Wie viele Leben hast Du noch?. Mario Semrau
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Название: Wie viele Leben hast Du noch?

Автор: Mario Semrau

Издательство: Readbox publishing GmbH

Жанр: Секс и семейная психология

Серия:

isbn: 9783347068018

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СКАЧАТЬ Das Hamsterrad – mein Weg hinein und wieder heraus

      Auch ich habe dieses Leben nicht immer als kostbares Geschenk betrachtet, habe lange auf eine bessere Zukunft gewartet und kurz nach meinem ersten Studium zum Diplom Wirtschaftsingenieur (FH) Jobs angenom- men, die ich eigentlich gar nicht haben wollte.

      Voller Erwartungen bin ich damals in den „Ernst des Lebens“ gestartet. Ich bin, ehe ich mich versah, selbst im Hamsterrad gelandet und stellte fest, dass sich das Leben, das ich führte, immer weiter von dem Leben entfernte, was ich wirklich führen wollte. Die immer seltener werdenden Momente des Glücklichseins wurden von immer längeren Phasen eines monotonen, meiner Lebensvision widersprechenden Alltags unterbrochen.

      Ich begann irgendwann damit, nur noch für das Wochenende und ein paar Wochen Jahresurlaub zu leben, führte unbefriedigende Beziehungen und vernachlässigte meinen Körper immer mehr. Das Kind in mir wurde immer leiser.

      Doch als ich es kaum noch hören konnte, rebellierte es schließlich umso lauter in mir.

      So konnte es doch nicht weitergehen!

      Ich wollte doch einen Nutzen für die Menschen bringen, träumte davon, eines Tages Seminare abzuhalten, vor vielen Menschen zu sprechen und mit Menschen zu arbeiten, die sich privat und beruflich weiter entwickeln wollten. Ich wollte erleben, dass es Anderen durch meine Arbeit und Schaffenskraft besser geht.

      Das, was ich seit jeher konnte und was mich wirklich interessierte, war der Umgang mit Menschen.

      Mir fiel es seit jeher leicht, sie anzusprechen, sie zu erreichen, sie von etwas für sie Gutem zu überzeugen, sie „abzuholen“, ihnen Mut zu machen und ein Stück weit mit ihnen zu gehen.

      Keine Ahnung, warum und woher ich diese Gabe hatte. Ich kommunizierte einfach leidenschaftlich gerne mit unterschiedlichsten Menschen aus allen gesellschaftlichen Ebenen, hörte mir ihre Geschichten an und versuchte, angetrieben von einer nahezu kindlichen Naivität, zu helfen und neue Wege zu ebenen, wo immer mir dies erforderlich bzw. sinnvoll zu sein schien. Wie oft habe ich damals gedacht, das Falsche studiert zu haben. Doch die Zukunft sollte mir zeigen, dass das Falsche genau das Richtige war, und dass es genau die Leidenschaft ist, mit Menschen umzugehen, die mir schließlich zum Erfolg verhelfen sollte.

      Beruflich war ich damals mitten drin, mitten drin im Hamsterrad. Und da sah ich sie tagein tagaus:

      Die finsteren Mienen, die morgens mit der U - Bahn zur Arbeit fuhren. Mienen, die so blass, müde, nervös und frustriert schienen, dass man denken konnte, dass die Leute nicht auf dem Weg zur Arbeit, sondern vielmehr auf dem Weg zu ihrer eigenen Hinrichtung gewesen sind.

      Ab und an gab es natürlich ein paar Lichtblicke, ein paar fröhliche Gesichter, aus denen noch Zuversicht und Lebensfreude strahlte.

      Genau da wollte ich wieder hin und zwar dauerhaft.

      Ups Endstation! Bitte aussteigen und hinein ins Hamsterrad: Termine, Termine, Termine, und einer war „wichtiger“ wie der andere…

      Nachts konnte ich dann kaum noch schlafen, meine Beziehungen wurden immer verrückter, und die Leere in mir wurde zunehmend unerträglich. Normalerweise müsste ich, wie es in vielen Büchern, die sich mit dieser Thematik befassen, der Fall ist, an dieser Stelle noch schreiben, dass ich pleite war, nicht mehr wusste, wie es finanziell weitergehen sollte und deshalb sicherheitshalber jeden Morgen den Frühstückstisch mit einer zusätzlichen Kaffeetasse für den Gerichtsvollzieher eingedeckt habe.

