps kommt (Lowrance et al 2009) und wieso übergewichtige Frauen stärker gefährdet sind als Männer, bleibt unklar.

      Kommentar zur Relevanz der Krebsvorsorge-Früherkennung: Nierenkarzinome haben bei Übergewichtigen zugenommen. Einige Experten meinen allerdings, es handle sich hierbei nur um eine scheinbare Häufigkeitszunahme, da man die Karzinome im Fettgewebe der Niere bei der heute allgemein routinemäßig praktizierten Ultraschalluntersuchung besser erkenne (Colli et al 2009, Tsivian et al 2017).

       Viele der zufällig entdeckten Nierentumore sind latent, wachsen langsam und haben ein geringes Malignitätsrisiko. Zur Vermeidung einer Überbehandlung wird bei kleinen Tumoren eine aktive Überwachung (avtive surveillance) empfohlen, der allerdings eine bioptische Abklärung vorausgehen sollte.

       Leukämien, Lymphome, Myelome

      Übergewicht ist ein Erkrankungsrisiko für nahezu sämtliche bösartigen Blut- und Lymphdrüsenerkrankungen, die dann auch ungünstiger verlaufen. Die Epidemiologen des DKFZ gehen davon aus, dass bei etwa 10 % aller Leukämiepatienten (sowohl bei akuter als auch chronischer Leukämie) ein ursächlicher Zusammenhang mit Übergewicht (BMI > 25kg/m2) besteht (Behrens 2018). Rückfälle und Therapiekomplikationen sind bei Übergewicht häufiger, Krebstherapien sind weniger wirksam (Meenan et al 2018, Abar et al 2019).

      Kinder mit hohem Geburtsgewicht erkranken häufiger an akuter lymphatischer Leukämie (Groves, F.D. et al 2018). Laut dem kanadischen Krebsregister sollen Übergewichtige grundsätzlich – unabhängig von der Bösartigkeit – ein deutlich höheres Risiko für Non-Hodgkin-Lymphome und Myelome haben: (HR = 1,62) (Marinac et al 2018).

      Kommentar und Empfehlungen: Dass Zytostatika bei dicken Kindern schlechter wirken, könnte an der ungleichen Fettverteilung und dem daher niedrigeren Zytostatikaspiegel im Blut liegen. Fettlösliche Chemotherapeutika lassen sich deshalb auch schwerer dosieren.

       Hautkrebs

      Gesicherte und vermutete Risiken für den schwarzen Hautkrebs „Melanom“ (X = wahrscheinlich erhöht, XX = doppelt so hoch, XXX = mehr als doppelt so hoch, XXXX = sehr hohes Risiko)

Ein wiederholter Sonnenbrand, speziell im Kleinkindesalter:XXX
Hellhäutige Menschen mit blondem und/oder rotem Haar:XX
Eine hohe Anzahl von Mutter- oder Pigmentmalen am Körper (mehr als 40). Je größer sie sind, desto höher ist das Erkrankungsrisiko:XX
Starkes Übergewicht für den weißen Hautkrebs:XXX
Übergewicht für den schwarzen Hautkrebs:X?
Atypische Pigmentmale (unregelmäßige Form und unscharfer Rand, verschiedenfarbig und fleckig):XX
Veränderung der Größe, Farbe, Form und Dicke von „Muttermalen“:XXXX
Familiäre Häufung:XX
Starker Alkoholkonsum (> 20 g/Tag), besonders für Weißwein bei weißem Hautkrebs (HR = 1,23, Rivera, A et al):X?

      Die gefährlichste Form von Hautkrebs ist das Melanom (auch schwarzer Hautkrebs genannt). Wesentlich häufiger – aber weniger gefährlich –sind der weiße Hautkrebs (Basalzellkarzinom und Spinaliom/Stachelzellkarzinom). Sie entstehen vorwiegend auf Hautpartien, die den UV-Strahlen ausgesetzt sind. Melanome entwickeln sich dagegen oft auch an Körperstellen, die dem Sonnenlicht weniger ausgesetzt sind.

