Название: Sammelband 6 Krimis: Die Konkurrenten und andere Krimis für Strand und Ferien
Автор: Walter G. Pfaus
Издательство: Readbox publishing GmbH
Жанр: Зарубежные детективы
isbn: 9783745203431
isbn:
Ich reiche ihr das Glas, und wir trinken beide aus. Marina stellt die leeren Gläser auf den Tisch, legt die Arme um mich und küsst mich. Es wurde diesmal ein etwas längerer Kuss.
„Los, komm jetzt“, sage ich. „Wir sind schon spät genug dran.“
Wenige Minuten später fahren wir in den Hof von Max Hufnagel.
4
Eine Menge Leute stehen inzwischen vor dem Haus der Hufnagels. Einige halten Abstand, stehen am Straßenrand. Andere stehen im Hof herum und diskutieren.
Max hat sich vor dem Garagentor aufgebaut und versucht, einen Mann daran zu hindern, das Tor zu öffnen.
Ich stelle mich neben Max. „Hat jemand die Garage betreten?“ frage ich ihn.
„Außer mir niemand“, sagt Max. „Aber der hier will unbedingt hinein.“
Es ist der Händele Martin, wie ich jetzt erst sehe. Er ist etwas größer als ich, schlank, Mitte vierzig, trägt einen speckigen Trainingsanzug ist unrasiert und hat eine Säufernase. Ein ziemlich unangenehmer Zeitgenosse. Im Dorf nennt man ihn den Händelmate, weil er oft und gern Streit sucht.
„Warum wollen Sie unbedingt da rein?“ frage ich ihn. Er gehört zu den Leuten im Dorf, die ich nicht duze und die mich auch nicht duzen dürfen.
„Oifach so“, sagt er. „I will sehn, was da drin liegt. I bin halt neugierig wia de andere ao.“
„Dann gehen Sie jetzt da raus zu den anderen Neugierigen. Raus aus dem Hof.“ Ich wende mich an die Leute im Hof. „Bitte machen Sie den Hof frei. Jeden Augenblick können die Leute von der Spurensicherung kommen. Die kommen meistens mit drei oder vier Autos. Es gibt ohnehin nichts zu sehen.“
Ein paar Vernünftige kommen meiner Bitte nach, andere nicht. Zusammen mit Marina gelingt es mir, den Hof frei zu halten. Nur der Händelmate braucht eine Extraaufforderung.
„Würden Sie sich bitte auch zu den anderen begeben“, sage ich überfreundlich.
„Wieso? Do isch doch Platz gnua.“
Für solche Fälle habe ich mir einen bestimmten, streng wirkenden Gesichtausdruck zugelegt. Den habe ich so oft vor dem Spiegel und vor Marina geübt, bis er auf Anhieb sitzt. Dazu gebe ich meiner Stimme einen Ton, der deutlich macht, dass ich keinen weiteren Widerspruch dulde. Und zur besseren Durchsetzung meiner polizeilichen Macht, leihe ich mir eine Redewendung unserer Kanzlerin Angela Merkel aus, die diese benutzt, um glaubwürdig zu klingen.
„Sie wissen es vielleicht noch nicht, deshalb sage ich es Ihnen in aller Deutlichkeit: Ich sage ungern etwas zweimal!“
Es wirkte. Ich bin immer wieder überrascht, wie Wirkungsvoll so ein Satz sein kann. Der Händelmate sieht mich einen Moment verblüfft an. Ein kurzes Aufflackern von Widerstand kam dann doch noch. „I kann do stehn...“
„Habe ich mich nicht deutlich genug ausgedrückt?“ fahre ich ihn an.
Diesmal trollt er sich tatsächlich.
Ich hebe das Garagentor ein Stück hoch. Drinnen war der blaue Ford Focus von Max zu sehen. Daneben, schräg an die Wand gelehnt und angekettet, das Fahrrad seiner Frau. Dahinter befindet sich an der rechten Wand ein Werkzeugschrank. Zwischen dem Schrank und der hinteren Garagenwund ist noch ein halber Meter Platz für einen Spaten und einer Hacke. Zwischen Garagenwand und Fahrrad liegt ein in ein Tuch eingewickeltes Etwas auf dem Betonboden.
„Schlüpf mal kurz rein“, sage ich zu Marina. „Aber sei vorsichtig. Verwisch keine Spuren.“
Marina bückt sich, geht hinein und kommt sofort wieder zurück. „Da muss man kein Arzt sein, um zu sehen, dass das Kind schon seit ein paar Stunden tot ist. Ich vermute, dass es schon tot zur Welt kam. Es ist sehr klein, richtig winzig. Könnte ein Frühchen sein.“
„Außer dir war sonst niemand in der Garage?“ frage ich den Max.
„Nur ich. Ich war aber nur kurz drin. Ich wollte sehen, ob das Kind vielleicht noch am Leben ist. Das musste ich doch machen, oder?“
„Sonst niemand?“
„Nicht, seit Luise das Kind entdeckt hat.“
„Deine Frau war also auch nicht drin?“
„Nein, sie hat nur hier an dem Platz gestanden und geschrien wie am Spieß.“
„Sie hat also das Garagentor aufgeschlossen und...“
„Wir schließen das Tor nie ab.“
„Und warum nicht?“
„Es lässt sich nur sehr schlecht schließen. Man braucht viel Kraft dazu. Die Luise hat die Kraft nicht. Also lehnt sie das Tor immer nur an. Ich schließe mein Auto immer ab und sie kettet in der Garage ihr Fahrrad an.“
Ich hebe das Garagentor noch mal kurz an. Es quietschte nur leicht in den Angeln.
„Ich weiß, ich hätte es längst richten sollen...“, versucht sich Max zu entschuldigen.
„Schon gut“, winke ich ab. „Kannst du dir vorstellen, wer das Kind ausgerechnet hier abgelegt hat?“
„Meine Frau denkt...“ Er bricht ab.
„Ja?“
„Du hast doch auch gehört, dass die Carmen Langer wieder im Dorf ist.“
„Ich habe was gehört. Aber keiner wusste so recht, ob es stimmt, dass sie schwanger ist.“
„Meine Frau ist sich sicher. Sie hat die Carmen gesehen, sagt sie. Die Carmen wäre hochschwanger.“
„Die Carmen ist wieder da?“ fragt Marina überrascht.
„Noch ist es ein Gerücht“, sage ich. „Gesehen wurde sie bisher nur von der Frau Hufnagel.“ Ich sehe Max an. „Das stimmt doch, oder?“
„Nein. Auch die Frau Meringer soll sie gesehen haben“, sagt Max.
„Kennst du die Carmen näher?“ erkundige ich mich.
„Näher? Na ja, was heißt da schon näher. Ich habe sie öfter mit ihrem kleinen Hund СКАЧАТЬ