Название: „… dass die Welt zwischen den Liebenden verbrannt ist“
Автор: Richard A. Huthmacher
Издательство: Автор
Жанр: Историческая литература
isbn: 9783959637633
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Schließlich bleibt anzumerken, dass die Ausführungen im Folgenden teilweise oder in Gänze früheren Texten des Autors entnommen wurden – deshalb bezüglich sich verändernder Fakten nur für den Zeitpunkt der vormaligen Drucklegung aktuell sind; zur Erhaltung der Authentizität erfolgte eine Ajourierung absichtlich nicht –, gleichwohl als Zusammenfassung seines literarischen Schaffens, mehr noch: als Quintessenz seines eigenen Lebens und des Da- und In-der-Welt-Seins vieler anderer figurieren.
Der werte Leser möge somit sämtliche Bände der vorliegenden Reihe: EIN LESEBUCH AUS DER ALTEN ZEIT: ZWISCHENBILANZ ODER SCHON DAS FAZIT? als eine Werkausgabe in eigener Sache betrachten, dabei erachten, dass nicht jeder einen Max Brod zum Freund hat. Ob er nun Kafka heißt oder auch nicht.
JEDER STIRBT FÜR SICH ALLEIN – QUIDQUID LATET APPAREBIT
Durch Deine Liebe neu beseelt
fühl ich des eignen Wesens Weiten
Durch Deine Liebe neu belebt
werd ich zu unbekannten Ufern schreiten Durch Deine Liebe
neu erfüllt mit Hoffnung welcher Angst
bereits die Flügel lähmte Durch Dei-
ne Liebe meiner Seele bleiche Son-
ne ihr dürftig Labsal dennoch einzig
ewig Wonne
Ihre Augen strahlten geradezu. Groß. Blau. Ihr Gesicht schien milde zu lächeln. Wollte sie im Sterben denen vergeben, die ihr so viel Leid angetan hatten? Mit offenen Augen lag sie auf dem Sterbebett, in den gefalteten Händen einen grotesk anmutenden Lorbeerkranz. Aus Plastik. Der lässt sich wiederverwenden. Man muss sparen in den Palliativstationen und Hospizen, die nur durch Spenden finanziell überleben. Denn unheilbar Kranke und Sterbende sind nicht viel wert in unserer Gesellschaft. Jedenfalls so wenig, dass man ihnen häufig kein Blut mehr transfundiert. Viel zu teuer. Stattdessen erhalten sie Morphin-Präparate. Viel billiger. Die nehmen ihnen zwar nicht die Luftnot, letztendlich ersticken die Sterbenden. Aber beim Ersticken empfinden sie – so jedenfalls wird behauptet – keine Schmerzen. Denn sie werden ja mit hochwirksamen Schmerzmitteln behandelt. Kann man das als Euthanasie bezeichnen: εὐθανασία; eu gut; thánatos: der Tod – ein guter Tod?
Reinhard betrachtete ihr Gesicht, das nur noch aus Haut bestand, welche den knöchernen Schädel überspannte, und musste unweigerlich an einen Schrumpfkopf denken. An den eingeschrumpften Kopf eines getöteten Menschen. In der Tat: getötet hatte man seine Frau. Ohne dass irgendjemand außer ihm aufgeschrien hätte.
Ähnlich bizarre Gedanken wie der Vergleich mit einem Schrumpfkopf kamen Reinhard fortwährend in den Sinn. So dachte er an Hölderlin und dessen über alles geliebte Susette. Welche er, Hölderlin, vom Totenbett gerissen, in seinen Armen gehalten, in unsäglicher Verzweiflung umher geschleppt, durchs Totenzimmer geschleift hatte. Bis man ihn gewaltsam entfernte. Im Nachhinein wusste Reinhard nicht mehr, ob auch er seine Maria in schierer Verzweiflung aus dem Bett gezerrt und in den Armen gewiegt hatte; jedenfalls konnte er sich deutlich an ihren ausgezehrten Körper erinnern, an ihre Arme, die nur noch knöcherne Röhren, an ihre Rippen, die so spitz waren, dass er sich daran geradezu hätte stechen können.
Ihm fiel ein, dass man Maria eine parenterale Ernährung verweigert hatte. Um ihren Leidensweg zu verkürzen. Angeblich. Hatte man sie schlichtweg verhungern lassen? Denn parenterale Ernährung ist teuer. Und muss man vorhandene Ressourcen nicht vornehmlich denen zugutekommen lassen, die sich, im Gegensatz zu unheilbar Kranken und Sterbenden, noch an der Gesellschaft „verdient“ machen können?
