Название: Die Charismatische Bewegung 2
Автор: Michael Kotsch
Издательство: Автор
Жанр: Религия: прочее
isbn: 9783869549576
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1.5.3. Umgang mit Kritik
Zahlreiche charismatische Leiter sehen sich und ihren Dienst jenseits jeder Kritik. Ihre Autorität geht direkt auf Gott zurück und ist somit unhinterfragbar. Wer anderer Auffassung ist, muss sich nach diesem Denkmodell auch im Gegensatz zu Gott selbst befinden. Kritik an seinen Überzeugungen und seiner Prophetie lässt der charismatische Evangelist Francis Frangipane nicht zu. Felsenfest ist er von der Wahrheit seiner Ideen überzeugt. Wer es wagt hier Kritik zu üben, sogar wenn sie zutreffend ist, muss folglich von Dämonen besessen sein. „Im Rahmen seiner Anstrengungen, den nächsten Schritt Gottes zu behindern bzw. ganz aufzuhalten, hat Satan eine Armee kritiksüchtiger Dämonen auf die Gemeinde gehetzt. … In der Verkleidung der Unterscheidungsfähigkeit wird sich dieser Geist in unsere Meinung über andere Menschen einschleichen, was zur Folge hat, dass wir kritisch werden und andere richten. … Der Dämon der Kritiksucht wird einzelne dazu anstacheln, Tage, ja sogar Wochen damit zu verbringen, alte Fehler oder Sünden ihres Leiters oder ihrer Gemeinde auszugraben. … Dass jemand die Unvollkommenheit seines Pastors … entdeckt, ist gewiss kein Zeichen geistlicher Reife. … Fast alle die darin verwickelt sind, wenden ihren Blick von Jesus ab und konzentrieren sich auf Sachfragen …”84 In einem ganzen Kapitel das Frangipane der Kritik an der Kritik widmet findet sich kein Hinweis auf möglicherweise gerechtfertigte Kritik, die Notwendigkeit auch Sachfragen oder theologische Überzeugungen zu rechtfertigen. Stattdessen werden ständig wieder die verheerenden Gefahren der Kritik heraufbeschworen. Da Kritik wie auch der Kritiker zweifelsfrei vom Satan bestimmt sind, fordert Frangipane dazu auf, die Gemeinschaft solcher Menschen zu meiden und hält es für überflüssig sich den inhaltlichen Fragen der Kritik zu stellen. Kritikern unterstellt er prinzipiell eine schlechte Motivation und unlautere Methoden: „Um das teuflische Wesen seiner Aktivitäten zu vertuschen, hüllt der Kritikgeist sine Krittelei oft in ein religiöses Mäntelchen. … In seinem Bestreben, eine Vergewaltigung der Heiligen Schrift wieder geradezubiegen, bedient er sich Methoden, die selbst wiederum eine Vergewaltigung der Schrift darstellen.”85 Wie häufig bei selbstbewussten Propheten unterstellt Frangipane kritischen Christen Neid am Erfolg der Anderen: „Je stärker unsere Eifersucht wird, desto mehr beutet der Dämon unsere Gedanken aus, bis absolut kein gutes Haar mehr an dem betreffenden Menschen oder der betreffenden Gemeinde übrig bleibt.”86 Insbesondere frühere Insider, die ehemals vertretene Lehren, Praktiken oder Prophetien korrigierten, hält er für besonders gefährliche und vom Teufel verführte Menschen: „Traurigerweise sind es oft die Leiter, die von ihrer lebendigen, ersten Liebe abfallen und zu unerbittlichen Verfolgern derer werden, die im Heiligen Geist wandeln.”87 Der Gedankengang ist deutlich. Frangipane stellt die Kritiker seiner Theologie und Prophetie auf eine Stufe mit den verbissenen Verfolgern und Mördern der ersten Christen.
Den Ausführungen Frangipanes zufolge ist es also unstatthaft, sogar dämonisch die von ihm verbreiteten Lehren und Praktiken zu bemängeln, die eingehende Kritik seiner Kritiker hingegen ist Teil der von ihm propagierten geistlichen Kampfführung. Zweifellos zutreffend ist Frangipanes Beobachtung, dass auch in der christlichen Gemeinde sachlich gerechtfertigte Kritik mit menschlich persönlichen Motiven gemischt auftritt. Statt das Kind mit dem Bade auszuschütten, wäre es allerdings hilfreicher, aufzuzeigen wie die des Öfteren im Neuen Testament geforderte Prüfung und Kritik (Mt 18,15; 1Kor 14,29; Gal 2,11ff) sinnvoll zu praktizieren ist. Anderenfalls klingen die Warnungen Frangipanes vor der Kritik wie der geistlich verbrämte Selbstschutz einer verletzten Persönlichkeit.
