Behindert! "Wie kann ich helfen"?. Adam Merschbacher
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Название: Behindert! "Wie kann ich helfen"?

Автор: Adam Merschbacher

Издательство: Readbox publishing GmbH

Жанр: Отраслевые издания

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isbn: 9783347076044

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СКАЧАТЬ ein Krüppel?“ eine Anerkennung sein, wenn er oder sie zum Beispiel Mitglied im „Münchner Crüppel Cabaret“ ist. In München hat die Wiesenwirtin Katharina Inselkammer ein Lokal mit besonderen Menschen eröffnet. Sie hat einen ganz neuen Versuch mit dem Projekt „Kunst-Werk-Küche“ gewagt. Das ist nicht irgendeine gastronomische Unternehmung. "Meine Mitarbeiter sind zu 30 Prozent besondere Menschen", sagt Katharina Inselkammer. Das würden zwar möglicherweise viele Wirte auch von ihrer Belegschaft sagen, aber was Inselkammer angeht, so muss man wissen, dass sie den Begriff "besondere Menschen" verwendet für Menschen, die mit körperlichen oder geistigen Einschränkungen leben. "Ich will beweisen, dass man in einem bunten Team genauso gut arbeiten und erfolgreich wirtschaften kann wie sonst auch", sagt sie, "dazu braucht es keine Gemeinnützigkeit." Hut ab, auch wenn ich mir sehr gut vorstellen kann, dass Katharina hier häufig an ihre Grenzen stößt. Umso bewundernswerterer ist dieses Projekt und vor allem Franziska Inselkammer.

      Nicht die Bezeichnung beleidigt, sondern das, was damit gemeint ist, entscheidet über Aussage oder Beleidigung. Was wird in der Sprache nicht alles umschrieben. Da werden „Ausländer“ zu „Menschen mit Migrationshintergrund“ und „Hilfsarbeiter“ zu „Menschen in prekären Beschäftigungsverhältnissen“.

      Blickt man in der Geschichte zurück, so gab es je nach Epoche sehr viel schlechtere Zeiten für Behinderte.

      In der römischen Antike war das familiäre Umfeld einzig und allein entscheidend, ob Behinderte in der Familie unterstützt wurden oder betteln gehen mussten. Im Zweifelsfall wurden sie getötet oder einfach nur ausgesetzt. Aber so ging es auch unehelichen Kindern und weiblichen Menschen.

      Im Mittelalter wurde mit Verbreitung des Christentums nach dem Prinzip der „Nächstenliebe“ eine gesetzlich geregelte „Armenpflege“ eingeführt. Dennoch wurden Behinderungen allgemein als „Strafe Gottes“ und auch sittliche Verfehlung “moral insanity“ bzw. „Teufelsbesessenheit“ gesehen. Mit dieser Rechtfertigung wurden behinderte Menschen, selbst innerhalb der Familie verstoßen oder als „Jahrmarktattraktion“ vorgeführt.

      In der Neuzeit war die Hoch-Zeit der Irrenanstalten. Aufgrund verbreiteter Landflucht brachen Familienbanden auseinander und behinderte Familienmitglieder wurden in staatlichen Einrichtungen versorgt. Während Kriegsverletzte wieder als Arbeitskräfte eingesetzt wurden, brachte man die behinderten Menschen in „Anstalten der sogenannten Irren-, Krüppel- und Gebrechensfürsorge“ unter. In Preußen (1891) verhinderte die Armengesetzgebung noch die berufliche Rehabilitation und medizinische Versorgung behinderter Menschen.

      Zu Beginn des 20. Jahrhunderts bis etwa 1933 kümmerte man sich in der Medizin, insbesondere Psychiatrie, nun zunehmend um die medizinische Versorgung von behinderten Menschen. Gleichzeitig befasste sich die sogenannte „Krüppelpädagogik“ mit den Ursachen von Krankheit und Behinderung von Kindern und Jugendlichen. Diese durften nun getrennt von nicht behinderten Kindern auch zur Schule gehen. Der „Selbsthilfebund für Körperbehinderte“ setzte sich 1917 gegen den „Krüppel-Begriff“ und für die Verwendung der Bezeichnung „Körperbehinderung“ ein.

      Der Nationalsozialismus (1933 bis 1945) sorgte dafür, dass behinderte, sowie arme und kranke, Menschen in Heimen und Krankenhäusern zu Versuchsobjekten degradiert und dort im Zuge des „Euthanasieprogramms“ zu Hunderttausenden sterilisiert und getötet wurden. In den 30er-Jahren erschien der Begriff „Erbkrankheit“ im Erbgesundheitsgesetz.