In diesem Moment schämte sich Reinhard geradezu, dass er zu den Mitbegründern der Hospizbewegung in Deutschland gehörte, die sich in den Achtziger–Jahren des vergangenen Jahrhunderts etablierte. Maßgeblich beeinflusst, getragen von den wunderbaren Gedanken einer Elisabeth Kübler-Ross, die in ihrem eigenen Sterben so alleine war wie ein verjagter räudiger Hund.
Er wollte sich indes nicht wie Hölderlin in den Irrsinn flüchten. Seine Feinde würden sich vor Freude auf die Schenkel schlagen. Zumal sie ohnehin versuchten, ihm eine psychische Erkrankung anzudichten. Um ihn, den kritischen Arzt, den unliebsamen Querdenker, den Renegaten, der immer wieder seinen Finger in die Wunden des Medizinbetriebs legte, aus dem Verkehr zu ziehen. Mundtot zu machen. Hinter Psychiatrie-Mauern verschwinden zu lassen. Für immer und ewig.
Gleichwohl schrie er auf ob der Verbrechen, die an seiner Frau und ihm begangen wurden. Indes: Zu groß war die Feigheit derer, die davon wussten, jedoch nichts taten – „Freunde“ ebenso wie Amnesty international („in Deutschland können Sie doch die Gerichte bemühen, wir leben schließlich in einem Rechtsstaat“), Human Rights Watch (die sich nicht einmal die Mühe machten, ihm zu antworten) geradeso wie investigative Journalisten oder Künstler und Schriftsteller. Von Wecker bis Walser, von Wallraff bis Grass oder Jelinek.
Seine Presseerklärungen waren Legion, interessiert hatten sie (fast) niemand. Einmal wollte das Schweizer Fernsehen ein Interview mit ihm senden. Kurz vor dessen Ausstrahlung wurde der zuständige Ressortleiter ohne Angabe von Gründen gefeuert. Das Geld der Anzeigen-Auftraggeber war zu wichtig, der politische Einfluss „von oben“ zu groß, sein „Vergehen“ (Krebskranken für wenig Geld zu helfen) zu verwerflich, als dass sich eine helfende Hand gerührt hätte. U.a. hatte er den folgenden Aufruf verfasst – ohne jegliche Reaktion der Angesprochenen:
Öffentlicher Aufruf
Ich bin vorm. Chefarzt und Ärztlicher Direktor. Und habe u.a. neue, alternative Methoden der Krebsbehandlung entwickelt. Die erfolgreich, den Patienten schonend und zudem extrem kostengünstig sind.
Dadurch störe ich die Kreise derer, die durch die Medizin möglichst viel Geld verdienen wollen und – auch deshalb – kategorisch eine Unterordnung unter schulmedizinisches (Pseudo-)Wissen verlangen.
Aufgrund vorgenannten Sachverhalts hat man meine Frau und Mitstreiterin, eine international bekannte Philosophin – psychisch zeitlebens völlig gesund und niemals zuvor in irgendeinem Kontakt mit dem Psychiatrie-Apparat –, zwangsweise psychiatrisiert. Ohne Grund, ohne Diagnose, ohne rechtliche Grundlage. Mit Polizeigewalt aus unserem Haus verschleppt. In einer geschlossenen psychiatrischen Abteilung zwangsbehandelt. Ende letzten Jahres ist meine über alles geliebte Frau gestorben. Man kann natürlich auch sagen, man hat sie ermordet.
Nun will man auch mich psychiatrisieren. Mit denselben Methoden wie in (kommunistischen oder faschistischen) Diktaturen üblich. Deshalb brauche ich dringend den Schutz einer informierten Öffentlichkeit.
Darum meine Bitte: Informieren Sie die Medien (Internet, Presse, Verlage, Fernsehen, Rundfunk). Versuchen Sie, den Kontakt zu kritischen Journalisten und sonstigen nicht absolut systemgläubigen „Personen des öffentlichen Lebens“ (Musiker, Schauspieler, Künstler allgemein etc.) herzustellen. Berichten Sie über die Vorgänge, wenn Sie als „Medienmacher“ die Möglichkeit dazu haben.
Dadurch, dass Sie verhindern, dass neue, bahnbrechende Behandlungsmethoden unterdrückt werden, retten Sie vielleicht irgendwann Ihr eigenes Leben oder das eines geliebten Angehörigen.
Nähere Informationen und Kontakt:
Dr. med. R.A. H…
Arzt, СКАЧАТЬ