Omnipotens. Thorsten Klein
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Название: Omnipotens

Автор: Thorsten Klein

Издательство: Readbox publishing GmbH

Жанр: Контркультура

Серия: PSYCHE

isbn: 9783347093713

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      Der Hauptmann lächelte nur. Dann pfiff er auf den Fingern und der Minister konnte sehen, es waren noch zwei weitere Attentäter da. Genau wie der Kriminalrat vermutet hatte. Alle drei waren bewaffnet. Mit Karabinern, Pistolen und Seitengewehren. Als wären sie an der Front. Vielleicht waren sie ja an der Front, dachte der Minister. Für den Hauptmann Baltheisser schien der Krieg noch nicht zu Ende zu sein.

      „Wir wollen dich nicht so einfach erschießen, Minister.“ Der Hauptmann beobachtete, wie seine Kameraden näherkamen, statt den anzusehen, mit dem er sprach. „Was nutzt uns schon ein toter Minister. Ihr habt nicht nur einen schändlichen Waffenstillstand unterschrieben, sondern seid nun dabei, einen noch viel schändlicheren Frieden auszuhandeln. Wir wollten dir dazu die Meinung des Volkes mitteilen. Das lehnt jeden Frieden mit seinen Erbfeinden ab. Wir sind vielleicht etwas grob dabei gewesen und haben geschossen. Aber der Minister wird sich unsere Ermahnung deshalb viel besser merken, als wenn wir sie in diplomatische Worte gesteckt hätten.“

      Inzwischen standen alle drei Offiziere viel näher beim Minister. Ihre Karabiner waren auf ihn gerichtet und er war nicht der Meinung, die Szenerie hätte an Bedrohlichkeit verloren. Auch wenn die Worte des Hauptmannes einen anderen Eindruck vermitteln wollten.

      „Wenn ihr mich nicht erschießen wollt, wieso habt ihr immer noch eure Waffen auf mich gerichtet?“, fragte er.

      Das Lächeln des Hauptmannes war keine Antwort, sondern eher eine weitere Drohung. „Wenn wir dich erschießen, Minister, müssten wir ja den Herrn Kriminalrat mit erschießen, mit dem du gewandert bist. Für einen Polizisten ist er ziemlich feige.“

      Der feige Polizist stand bei diesen Worten auf. „Ich bin nicht feige, ich bin vorsichtig. Wenn man unbewaffnet ist, scheint mir das eine gute Polizeitaktik zu sein. Gewehrkugeln sind so schnell, keiner kann ihnen davonlaufen.“

      „Doch, ihr könnt davonlaufen. Wir schenken euch euer erbärmliches Leben. Vorerst. Denkt immer an die mächtige Hand der Feme. Sie erreicht euch überall. Feige Politiker, die mit dem Feind paktieren, sterben schnell in der heutigen Zeit. Und jetzt lauft!“

      „Wir dürfen gehen?“, fragte der Minister ungläubig.

      „Ich würde mich damit beeilen. Meine Kameraden würden euch lieber tot sehen, aber ich schenke euch das Leben. Also lauft schon. Lauft schnell.“

      Der Minister beeilte sich, dieser Aufforderung nachzukommen. Irgendwo dort vorn war die Straße. Wo die Straße war, war Sicherheit. Also lief er.

      Der Kriminalrat lief nicht ganz so schnell. Vielleicht traf ihn deshalb der erste Schuss. Genau in den Kopf. Die anderen Schüsse trafen alle den Minister. Der hatte die Straße fast erreicht, als er getroffen wurde, und fiel nun die Böschung hinab, die ihn von der Straße trennte. Im Sterben sah er, wie sich die drei Männer über ihn beugten, die auf ihn geschossen hatten. „Ist er nun endlich krepiert?“, fragte einer von ihnen.

      „Scheint nicht so“, erwiderte der Hauptmann. „Der andere ist schon krepiert. An einem direkten Schuss in den Kopf. Oberst von Krüger bat mich darum. Ihr wisst, was geschieht, wenn man ihm nicht gehorcht. Der hier wird auch gleich sterben. Machen wir dem Scheiß ein Ende und verschwinden dann.“

      Der Minister sah noch die auf ihn gerichteten Karabiner. Die Schüsse hörte er nicht mehr.

