Название: 9 ungewöhnliche Western April 2020: Western Sammelband 9006
Автор: Alfred Bekker
Издательство: Readbox publishing GmbH
Жанр: Вестерны
isbn: 9783745212129
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„Und wir verlangen freien Abzug!“, rief der unsichtbare Bandit.
„Da haben wir schon die nächste Forderung“, sagte Duncan wütend.
„Ist doch klar, dass die lebend aus der Stadt verschwinden wollen“, erwiderte ich.
„Du hast eine Stunde Bedenkzeit!“, tönte es über die Straße. „Danach erschießen wir die Geiseln. Eine nach der anderen!“
Sie zogen mich zurück in die Menge. Ich spürte Hunderte von Augenpaaren. Alle warteten darauf, dass ich etwas sagte.
„Das dürfen Sie nicht tun“, sagte Henry Duncan eindringlich. „Es rettet die anderen nicht, Carringo.“
„Woher wollen Sie das wissen?“
„Solche Kerle schwören das Blaue vom Himmel herunter und denken keinen Augenblick daran, es auch zu halten. Das wissen Sie doch so gut wie ich.“
„Weil sie sich ja an den Fingern ausrechnen können, dass sie ohne die Geiseln augenblicklich von uns mit Blei versorgt würden.“
Ich rieb mir über die Stirn. Duncan tauchte auf. „Mit dem Kaffee, das dauert noch. War kein Feuer im Herd.“
„Sollten wir nicht in die Agentur gehen?“, fragte einer der Transportbegleiter. „Hier starrt uns alles an. Und gleich werden die Leute Dutzende von Fragen stellen.“
„Ja, gehen wir“, sagte Henry Duncan.
Ich schloss mich Duncan und zweien seiner Leute beinahe willenlos an. Sie stellten mir im Warteraum der Station einen Stuhl an die Barriere und behandelten mich beinahe wie ein krankes Kind.
„Ich kümmre mich mal um Kaffee.“ Duncan wandte sich den rückwärtigen Räumen zu.
Die anderen umstanden mich. Wie belagert erschien ich mir. Aber ich musste nachdenken. Ich musste einen Weg finden, der meinen Gang zu den Banditen – falls ich den Mut aufbrachte, ihn anzutreten – nicht zu einem sinnlosen Unterfangen werden ließ, das den anderen tatsächlich nichts brachte.
„Für die Banditen geht es um Kopf und Kragen. Und das wissen diese Schurken.“ Einer der Männer setzte sich neben mich. „Duncan hat recht, Carringo. Die versprechen uns alles, was wir hören wollen, und leisten hundert heilige Eide darauf.“
„Das weiß ich doch alles selbst!“, herrschte ich den jungen Mann nervös an.
„Entschuldigen Sie.“ Der Transportbegleiter stand erschrocken auf.
„Es war nicht so gemeint“, murmelte ich.
„Wenn Sie sich jedenfalls dem Haus bis auf ein paar Yards nähern, knallen die Sie ab“, fuhr der junge Mann fort. „Das ist das einzige, was wir von deren Tun genau berechnen können.“
„Dann schieben sie die Geiseln vor sich her, verlangen Pferde und nehmen die Geiseln mit“, sagte der andere.
24
„Die Zeit ist gleich um.“ Duncan schaute auf die Uhr im Stationsraum.
Ich stellte die Kaffeetasse aus der Hand und stand auf. Dabei spürte ich die bohrenden, fragenden Blicke der anderen.
„Sie wollen wirklich gehen?“ Duncan schien es nicht glauben zu können.
„Ich muss wenigstens den Versuch unternehmen, ob Jellico, Manuela und Chaco zu retten sind. Wie soll ich mit dem Vorwurf weiterleben, es nicht versucht zu haben?“
Ich schaute nun doch die einzelnen Männer an.
„Nein, die lassen die anderen deswegen nicht frei!“ Duncan wollte nach meiner Hand greifen, doch ich zog sie weg und ging auf die Tür zu.
Draußen stand die wartende Menge. Riesig lang lagen die Schatten auf der Straße. Allmählich neigte sich dieser sehr lange Tag seinem Ende entgegen.
Die Leute wichen zurück und räumten die Straße vor der Station bis zur Ecke.
Duncan und seine Leute traten hinter mir aus der Station.
„Wir sollten diesen Wahnsinn verhindern!“, rief Duncan. „Sagt ihm, dass sein Opfertod sinnlos ist!“
Ich hörte, dass viele auf einmal redeten, verstand jedoch keinen. Schon stieg ich die beiden Stufen zur Fahrbahn hinunter, wandte mich der Hausecke zu und stand am Anfang der Phoenix Street. Dort lag mein Haus. Meine Hände griffen zur Schnalle des Patronengurtes, weil die Kerle wohl erwarteten, dass ich ohne den Revolver erschien, und weil ich wusste, dass es mir nichts nutzte, ihn mitzunehmen.
„He, jetzt hab ich den Marshal aufgespürt, Boss!“, rief eine erregte Stimme vor der Station. „Der ist noch aktiv und hat ein paar Leute bei sich. Die sind …“
Das jähe Knattern von Schüssen unterbrach den Mann und ließ auch meine Hände innehalten. In der Nische meinem Haus gegenüber ließen sich Gewehrläufe erkennen. Pulverdampfwolken breiteten sich aus. Kugeln trafen prasselnd die Wände meines Hauses und fetzten Glasreste aus den Fensterrahmen.
Duncan und seine Leute zogen mich wieder zurück.
„Das ist Marshal Jones mit seinen Schießern!“, rief der junge Kutscher, der so lange unterwegs gewesen war, um den Gesetzeshüter aufzuspüren.
„Im Namen des Gesetzes!“, brüllte Jones und wagte sich aus der Hauslücke.
„Der muss von allen guten Geistern verlassen sein“, murmelte Duncan geschockt.
Seine Leute ließen mich los.
Ich stürmte in die Straße. Jones und die beiden anderen, die Sterne an den Westen trugen, zogen sich in die Nische zurück, als von gegenüber Schüsse fielen. Wieso ich unverletzt zu ihnen gelangte, wusste ich später auch nicht zu sagen.
„Sie Narr, Jones!“, brüllte ich, ging auf den Marshal los und schlug ihn mit ein paar harten Hieben zusammen.
Kugeln pfiffen in die Nische und kratzten an den Holzwänden der Schuppen entlang.
Ich packte Jones, zerrte ihn hinter das Gebäude, zog ihn wieder auf die Füße und schlug ihn in blinder Wut abermals zusammen.
Duncan, der Arzt und viele andere Leute eilten von Osten in den Hof des Anwesens.
Jones krümmte sich stöhnend am Boden. Jedoch traf nicht einmal der Arzt Anstalten, ihm irgendwie behilflich zu sein. Rundum feindliche Blicke verrieten dem Marshal, dass er mit keinerlei Unterstützung für seine fragwürdige Tat zu rechnen hatte.
„War wohl nicht ganz klug, uns als Hilfsmarshals anheuern zu lassen“, murmelte der eine Helfer. „Aber ich wollte eben auch gern mal einen Stern tragen.“
„Und wenn es das letzte im Leben ist, was, Bakman?“ Duncans Mundwinkel bogen sich verächtlich nach СКАЧАТЬ