      Das stimmt aber in meinem Fall so nicht. Im Gegenteil: Ich verdiente zwar gut, lebte aber im Großen und Ganzen so weiter wie zu meinen studentischen Zeiten. Dadurch baute ich mir schnell eine gute Reserve auf, um dazu in der Lage zu sein, mich möglichst rasch wieder aus dem ganzen Kreislauf zu befreien und Zeit zum Durchatmen und Neuausrichten zu gewinnen. Freizeit erschien mir schon damals unendlich kostbar.

      Irgendetwas in mir hat meine scheinbar bereits in Vergessenheit geratene Lebensvision wohl doch noch voll auf dem Schirm gehabt und meine Entscheidungen entsprechend zielführend beeinflusst.

      Gut so, wie sich später herausstellen sollte…

       Ein kleiner Zusammenbruch als Botschaft des Lebens

      Dieses „Irgendetwas“, dem ich noch ein ganzes Kapitel in diesem Buch widmen werde, pochte in mir. Es ließ mich nicht mehr schlafen, nicht mehr zur Ruhe finden, und eines Morgens zeigte es mir in unmissverständlicher Form, dass es so nicht weitergehen konnte:

      Wiedereinmal klingelte morgens um sechs Uhr der Wecker. Ich stand auf, ging duschen, trank schnell meinen Kaffee und stand, nach einem kurzen Frühstück, abfahrbereit in Richtung Hamsterrad mitsamt Anzug und Krawatte im Flur meiner damaligen Wohnung in Berlin - Zehlendorf.

      Ich nahm den Schlüssel und… Plötzlich wankte der Boden unter mir. Mein Herz raste los, als wäre der Teufel höchst persönlich hinter mir her, mein Magen drehte sich um.

      Der Schweiß stand mir auf der Stirn, während mein eigentlich weißer Flur vor meinen Augen in allen möglichen Farben zu schimmern begann, und ich langsam zusammensackte. Eh ich mich versah, lag ich am Boden. Mein Kreislauf wurde immer schwächer. „Jetzt ist es durch!“, dachte ich.

      So hatte ich meinen Körper, der mich stets sicher durchs Leben getragen hat, noch nie erlebt.

      „Was ist das?“

      Sicherlich könnte man jetzt auf die Idee kommen, dass ich am Abend zuvor so richtig Party gemacht habe, und mein Körper sich nun rächen wollte.

      Doch Fehlanzeige! Alkohol und berauschte Nächte gab es bei mir nicht, sonst wäre die ganze Geschichte wohl völlig anders ausgegangen, und ich würde jetzt wohl nicht dieses Buch schreiben, sondern vielmehr mit anderen Problemstellungen beschäftigt sein.

      Auf allen Vieren krabbelte ich auf den Boden in Richtung Küche, öffnete kaum noch etwas sehen könnend den Getränkeschrank und entnahm mit letzten Kräften eine bereits vor Wochen angefangene Flasche Cola. Ich öffnete sie, trank, und - „Puh!“ mein Kreislauf schien, wieder hoch zu fahren.

      War das ein Schreck!

      Ich ganz alleine in der Wohnung, und dann passiert so etwas. Ich löste mir die Krawatte, knöpfte mein Hemd auf, legte mich auf den Boden meiner Küche und schaute durchs Balkonfenster. Die Sonne schien hell hindurch, die Vögel zwitscherten, so als wäre nichts geschehen, und ich war glücklich, dass es mir wieder besser ging und überhaupt noch am Leben war.

      Plötzlich, ganz plötzlich, als ich gerade wieder einigermaßen klar denken konnte und langsam wieder Kraft in meine geschwächten Glieder einströmte, schoss mir dann die eine, im Nachhinein für meinen weiteren Lebensweg ausschlaggebende Frage in den Sinn:

       Wie viele Leben hast Du noch?

      Subjektiv empfunden, wäre es beinahe „rum“ gewesen. Medizinisch gesehen, hat mir wohl lediglich mein Kreislauf einen gehörigen Streich gespielt. Ich hatte mich einfach heftig erschrocken, und das war auch gut so. Wie hätte ich mich geärgert, kaum so richtig gelebt und so viel wertvolle Zeit einfach so verschwendet zu haben.

      Vor lauter Wut wäre ich dann wohl auf meiner eigenen Beerdigung aus der Kiste gesprungen und so richtig durchgedreht. Dieses Trauma wollte ich jedoch keiner Trauergemeinde zumuten.

      „Man steckt schneller drin, als man denkt - in diesem verdammten Hamsterrad!“, СКАЧАТЬ