      Ort: Psyche, Moskau, Kreml

      „Ich dachte, ich habe nicht richtig gehört, als mir mein Sekretär deinen Besuch meldete.“

      „Überrascht? Ich wollte dir nur zur Genesung gratulieren, Genosse Bolschoi. Was ist daran so ungewöhnlich?“

      „Ich dachte, du seiest ein unverzichtbarer Kommandeur unserer siegreichen Revolutionstruppen in deiner grusinischen Heimat, Genosse Wissarew.“

      Der Genosse Wissarew spürte diesen Hieb. Der saß doppelt. Er war kein unverzichtbarer Kommandeur, sondern musste im Laufe des Bürgerkrieges erkennen, dass seine militärischen Fähigkeiten minimal waren. Außerdem hasste er es, von Russen wie Bolschoi darauf hingewiesen zu werden, aus welcher Gegend des Reiches er eigentlich stammte und dass er kein Russe sei. Vater Robert hatte sich alle Mühe gegeben, Pepis Aussprache zu verbessern. Aber besonders dann, wenn Wissarew aufgeregt oder wütend war, hörte man seinen Worten an, dass er kein echter Russe war. Die meisten Russen, mit denen er sprach, quittierten diese Tatsache mit einem Lächeln. Meist mit einem verächtlichen Lächeln.

      „Meine Fähigkeiten als Kommandeur sind nicht länger gefragt, Genosse Bolschoi. Die Georgische Sozialistische Sowjetrepublik ist festes und unverbrüchliches Mitglied unseres großen, revolutionären Reiches. Auch Dank meiner Arbeit“, erklärte Wissarew.

      „Hauptsächlich Dank deiner Arbeit, Genosse Wissarew. Sei versichert, wir werden deine Verdienste nicht vergessen. Allerdings vergisst das Zentralkomitee auch nicht den Streit zwischen dir und dem Genossen Michael Arx. Habt ihr diesen Streit inzwischen beendet?“

      „Beendet? Dazu müsste der Genosse Arx einsehen, welche gravierenden politischen Fehler er gemacht hat, und helfen, diese rückgängig zu machen.“

      Bolschoi richtete sich in seinem Bett auf. Mühsam, wie Wissarew mit innerer Genugtuung feststellte. „Gravierende politische Fehler? Seine Armeen sind siegreich, seine militärischen Fähigkeiten werden von niemandem angezweifelt. Ich glaube, abgesehen vom General Ehrlichthausen, gibt es keinen General auf Psyche, der Michael Arx das Wasser reichen könnte. Fehler? Oder ist es eher Neid?“

      „Ich, neidisch? Kommunisten sind nicht neidisch, Genosse Bolschoi. Mir gefällt nur nicht, wie der Genosse Arx unsere revolutionären Errungenschaften mit Füßen tritt.“

      „Er tritt sie nicht mit Füßen, er verteidigt sie. Erst wollte er nicht, aber ich habe ihn überzeugt.“

      „Du hast ihn überzeugt, weiterzukämpfen?“

      „Überrascht? Wusstest du, dass er uns für immer verlassen wollte?“, fragte Bolschoi.

      Natürlich wusste Wissarew das. Er hatte gefeiert, als Tscherkassow ihm diese Nachricht brachte. Ohne Michael Arx wäre der Griff nach der Macht viel einfacher gewesen.

      War wieder mal typisch für Bolschoi, ihm diese Feier zu versauen. Der sah aus dem Fenster und bekam nicht mit, welche Gedanken Wissarews Gesicht widerspiegelte.

      Er hing seinen eigenen nach. „Ohne Michael Arx hätten wir den Krieg gegen die Weißen verloren. Trotz Mobilisierung der Massen. Er hat aus den Roten Garden eine Rote Armee, eine Truppe echter Revolutionäre gemacht. Keine Plünderungen mehr, keine vergewaltigten Frauen. So sollte Krieg sein.“

      Keine Vergewaltigungen? Keine Plünderungen? Wissarew konnte sich einen Krieg ohne solche Zutaten nicht vorstellen. In Georgien hatten sie geplündert und Frauen vergewaltigt. Warum auch nicht? Es stand siegreichen Soldaten einfach zu.

      Das Land nannte sich nun trotzdem Sozialistische Georgische Sowjetrepublik. Alle, die dagegen waren, hatte er aussortieren lassen und in sibirische Gulags gesperrt. Das brachte wahre Ordnung. Nicht Michaels Neuerungen.

      „Er hat aus den Roten Garden wieder eine echte revolutionäre Truppe gemacht?“, stänkerte Wissarew deshalb. „Wahrscheinlich, weil er wieder den Generalsrang eingeführt hat und Leute erschießen lässt, die gegen die Disziplin verstoßen.“

      „Richtig so“, stimmte Bolschoi zu. „Kann man denn anders ein Volk befreien? Indem man es ausplündert, vergewaltigt und einsperrt bestimmt nicht.“

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