Название: Keine Panik, ist nur Technik
Автор: Kenza Ait Si Abbou
Издательство: Readbox publishing GmbH
Жанр: Программы
isbn: 9783833876349
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Ich finde es immer sehr interessant, was wir Menschen uns einfallen lassen, um andere Menschen oder Maschinen auszutricksen. Wir sind offenbar davon überzeugt, dass es Regeln nur gibt, um sie zu umgehen. Das Paradoxe daran ist, dass wir Menschen erst Programme und Techniken erfinden, damit sie uns Arbeit abnehmen und unsere Lebensqualität verbessern – und dann wieder neue Dinge erfinden, um die Folgen ihrer Existenz auszuhebeln. Persönlich zugeschnittene Werbung (einst als Service gedacht) wird heute von Ad-Blockern ausgefiltert; Algorithmen, die ursprünglich erfunden wurden, um unsere Kommunikation zu verbessern, helfen uns beim Beantworten von E-Mails. Warum ist das eigentlich so? Ist das nur eine normale Entwicklung oder eine Fehlprogrammierung?
Programmierer sind jedenfalls immer wieder darüber überrascht, wie Nutzer mit ihren Systemen umgehen. Als ich noch im technischen Service arbeitete, verblüffte mich oft die Kreativität meiner Kunden im Umgang mit der Hardware, die wir gebaut hatten. Sie dachten sich immer Sachen aus, die wir ursprünglich nicht eingeplant hatten, und schon machte das Gerät nicht mehr mit, weil es dafür nicht gebaut war. Wenn ein Wunsch öfter auftauchte, erweiterten wir die Funktionalität entsprechend, aber die eierlegende Wollmilchsau konnten auch wir natürlich nicht liefern. Am Ende findet sich eh immer ein Nutzer, der die eine oder andere Funktionalität austrickst. Die Kreativität der Menschen ist einfach faszinierend.
Sprachassistenten und Messenger
Am nächsten Tag sind wir bei unserer Freundin Maria zum Abendessen eingeladen. Für mich eine Mahlzeit weniger, über die ich diese Woche entscheiden muss. Maria wohnt um die Ecke, hat noch keine Kinder, aber freut sich, immer mal wieder für uns zu kochen. Wir gehen auch gerne hin, nicht nur um bekocht zu werden, sondern weil die Abende mit Maria immer sehr lustig sind, in letzter Zeit besonders. Sie hat momentan keinen Partner und sich deswegen bei Tinder angemeldet. Die Geschichten über ihre misslungenen Dates sind sehr unterhaltsam und für uns eine neue Welt. Denn mein Mann und ich sind schon seit einigen Jahren zusammen, und in unseren Single-Jahren gab es noch keine Dating-Apps.
Maria setzt nicht nur bei der Partnersuche auf neueste Technik, auch bei ihr zu Hause ist alles digital. Sie liebt ihren Sprachassistenten, eine kleine Box, die sie »Horst« nennt. Sehr zum Bedauern unseres Sohnes wird Horst nie bei uns einziehen, denn ich bin der Meinung, ich gebe bereits so schon viele Informationen über mich preis, da brauche ich nicht auch noch ein Gerät, das unsere Gespräche am Küchentisch mithört. Aber mal sehen, wie lange wir das aushalten, denn irgendwann wird der Nachwuchs es vielleicht verlangen, und dann müssen wir uns damit beschäftigen, welcher Sprachassistent das kleinere Übel ist.
Maria hat dazu, wie gesagt, eine andere Meinung, sie hat ja nichts zu verbergen. Horst ist bei ihr immer auf Empfang, so kann er die Lampen an- und ausschalten, Maria das Wetter für den nächsten Tag voraussagen (und ob sie eine Regenjacke braucht), und auch die Wahrscheinlichkeit einer nächtlichen Werwolfattacke kann sie bei ihm abfragen. Letzteres macht Maria natürlich nur aus Spaß und erheitert unseren Sohn damit sehr. Auch wenn ich dem Gerät durchaus einen gewissen Unterhaltungswert zugestehen muss, bitte ich Maria, Horst auszuschalten, wenn wir bei ihr sind, und sie entspricht meinem Wunsch auch immer. Denn wir sind nicht nur sehr gute Freunde, wir haben sogar einen rechtlichen Anspruch darauf, nicht aufgezeichnet zu werden. Geregelt wird das über die bereits erwähnte Datenschutz-Grundverordnung. Das weiß Maria sehr gut, denn sie ist Anwältin – nur von Technik und Männern hat sie nicht so viel Ahnung …
Nach einer weiteren lustigen Tinder-Geschichte landet unser Gespräch beim Thema Cookies. Maria fragt, ob es Zufall sein kann, dass ihr etwas, das sie per WhatsApp geschrieben hat, ein paar Tage später zum Kauf angeboten wird. Maria war letzte Woche in Brüssel, und in einem Chat mit ihrer Mutter schrieben die beiden über belgische Schokolade. Kurz darauf bekam Maria Werbung für belgische Schokolade in ihr E-Mail-Postfach. Sie hatte nicht online danach gesucht und fragt uns nun, wie es dazu kommen konnte. Das ist natürlich keine einfache Frage. WhatsApp sagt, dass die Nachrichten von Ende-zu-Ende verschlüsselt sind, was bedeutet, dass in diesem Fall nur Maria und ihre Mutter den Inhalt der Nachrichten lesen können, und nicht etwa der Nachrichtendienstanbieter (also WhatsApp selbst beziehungsweise Facebook, zu dem WhatsApp gehört) oder gar dritte Personen. Wie kommt es also dazu, dass die belgische Schokolade ihren Weg in Marias Postfach gefunden hat?
