Des Rates Schreiber - Chemnitzer Annalen. Gerd vom Steinbach
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Название: Des Rates Schreiber - Chemnitzer Annalen

Автор: Gerd vom Steinbach

Издательство: Автор

Жанр: Историческая литература

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isbn: 9783969405161

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СКАЧАТЬ Vorbehalte gegen die neureichen Händler nicht bestätigen und so führt ihn sein Schritt in Richtung Nikolaitor. Die Häuser sind bis an die Gasse herangebaut und reihen sich ohne Zwischenraum aneinander, so dass der Blick in die dahinterliegenden Gärten verwehrt bleibt. Einige Händler haben die Fassaden mit Hofeinfahrten durchbrochen, welche die Aussicht auf die gepflasterten Innenhöfe und die Hinterhäuser ermöglichen. Die bedauernswerten Bewohner dieser Häuser müssen sich offensichtlich mit nur vereinzeltem Grün zufriedengeben, das sich nur mit Mühe gegen das Grau und Braun der Steine durchsetzt. Ruprecht wird klar, dass dies der Tribut ist, den die Händler zu leisten haben, um ihre Warenlager in angemessener Größe zu errichten.

      „Gibt es in Preschers Tischlerei nichts zu tun, dass der Herr Sohn am helllichten Tage träumend durch die Stadt schlendert und Maulaffen feilhält?“ Hans von Pirne aus dem Chemnitzer Gässchen ist ihm unbemerkt in den Weg getreten, so dass Ruprecht den alten Leinenhändler um ein Haar angerempelt hätte.

      „Entschuldigt nur, Meister Hans, ich war etwas in Gedanken.“

      Der Alte blickt ihm prüfend ins Gesicht und zieht sehr bedeutungsschwanger die Brauen in die runzlige Stirn. „Das habe ich gesehen, mein Junge. Und sehr lustig waren die Gedanken eher nicht, wie?“

      „Ach was, ich habe nur überlegt, wie arm die Fernkaufleute dran sind, dass sie für ihre Warenlager jedes Grün im Hofe opfern müssen. Wie gut wir es haben, einen Garten hinter dem Haus unser Eigen zu nennen.“ Ruprecht weist auf das offene Tor neben sich und der Leinenhändler stimmt ihm zu. „Das mag richtig sein, aber man kann im Leben nicht alles haben. Vor der Stadt, in der Niklasgasse, da kann man sich neben den Lagerhäusern einen Garten zur Erbauung leisten. In der Stadt ist ein solcher Luxus viel zu teuer. Dafür ist man hinter der Stadtbefestigung aber viel besser geschützt. Nun frage mich, was ein Händler vorzieht. Was meinst du, warum ich im Chemnitzer Gässchen mein Geschäft aufgeschlagen habe und nicht weiterhin in der Johannisvorstadt sitze?“

      „Ich dachte, weil das Geschäft nicht mehr so gut läuft und Ihr Euch zur Ruhe setzen wollt, weil Ihr zu alt seid?“

      „Damit kannst du ihm doch nicht kommen, Tischlergesell’! Der Hans meint, noch jung zu sein, auch wenn bei jeder Bewegung die Gelenke knacken, als müssten sie gleich bersten. Im Übrigen laufen seine Geschäfte so gut wie eh und je.“ Schmunzelnd tritt der Mathis Arnold an die zwei heran. Er ist in Ruprechts Alter, hat aber schon Weib und Kind. Als Hufschmied verfügt er an der Westseite des Rossmarktes über einen nur allzu günstigen Standort für sein Geschäft. Wenngleich recht jung an Jahren, hat er als Meister in seinem Handwerk einen guten Ruf und wie es heißt, soll er demnächst gar als der jüngste Ratsherr seit Menschengedenken ein gewichtiges Wörtchen in der Stadt mitreden. Trotzdem ist er als umgänglicher Mensch allgemein sehr beliebt und keine Hoffart ist ihm nachzusagen.

      „Verzeiht, wenn ich mich einmische, während ihr vertraut plaudert. Aber ich hörte, dass der Herr von Pirne alt genannt wurde, was ja wohl überhaupt nicht sein kann. Derer von Pirne sind immer in den besten Jahren, auch wenn sie mit schlohweißen Haaren nicht mehr die Treppe herabkommen, so wie seinerzeit der Vogt im Hohen Turm.“

      Jedem anderen hätte der Alte die Lästerei wohl verübelt, nicht aber dem jungen Schmiedemeister. „Lass mir meine Ahnen in Ruhe, du Lästermaul. Wenn der Vogt damals hätte die Treppe hinuntergekonnt, er hätte deinem Ahnen fürderhin das Schmieden verboten, denn der hat sicher des Teufels Fuß beschlagen.“

      Die beiden Männer lachen lauthals über ihren Scherz, während Ruprecht still den Disput der zwei verfolgt. So sieht also Erfolg aus: der Alte hat einen guten Handel betrieben, der eine große Familie zu ernähren vermochte, während der Junge nach denkbar kurzer Gesellenzeit schon den Meisterbrief erwarb und den Betrieb des Vaters übernahm. Was aber hat er selbst vorzuweisen? Der Vater übergibt die Tischlerei an den Zweitgeborenen, weil er selbst als der eigentliche Erbe nicht für das Handwerk taugt! Wofür ist er überhaupt gut auf dieser Welt?

