Название: Arizona Gunfighter - 10 Western: Sammelband Januar 2018
Автор: Pete Hackett
Издательство: Readbox publishing GmbH
Жанр: Вестерны
isbn: 9783745202731
isbn:
2.
Diesmal war es bedeutend leichter, die Verfolger abzuschütteln als vor Jahren, da er den Gegner seines Vaters getötet hatte. Damals hatte ihn das Aufgebot fast zu Tode hetzen können. Er ritt jetzt auf den nur eine Meile weit im Süden gelegenen Waldgürtel zu. Dort angekommen, hielt er an und zog den Rappen in dichtes Buschwerk hinein.
Die Millards hatten ihm ein gutes, hoch gebautes Pferd zur Flucht bereitgestellt. Dan war erfahren genug, um den Rappwallach beurteilen zu können. Er fragte sich, woher das Tier stammen mochte, denn vor seiner Flucht hatte er das Tier bei den Rohhäutern nicht gesehen. Sicherlich fehlte das Pferd jetzt einem Rancher oder Siedler in der Gegend. Das würde auch den Leuten in der Gegend nicht lange verborgen bleiben, denn niemand verkaufte einen solchen Wallach, der hoch gebaut war, einen trockenen Kopf hatte und große, klarblickende Augen. Die geaderte Haut ließ einen Vollblüter erkennen. Ein solches schnelles und ausdauerndes Tier, dessen Fell glänzte und dessen Muskeln unentwegt unter der Haut tanzten und spielten, war in diesem Land wie eine Lebensversicherung.
Die Millards hatten den Rappen für Dan geholt. Sie wollten, dass er ein gutes Pferd für die Flucht haben sollte, aber sie wussten auch, dass er mit einem solchen Reittier gleichzeitig dazu verurteilt war, allen Menschen dieses Landes aus dem Wege zu reiten. Sollte man ihn mit dem Pferd erblicken, würde man ihn für einen Pferdedieb halten, und auf Pferdediebstahl stand die Todesstrafe. Alles konnte man hierzulande verzeihen, dass man Rinder stahl oder eine Kugel auf jemand abfeuerte, aber zwei Dinge nicht, dass man die Frau eines anderen nahm oder sich ein Pferd aneignete, das einem nicht gehörte. Die Millards hatten also nicht vor einem Pferdediebstahl zurückgescheut, um Dan zu helfen. dass sie ihm mit einem gestohlenen Pferd eine weitere Last aufbürdeten, war ihnen wohl nicht in den Sinn gekommen. Dan aber musste jetzt daran denken, nachdem er einige Zeit im Gebüsch verharrt hatte und sich dann zum Weiterritt entschloss, als nichts Verdächtiges zu bemerken war.
Dan Flemming musste daran denken, was man ihm nun alles anhängen würde: einen Mord, Rinderdiebstahl, die Frechheit, einer verheirateten Frau den Kopf zu verwirren und jetzt auch noch Pferdediebstahl. Jede einzelne Tat war ein Verbrechen und ließ Dan in einem zweifelhaften Licht erscheinen. Die Kehle zog sich ihm eng, seine Fäuste schlossen sich fester um die Zügel, dass die Knöchel weiß unter der Haut hervorschimmerten. Immer tiefer war er in Schuld verstrickt worden und so zu einem Gezeichneten geworden, ein Mann, der vogelfrei war und in allen Staaten gejagt würde, sobald die Vergangenheit ihn eingeholt hatte. Dabei fühlte er sich nicht einmal schuldig. Tief in seinem Innern wusste er, dass er nicht zu den Verlorenen zählte, die alle Hemmungen abgelegt hatten und keine Skrupel mehr kannten. Nein, so war er nicht, so würde er niemals werden. In seinem Kern sträubte sich alles dagegen. Beim Gedanken daran wurde ihm schier übel. Das Schicksal schien sich gegen ihn verschworen zu haben. Er ritt nahe am Abgrund und konnte jeden Augenblick den Halt verlieren und in die bodenlose Tiefe stürzen.
So jung er noch war, so hatte er doch eins bereits erkannt, dass man sich nämlich nicht gehen lassen durfte, dass man all seinen Willen zusammennehmen musste, um sich nicht treiben zu lassen.
Um Mitternacht scheuchte er eine kleine Gruppe von Mavericks auf, die sich am Unterholz gelagert hatte und bei der Annäherung des Reiters aufstob und flüchtete. So dunkel es auch war, so konnte er doch erkennen, dass er ungebrannte Jungrinder vor sich hatte, Färsen, Jungstiere und einige Kälber. Über ein Dutzend Tiere waren es, genau die Zahl, die man im Rohhäutercamp benötigte, um der Proviantsorgen für die nächsten Wochen ledig zu sein. Mit Leichtigkeit hätte man sie einfangen und ins Camp treiben können. Das war aber für ihn nun endgültig vorbei.