Mit der Kritik an unbiblischen und nicht erfüllten Prophezeiungen konfrontiert greifen auch andere Prediger gerne zu Drohungen, indem sie davor warnen den Gesalbten des Herrn anzutasten oder indem sie direkt den Zorn Gottes auf ihre Kritiker beschwören. Dabei wird stillschweigend vorausgesetzt, dass es sich bei diesen Propheten tatsächlich um Gesalbte Gottes handelt. Der Gesalbte (Messias) im Neuen Testament jedoch ist Jesus Christus. Die Warnungen des Alten Testaments, sich nicht am Gesalbten zu vergreifen beziehen sich auf die von Gott eingesetzten Könige Israels (1Sam 24,9-15).
Benny Hinn warnt seine Kritiker davor, ihn anzutasten, anderenfalls würden ihre Kinder sterben. Kenneth Hagin will von Jesus selbst die Zusage bekommen haben, dass christliche Verkündiger, die ihn als Propheten ablehnten, auf der Kanzel tot umfallen würden.88 Das zu erwartende Massensterben seiner zahlreichen Kritiker hat bisher allerdings noch nicht eingesetzt. In einer internationalen Fernsehübertragung rechnet Paul Crouch auf eine nicht sehr christliche Art mit seinen Kritikern ab. Sie seien „eine verdorbene Synedriums- Meute … verdammt und auf dem Weg zur Hölle … keine Vergebung für sie … Zur Hölle mit euch … Gott wird euch abknallen, wenn ich es nicht tue.”89
Ähnlich äußert sich John Kilpatrick, Leiter der Assembly of God in Brownsville 1997. Während eines Gottesdienstes verfluchte er den ihn kritisierenden Hank Hanegraaff und prophezeit ihm den Tod durch den Heiligen Geist innerhalb von 90 Tagen. Glücklicher Weise traf auch diese Prophezeiung nicht ein. Diesmal entschuldigte Kilpatrick sich schriftlich für seine Entgleisung.90
Zahlreiche, sich selbst als geistliche Vorbilder und Helden inszenierende Propheten, handeln im Umgang mit ihren ernsthaften Kritikern keineswegs christlich, obwohl diese nur allzuoft berechtigt auf theologisch falsche oder sich offensichtlich nicht erfüllende Offenbarungen hinweisen. Anstatt Irrtümer und Fehler zuzugeben drohen einige der selbsternannten Propheten unverhohlen ihren Kritikern. So wünscht sich beispielsweise Benny Hinn öffentlich im US amerikanischen Fernsehen, dass er mit einem „Heilig- Geist- Maschinengewehr die Köpfe seiner stinkenden Kritiker wegblasen könnte.”91 Andernorts sagte er über all diejenigen, die seinen Prophetien skeptisch gegenübertreten: „Ich denke, sie sind verdammt und auf dem Weg zur Hölle. Ich glaube nicht, dass es für sie eine Erlösung gibt.”92 Während eines Gottesdienstes in Anaheim (Kalifornien) droht er: „Der Tag kommt, wenn diejenigen, die uns attackieren, tot umfallen werden. … Tastet nicht Gottes Gesalbten an; es ist tödlich. … Wehe euch, die Gottes Gesalbten antasten. Ihr werdet dafür bezahlen.”93 Wenig später prophezeit er im Fernsehen: „Ihr habt mich angegriffen, eure Kinder werden dafür bezahlen.”94
Auch Reinhard Bonnke setzt sich nicht etwa mit den Argumenten seiner Kritiker auseinander. Statt dessen empfiehlt er etwas weniger gewalttätig als Hinn: „Wenn Du zu denen gehörst, die kritisieren und Zweifel ausstreuen, an dem, was Gott durch diese Aktion tun will [gemeint ist die Verbreitung seiner Broschüre ‘Vom Minus zum Plus’ und der damit verbundenen Verheißung einer Erweckung in Deutschland], dann bitte ich Dich, tue Buße und fang an sie im Gebet und auch finanziell zu unterstützen.”95 Nicht ganz so freundlich meint Bonnke an anderer Stelle: „Meine Kritiker können mir den Buckel herunterrutschen.”96 und „Mich interessieren die Kommentare der Pharisäer überhaupt nicht, überhaupt nicht, überhaupt nicht!”97
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1 Vgl. Zimmerling: Die charismatischen Bewegungen, S. 191-197
2 Vgl. Zimmerling: Die charismatischen Bewegungen, S. 198-203
3 Vgl. Zimmerling: Die charismatischen Bewegungen, S. 203-206
4 Vgl. Reinhard Hempelmann: Das Wirken des СКАЧАТЬ