      „Hier sind wir, Ruprecht, hier! Nimmst du uns überhaupt wahr oder träumst du derweil von lockeren Jungfern?!“ Erschrocken blickt Ruprecht auf seinen Freund Mathis, der ihn am Ärmel zupft. „Bist du jetzt wieder da? Was lässt dich denn ringsum die Welt vergessen?“

      Verlegen wischt sich Ruprecht die Nase. „Was ist es verwunderlich, dass die Gedanken abschweifen. Als Handwerksmeister komme ich nicht in Frage, denn ich scheine das Missgeschick gepachtet zu haben. Was auch immer ich beginne, es endet für mich in einer Katastrophe. Gestern habe ich mich fast mit einem Stemmeisen erstochen! Jetzt will mein Vater die Tischlerei an den Paul übergeben und ich soll Stadtschreiber werden.“

      Überrascht blickt Hans von Pirne auf. „Nanu, Ruprecht, woher weiß dein Vater, dass wir einen neuen Stadtschreiber suchen wollen? Wir sind uns im Rat noch gar nicht einig darüber geworden. Da muss einer von den Ratsherren geschwätzt haben!“

      „Was weiß ich, ob da einer geschwätzt hat. Aber mein künftiger Herr Schwiegervater will mich gern auf dieser Stelle sehen und da muss er mir gegenüber etwas verlauten lassen, nicht wahr?“

      „Da magst du recht haben. Wessen Tochter willst du zum Weib nehmen?“

      Ruprecht zuckt mit den Schultern. „So fragt man Leute aus. Ihr werdet es schon rechtzeitig merken. Wichtiger scheint mir, dass Ihr als Ratsherr meine Bewerbung unterstützt. Ich glaube, ich kann dabei jede Unterstützung gebrauchen.“

      Der Schmied schlägt dem verhinderten Tischler betont sachte auf die Schulter. „Also eines muss ich sagen: Dein Vater hat unbedingt recht. Du wirst nie ein guter Meister sein können. Bei jedem Stück, welches du anfängst, brauchst du einen Medikus, der dich wieder zusammenflickt. Hast du überhaupt schon ein Möbelstück fertiggestellt, wo nicht dein Blut dran klebt?“

      Wütend will Ruprecht das Weite suchen, denn das Gesagte ist ein wenig arg übertrieben. Mathis jedoch hält ihn zurück. „Sei nicht gleich beleidigt, ich habe nicht gesagt, dass du Schund herstellst. Das wäre gelogen. Und dass du dich oft verletzt, ist nicht zu leugnen. Aber Schreiben und Rechnen kannst du viel besser als jeder andere in der Stadt, weswegen es nur recht und billig ist, dich zum Schreiber zu machen. Wie mir zu Ohren kam, versuchst du dich sogar beim Herrn Pfarrer im Latein. Herr von Pirne, Ihr solltet unbedingt für den Ruprecht Prescher im Rat eintreten. Vielleicht wäre das erholsam für das Stadtsäckel, wenn Ruprechts Gewissenhaftigkeit und die Steuerrechnung aufeinanderträfen?“

      Der alte Leinenhändler blickt pfiffig auf die beiden Freunde. „Geschickt stellt ihr beiden es an, andere für eure Ziele einzuspannen. War das von vornherein so geplant oder hat sich dieses Geplänkel tatsächlich so ergeben? Aber wie dem auch sei, die Idee scheint mir von Vorteil für die Stadt und ich werde sie sofort dem Herrn Bürgermeister vortragen, zumal ich ohnehin auf dem Weg zu ihm bin. Gänzlich ungeeignet erscheint mir der Prescher-Junge nicht. Mit Worten weiß er umzugehen und als Schreiber hat er das Interesse der Stadt in fremden Mauern zu vertreten. Ich will es also vortragen, nur versprechen will und kann ich nichts.“

      Überschwänglich ist Ruprecht versucht, dem Alten zu danken, doch der winkt energisch ab und wendet sich betont eilig der Gasse „Im kleinen Sessel“ zu, die ihn zum Holzmarkt führt und dann weiter zum Markt mit dem Rathaus.

      Mathis schmunzelt seinen Freund an. „So haben sich dein Vater und dein künftiger Schwiegervater den Werdegang vermutlich nicht vorgestellt. Nun ist denen gewissermaßen das Zepter des Handelns aus der Hand genommen. Der Hans von Pirne ist der verkörperte Tatendrang. Oh, die langen Gesichter der beiden hätte ich gern gesehen.“

      Ruprecht knufft ihn in die Seite. „Als Schmied bist du gut, als Hufschmied noch besser, aber am besten verstehst du dich offenbar auf das Ränkeschmieden. Wenn ich nun lieber im Kontor des Kupferschmiedehammers vor der Stadt arbeiten würde?“

      „Erzähle СКАЧАТЬ