Ein Buch für Keinen. Stefan Gruber
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Название: Ein Buch für Keinen

Автор: Stefan Gruber

Издательство: Readbox publishing GmbH

Жанр: Афоризмы и цитаты

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isbn: 9783347043282

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СКАЧАТЬ die erste Selbstreflexion. Dieser zündende Bewusstseinsfunke bedingt das Auseinanderbrechen der Zeit: Der Mensch ist nun zur Planung gezwungen und muss an ein Morgen denken. Es ist also ein evolutionärer »Rückschritt« (Nacktheit), der ihn zum Fortschritt zwang2: die Entstehung des Selbst-Bewusstseins.

      Martin greift zum besseren Verständnis den Gedanken des deutschen Sozialisten Carl Hirsch auf, indem er sagt: »Wir sehen den Menschen als eine Einheit von Körper und Kopf. Um das Urschuld-Phänomen besser fassen zu können, empfiehlt es sich aber, beides zu trennen. Der Kopf ist der Ort, wo die Schuld sich selbst gegenüber erkannt und, wenn man so will, ›verbucht‹ wird. Der Körper ist der Gegenstand, der eingesetzt wird, um die Schuld abzuarbeiten. Zugleich aber der Ort, der ursächlich ist für die Schuld, die zur ›Selbst‹ -Erhaltung entsteht.«

      Der Dreh- und Angelpunkt zur späteren Beschreibung des Debitismus ist der Termin, der Menschen durch Sanktionsandrohung dazu zwingt, etwas – beispielsweise eine Ware oder Geld – zum Termin oder innerhalb eines Zeitkorridors an jemanden oder an etwas abzutreten. Im Ursprung ist das der Zwang, Nahrung und Wasser »nachzufragen«, d.h. zu finden bzw. zu produzieren, um diese zum Termin (Hunger/Durst) in den Magen überzuführen, um der Sanktion (Verhungern/Verdursten) zu entgehen. Hier kristallisieren sich drei wesentliche Punkte heraus, die uns später das Wesen des Geldes begreiflich machen: Termin, Leistung und Sanktion. Ein unsterbliches Wesen, das folglich keinen Hunger kennt, würde der Nahrung keinen Wert beimessen. Erst der Zwang, etwas zum Termin haben zu müssen, die Urschuld bedienen zu müssen, verleiht der Nahrung ihren Wert. Dasselbe gilt für Geld, gleichgültig in welcher Form es erscheint (Papier, Edelmetall, normierte Bambusstäbe). Es entsteht in einem Akt der Verschuldung und muss zum Fälligkeitstermin an den Emittenten zurückkehren.

      Auch ohne den Zwang, Leistung erbringen zu müssen, wäre Nahrung für uns kein kostbares Gut. Würden wir nämlich im Schlaraffenland leben, wo uns die gebratenen Tauben in den Mund fliegen und Nahrung immer und überall allgegenwärtig wäre, dann wäre sie wertlos und die Nahrungsaufnahme würde zu einem automatisierten Akt verkommen. Dasselbe gilt für Geld. Es ist grundsätzlich unmöglich, Geld »gerecht« zu verteilen, weil an jedem Geldschein immer ein Schuldner hängt, der Waren und Dienstleistungen in Höhe des Marktwerts des Geldscheins zu erwirtschaften hat. Wer also Geld in Form von gesetzlichem Zahlungsmittel oder Giralgeld besitzt, der besitzt auch automatisch einen Schuldknecht, der ihm, qua staatlicher Gewalt, durch seine in Zukunft zu erbringende Leistung den Geldwert garantiert. Hätten alle Geld und niemand Schulden in gleicher Höhe, würden auch keine Überschüsse in Form von Waren und Dienstleistungen im Gegenwert dieses Geldes erwirtschaftet werden – das Geld wäre wertlos.

      Der dritte Punkt ist die Sanktion: Ohne Qual und Tod als Damoklesschwert gäbe es keinen Grund, seine Urschuld zu bedienen und ohne staatliche Sanktionen (Bankrott, Haft, Schuldknechtschaft, Todesstrafe) gäbe es keinen Grund, Steuerschulden zu bezahlen oder Kredite zu bedienen, die dem Geld bzw. den Guthaben erst ihren Wert und ihre Kaufkraft bescheren.

      Abschließen möchte ich dieses Kapitel mit ein paar Worten Martins zur Bedienung der Urschuld im Kapitalismus, auf deren Bedeutung wir später noch einmal im Detail zurückkommen: »Die Schuld des Arbeiters ist die allgemeine menschliche Urschuld ›sich selbst gegenüber‹, ist die Verpflichtung, sich ›erhalten‹ zu müssen. Von dieser Schuld kommt der Arbeiter nur mit Hilfe des Einsatzes von Arbeit herunter: Er ist also in der Tat, wie Carl Hirsch an Engels geschrieben hat, ›das Kapital des Arbeiters‹. Der Arbeiter kommt von seiner (Ur-)Schuld nur herunter, wenn er jemanden findet, der sich seinerseits verschuldet, zum Beispiel einen Kapitalisten, der Schulden macht, um den Arbeiter zu beschäftigen, ihm also die Lebenserhaltungskosten ›vorschießt‹. Der Kapitalist hat nicht nur die menschliche Urschuld, sondern auch noch einen Haufen anderer Schulden, die er seinerseits nur gemacht hat, um von seiner Urschuld herunterzukommen. Das ist das berühmte ›Ich will es ein für allemal ‚geschafft’ und es hinter mir haben‹, was als Motiv für die Übernahme von Produktionsrisiken immer wieder genannt wird.«

      Bevor wir Martins Modell vertiefen können, müssen wir einen Exkurs zu vorstaatlichen Gemeinschaften und schließlich zur Entstehung des Staates machen.