      Im Nachkriegsdeutschland wurde die Zwangssterilisationen für Menschen mit Behinderungen abgeschafft (aber erst 2007 als grundgesetzwidrig anerkannt) Im Nürnberger Ärzteprozess (1946-47) wurden einige wenige Ärztinnen und Ärzte, hauptsächlich aus Konzentrationslagern, wegen des „Euthanasieprogramms“ verurteilt. Die „Allgemeine Erklärung der Menschenrechte“ (1948) berücksichtigte behinderte Menschen dennoch nicht und erst 1990 wurden Kinder mit Behinderungen in der Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen miteinbezogen.

      Da in der DDR möglichst alle Arbeitskräfte in den Arbeitsmarkt integriert wurden, so auch Menschen mit Behinderungen. Für Kinder, die erst auf Sonderschulen lernten, konnten dort auf Regelschulen wechseln. Alle anderen kamen in Pflegeheimen unter, damit die Eltern arbeiten konnten. Dem gegenüber förderte die BRD vor allem kriegs- und arbeitsverletzte Menschen und beschäftigte behinderte Menschen in Werkstätten, Sonderschulen und Berufsförderwerken.

      Selbsthilfeorganisationen wie die „Aktion Sorgenkind“ (heute „Aktion Mensch“) sammelten in den 60er-Jahren Spenden für bessere Bildungsbedingungen. Zehn Jahre später entstand dann nach Vorbildern aus den USA und Großbritannien die Behindertenbewegung oder „Krüppelbewegung“. Diese wies mit dem provokanten Wort „Krüppel“ auf die Stigmatisierung behinderter Menschen als Mitleidsobjekte hin und erreichte letztlich, dass im Jahre 1994 das Verbot der Benachteiligung aufgrund von Behinderung im Grundgesetz verankert wurde.

      Ab 1994 folgten weitere Gesetzesänderungen, die Menschen mit Behinderungen mehr Rechte einräumten (z. B. im Baurecht oder in Bezug auf die Rente). Außerdem wurde das Sonderschulsystem durch Förderzentren ergänzt. Auch Menschen mit Lernschwierigkeiten (bzw. „mit geistiger Behinderung“) vereinigten sich für ein selbstbestimmtes Leben im Netzwerk „Mensch zuerst“.

      Seither setzte sich allmählich eine neue Perspektive durch. Es ist vor allem die Gesellschaft, die Menschen behindert. Die gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben sollte in Deutschland ab 2002 das Bundesgleichstellungsgesetz gesetzlich gewährleisten, auf internationaler Ebene gilt seit 2008 die UN-Behindertenrechtskonvention. Mit dem Begriff Inklusion wird die menschliche Vielfalt gefördert, indem Menschen mit Behinderung genauso wie andere Menschen Zugang zu öffentlichen Einrichtungen haben und dort auch willkommen sind.

      Wer behindert ist, ob körperlich oder geistig, sollte sich entweder umfangreich orientieren und informieren oder jemanden ganz freundlich suchen und um Hilfe/Unterstützung bitten.

      Niemand trifft eine Schuld für unsere Behinderungen und keiner oder keine können medizinisch wirklich helfen, zumindest in den meisten Fällen. Deshalb ist es auch so einfach mit uns Behinderten klar zu kommen. Deshalb stehen keine Schuldzuweisungen und auch keine falschen Hoffnungen zwischen uns. Das gilt in der Regel für die Mehrzahl der Behinderten. Das ist Fakt und es ist gut so.

       2. Behinderung ist keine Krankheit

      Es gibt tausend Krankheiten, aber nur eine Gesundheit.

      Ludwig Börne (1786-1837),

      Eine Behinderung ist keine Krankheit, wenngleich auch Behinderte krank werden können. Das differenzierende Merkmal einer Krankheit ist die Heilungsmöglichkeit. Deshalb können auch Behinderte krank und somit krankgeschrieben werden und eine Blindarmentzündung, Grippe oder Darmkrebs bekommen.

      Andererseits kann man mit einer Krankheit auch sehr eingeschränkt sein, ohne behindert zu sein. Dies wäre beispielsweise der Fall, wenn nach einem Beinbruch der Fuß im Gips eingeschalt ist und man sich zwangsläufig nur mit Krücken fortbewegen kann.

       EuGH urteilt zur Abgrenzung von Behinderung und Krankheit

      EuGH, Urt. v. 11.04.2013 – C-335/11, C-337/11

      Eine heilbare oder unheilbare Krankheit, die eine physische, geistige oder psychische Einschränkung mit sich bringt, kann einer Behinderung gleichzustellen sein. Die Verkürzung der Arbeitszeit kann als eine Vorkehrungsmaßnahme angesehen werden, die ein Arbeitgeber ergreifen muss, damit Menschen mit Behinderung arbeiten können.

      In seinem Urteil hat der Gerichtshof zunächst klargestellt, dass der Begriff "Behinderung" dahin auszulegen ist, dass er einen Zustand einschließt, der durch eine ärztlich diagnostizierte heilbare oder unheilbare Krankheit verursacht wird, wenn diese СКАЧАТЬ