      Für das Melanomrisiko sind vorrangig Sonnenbrände – speziell in der Kindheit – ein hoher Risikofaktor.

      Ob Übergewicht und Körpergröße – neben der Einwirkung von UV-Strahlen – ein Risikofaktor für den schwarzen Hautkrebs sind, wird von Experten unterschiedlich gesehen (Sergentanis et al 2012, Mc Quade et al 2018). Für den weißen Hautkrebs bedeutet starkes Übergewicht ein hohes Risiko.

      Kommentar und Empfehlungen: Die Arbeitsgemeinschaft Dermatologische Prävention warnt, dass das Melanomrisiko für Menschen unter 35 Jahren um 60 % steige, wenn sie pro Monat einmal ins Solarium gehen. Wer vor seinem 25. Geburtstag Solarien frequentiert, erhöht sein Risiko für weißen Hautkrebs um mehr als 100 % (Behrens 2018).

       Die wichtigste Vorbeugung ist der Schutz vor UV-Strahlen. Kinder und Jugendliche sowie Menschen mit krankheits- oder medikamentös bedingter Immunschwäche sind besonders gefährdet. Bestimmte Medikamente (z. B. Tetracycline, Akne-Mittel und Immunsuppressiva) erhöhen die Gefahr.

       Schatten, Kopfbedeckungen, lichtdichte Kleidung und Sonnenschutzmittel reduzieren das Hautkrebsrisiko. Nützlich sind Sonnenschutzmittel mit einem Lichtschutzfaktor von 15 bis 25. In den Bergen ist ein noch stärkerer Sonnenschutz (LSF 50+) notwendig. Die Cremes sollten auch auf die bekleideten Partien aufgetragen werden. Die präventive Wirkung von Sonnenschutzmitteln ist - im Gegensatz zum weißen Hautkrebs - hinsichtlich der Entstehung des malignen Melanoms noch weitgehend ungeklärt und keinesfalls so sicher wie allgemein behauptet.

       Nach skandinavischen Studien führt eine signifikante Gewichtsabnahme nach einer bariatrischen Operation zu einer Reduzierung des weißen Hautkrebsrisikos (Taube et al 2020).

      Kommentar zur Relevanz der Krebsvorsorge-Früherkennung: Die gesetzlichen Krankenkassen bieten Frauen und Männern, die älter als 35 Jahre sind, alle zwei Jahre eine standardisierte Untersuchung (Hautkrebs-Screening) an. Die Auflichtmikroskopie / Dermatoskopie ist kein Bestandteil dieser -Früherkennungs-Untersuchung, da sie angeblich die Früherkennung nicht verbessert. Die Kosten hierfür werden deswegen von den Krankenkassen nicht erstattet.

       Seit 2008 (dem Jahr der Einführung der gesetzlichen Hautkrebsvorsorge) ist die Anzahl dokumentierter weißer Hautkrebs-Neuerkrankungen in Deutschland von 144.000 auf 224.000 (2015) gestiegen. Diese Erfahrung spricht gegen die in der Bevölkerung herrschende Vorstellung, dass Vorsorge-Untersuchungen Krebs verhindern. Das Gegenteil kann zumindest bzgl. der dokumentierten Krebsfälle der Fall sein.

       Ob Hautkrebs-Vorsorge-Untersuchungen die Sterblichkeit verringern, kann kaum beurteilt werden, da der weiße Hautkrebs sehr selten tödlich verläuft. Was den wesentlich bösartigeren schwarzen Hautkrebs betrefft, so verläuft dieser – auch unbehandelt – sehr unterschiedlich. Seit einigen Jahren gibt es wirksamere Medikamente gegen diese Krebsart, gegen die man früher machtlos war. Ob die Medikamente heilsam bei einer Früherkennung wirken, muss noch abgewartet werden.

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