Das Gefühl, ganz allein zu sein, war diesmal nicht so unerträglich wie bei seiner ersten Flucht, nachdem er den Gegner seines Vaters niedergeschossen hatte. Keine Panikstimmung überkam ihn jetzt. Je weiter er ritt, um so gelassener wurde er. Nur eins war sonderbar, das Bild von Ann Palmer wurde immer mächtiger und stärker in ihm. Ihre faszinierenden Augen schienen ihn mit einem traurigen Ausdruck immerzu anzusehen. Ihre Lippen waren fest verschlossen, wie von einem verhaltenen Weinen versiegelt.
„Tut mir leid, Ann“, sagte er aus seinen Betrachtungen heraus, „wir waren nicht füreinander bestimmt. Jeder von uns wird seinen eigenen Weg gehen. Wir werden uns nie wiedersehen, und das wird gut so sein. Wenn ich dir noch einmal begegnen würde, wenn du mir wie am Bach gegenübertreten würdest, würde ich dich in meine Arme reißen. Vielleicht liebe ich dich, Ann, du hast die Liebe in mir geweckt und das Verlangen.“
Weiter ging der Ritt, Meile um Meile. Er durchquerte jetzt einen lichten Föhrenhain. Unter den Hufen des Pferdes war ein dichter Moosteppich, der die Hufschläge dämpfte. Silbernes Mondlicht fiel durch Geäst und Laubwerk und malte eigenartige Filigranmuster auf den Waldboden. Von den Schlafästen der Dohlen kamen seltsame Laute. Beim Weiterreiten spürte Dan, dass der nächtliche Wald voller Leben war. Ein Rudel Coyoten ließ ein melodisches Geheul hören. Weiter weg im Dickicht raschelte es. Schmalwild brach aus den Einstellplätzen, um vor dem nächtlichen Räuber reißaus zu nehmen. Vielleicht war es ein Vielfraß, der auf der Jagd war. Dan war das Tier nicht unbekannt. Er hatte es oft gesehen und wusste auch, dass kein anderes Tierfell so wasserundurchlässig war, wie das des Vielfraßes. Man benutzte es, um Wassersäcke und Wasserschläuche daraus zu fertigen.
Der große Rappwallach trug Dan weiter. Er ließ sich leicht lenken; der leiseste Zügeldruck wurde willig befolgt. Mit jeder Meile mehr schlossen sich die unsichtbaren Bande von Mensch und Tier fester.
Zum Glück für Dan war seine Flucht aus dem Rohhäuterlager zu einem Zeitpunkt erfolgt, als man die baumlosen Ebenen Oklahomas hinter sich hatte. Dan hasste die Staubstürme, die sich dort erhoben hatten, er hasste den roten Staub, der Augen, Nase, Mund und Ohren oft verklebt hatte. Im Südosten des Landes, nahe der texanischen Grenze in den Kiiamochi Mountains hoben sich die
Berge und Hügel und lösten sich die Täler einander ab. Dort war das Land von urigen Forsten und tief dunklen Wäldern überzogen. Kleine und große Bäche, in denen Forellen und Barsche lebten, flossen zu Tal, so dass der Reiz dieser Landschaft selbst bei Nacht einem Manne das Herz höher schlagen lassen konnte. Der große Sturm auf Oklahoma hatte noch nicht stattgefunden, noch lebten in diesem Gebiet viele indianische Stämme, die eine besonders farbenprächtige Kleidung trugen. Nur vereinzelt gab es Ranchen, einige kleine Rinderstädte und dünne Postlinienverbindungen. Die Menschen, die hier lebten, nannten sich stolz die Boomers. Sie hatten wohl längst vergessen, dass sie zu den aus Kansas gekommenen weißen Siedlerbanden gehörten, die allen Regierungsanweisungen zum Trotz in Oklahoma einfielen, in einen Staat, der dem roten Manne durch Verträge zugesichert war. Oklahoma hieß in der Crowsprache „Land des roten Mannes“. Darauf hatten die weißen Siedlerbanden wenig Rücksicht genommen. Auch vor der Kavallerie waren sie nicht zurückgeschreckt, die der Staat schickte, um sie aus dem Indianerterritorium zu vertreiben. Sie hatten sich mit allen Mitteln zur Wehr gesetzt, so als ahnten sie, dass nur wenige Jahre später, im Jahre 1889, die Regierung selbst einen großen Teil des Landes für die Kolonisation öffnen würde.
Der große Aufbruch nach СКАЧАТЬ