      Stammesgemeinschaft und Staat

       Der Krieg ist der Vater aller Dinge.

      Heraklit1

      Katastrophen sind der zündende Funken für eine totale Umstrukturierung und Erneuerung eines Systems. In der menschlichen Geschichte sorgte der Krieg, so zynisch das auch klingen mag, immer wieder für einen revolutionären Fortschritt, wobei das Wort »Fortschritt« nur in unserem Bewusstsein existiert. Was heute Fortschritt geheißen wird, wird schon morgen bitter bekämpft2 und jenseits der menschlichen Beurteilung gibt es keinen Fortschritt. Es gibt nur Unterschiede (Information) zwischen einem System (These) und dem unberücksichtigten Rest (Antithese), von dem sich das System abgrenzt um überlebensfähig zu sein. Diese Unterschiede lösen sich irgendwann auf (Synthese) und bringen dabei etwas Neues hervor, das sich seinerseits von einem Milieu abgrenzen muss, um zu sein. Je länger ein Unterschied besteht, auf dem neue Unterschiede aufbauen, desto stärker tritt sein zerstörerischer Gegenpart in den Vordergrund, der sich als Ausnahme einnistet und die Unterschiede letztendlich zersetzt. Schöpfung und Zerstörung treten also immer paarweise auf, bzw. ist die Zerstörung der Schöpfung inhärent, ja wird erst von ihr gespeist, da ein erschaffenes System immer unvollständig ist und im Prozess des Unterscheidens, d.h. der Ausdifferenzierung (= Komplexitätszuwachs), letztendlich selbst Störungen im Milieu hervorbringt, auf die es nicht mehr angemessen reagieren kann, ohne die eigene Basis, auf der es aufbaut, in Frage zu stellen. Wir kommen darauf noch oft genug im Detail zu sprechen, doch will ich hierfür zum Verständnis ein paar Beispiele geben: Der unverfälschte Kapitalismus im libertären Sinne beruht auf einer klaren Theorie mit klaren Prämissen, wie ein schlanker Staat als Machtmonopol, der Steuern einhebt, um damit das Eigentumsrecht zu installieren und die Vertragsfreiheit zu wahren. Die Prämissen sind also schlanker Staat, Eigentum und Vertragsfreiheit. Liest man die durchaus plausiblen Theorien diverser liberaler und libertärer Ökonomen vorurteilsfrei, müsste sich dieses System im Gleichgewicht befinden und damit der Weisheit letzter Schluss sein. Startet man jedoch ein solches System, kommt es aber nach einigen Jahrzehnten zu ersten Problemen. Schnell führt das System zur Bewertung des Menschen und damit zu Ausbeutung und Sklaverei. Dann aber muss der Staat zum ersten Mal die Vertragsfreiheit, eine der Hauptannahmen, beschneiden, um die Menschenrechte zu installieren. Hierfür wächst der Staat – bereits sind zwei Prämissen verwässert. Gleichzeitig kommt es zu einem Kampf um das Steuertilgungsmittel, das natürlich seinerseits knapp sein muss, um einen Wert zu haben und damit zum Bewertungsschema für Waren und Dienstleistungen zu werden bzw. um Staatsbedienstete zu bezahlen, die das Eigentumsrecht und die Vertragsfreiheit garantieren. Dieser Kampf führt zu Verschuldungsorgien, die dazu dienen, größere Unternehmen auf die Beine zu stellen, um durch das Anbieten von Waren und Dienstleistungen an das Steuertilgungsmittel (Geld) zu gelangen, das der Kreditnehmer im Verschuldungsakt erzeugt. Damit also der Kapitalist seine Produkte an den Mann bringen kann, muss sich ein anderer verschulden. Es entsteht ein Konkurrenzkampf wie im evolutionären Selektionsprozess der Natur, die sich ihrerseits nie im Gleichgewicht befinden kann, da wir sonst niemals entstanden wären. Letztendlich führen mehrere Faktoren, auf die wir im Folgenden noch detailliert eingehen werden, dazu, dass der Kapitalismus an seinen eigenen Prämissen scheitert. Die Steuer führt zu Geld und Zins, das Eigentumsrecht zu Verschuldungsorgien, um an dieses Geld zu gelangen und die Vertragsfreiheit zu einem gigantischen Raubbau an der Natur. Die Prämissen haben damit ein System erschaffen und erzeugen gleichzeitig im dynamischen Wechselspiel Probleme, die mit diesen Prämissen nicht mehr lösbar sind. Dasselbe gilt natürlich auch für den Kommunismus/Sozialismus. Auch hier sind die Prämissen klar beschrieben und liest man die Bücher kommunistischer/sozialistischer Theoretiker, so scheint das System zu funktionieren. Doch hier fehlen exakt jene Mechanismen, wie die Lösung des Informationsproblems und die Kompensation der menschlichen Schwächen u.a., die nur der Kapitalismus lösen kann und vice versa. Das permanente Ungleichgewicht in einem Staatssystem erfordert letztendlich permanente СКАЧАТЬ