Tja, dazu gibt es keine klare Antwort. Theoretisch ist das nicht möglich, solange die Nachrichten verschlüsselt sind. Praktisch sieht die Realität offenbar anders aus.
Maria ist verwirrt, das kann ich gut verstehen. Um hier etwas mehr Licht ins Dunkel zu bringen, steigen wir an dieser Stelle etwas tiefer ins Thema ein und schauen uns mal an, wie Maschinen überhaupt lernen und wie wir mit ihnen kommunizieren.
DENK DOCH MAL NACH, MASCHINE!
Wie Codes und Algorithmen den Computern auf die Sprünge helfen
Unsere digitale Welt wird von Maschinen betrieben, manchmal sitzen wir selbst am Steuer, aber meistens genießen wir einfach nur den Service, den uns diese Maschinen anbieten. Unsere Bequemlichkeit bezahlen wir mit unseren Daten. In der Technikwelt gilt der Satz: Wenn man nicht für ein Produkt zahlt, dann ist man selbst das Produkt! Das bedeutet: Wir bezahlen mit unseren Daten, und manchmal nicht zu knapp. Wir zahlen also jedes Mal, wenn wir unsere Mobiltelefone nutzen, unsere Smartwatches, unsere Sportarmbänder oder einen der zahllosen Online-Dienste wie Suchmaschinen oder Vergleichsportale. Man könnte sagen, dass uns diese Bequemlichkeit sehr teuer zu stehen kommt, denn wir füttern die Maschinen mit intimsten Geheimnissen, die wir nicht einmal unseren engsten Freunden ungefiltert mitteilen würden. Den Maschinen ist das natürlich egal, sie sammeln ganz einfach Daten, um unsere Bedürfnisse, Wünsche und Gewohnheiten zu ermitteln und uns weitere Angebote für noch mehr Bequemlichkeit zu liefern, damit wir noch mehr konsumieren und noch mehr Daten zur Verfügung stellen. Daten feuern die Motoren der digitalen Maschinen an, sie sind der Treibstoff der KI.
Wie die KI die Daten verarbeitet, was ein Algorithmus ist, wie er programmiert wird und wie die Mathematik eine Maschine in die Lage versetzt, so zu lernen, wie wir es nur von unseren Kindern kennen, das alles schauen wir uns in diesem Kapitel an.
Coden lernen ist wie eine neue Sprache lernen
Mit Coden beziehungsweise Programmieren kam ich zum ersten Mal an der Uni in Berührung. An meiner Schule war das nie ein Thema gewesen, weshalb ich zu Beginn einen Riesennachteil im Vergleich zu einigen meiner Kommilitonen hatte. Denn ein Ingenieursstudium ohne Programmieren ist gar nicht mehr vorstellbar. Schon im ersten Semester stand bei mir die Programmiersprache C auf dem Lehrplan. Am Anfang klang für mich alles wie Chinesisch, aber bald hatte ich die Logik dahinter durchblickt, und dann ging vieles leichter.
Für mich war es der entscheidende Moment, als ich endlich verstand, dass es sich dabei um eine Aneinanderreihung von Befehlen handelt, die die Maschine nach und nach abarbeitet. Je nach Programmiersprache ist der Satzbau ein anderer, aber die Logik bleibt: Befehl und Ausführung. Unter dem Satzbau, also der Syntax einer Programmiersprache, versteht man ein System von Textelementen, mit denen wohlgeformte Programmtexte aus einem grundlegenden Zeichenvorrat gebildet werden müssen. Man muss sich das vorstellen wie eine Fremdsprache, die viele mehr oder weniger feste Redewendungen beinhaltet. Programmiersprache hat immer auch ein System von Regeln, also eine Grammatik, an die sie sich halten muss, während der Zeichenvorrat das Vokabular darstellt. Daraus werden Programmtexte gebildet, um bestimmte Sachverhalte möglichst kurz und knapp zu beschreiben.
Wenn ich in der Sprache C zum Beispiel »int СКАЧАТЬ