5 mörderische Herbst Thriller - Krimi Sammelband 5003 September 2019. Cedric Balmore
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      Der Hohepriester des Satans musterte sie ohne jegliche erkennbare Regung, während die anderen Sektenmitglieder erwartungsvoll zu ihm hinstarrten.

      Er war der Stellvertreter Satans auf Erden - so jedenfalls nannte er sich selbst. Und Kimberley wusste, dass alles, was jetzt geschah, einzig von ihm abhing.

      Sie machte sich auf das Schlimmste gefasst.

      Mit einer Handbewegung brachte James das leise Gemurmel unter Satans Kindern zum Schweigen und sagte: "Nehmt sie und bringt sie in den Tempel! Wir werden unserem Herrn und Meister, dem Gebieter der Finsternis und des Chaos das Opfer schon jetzt bringen! Nehmt sie und übergebt sie dem Engel des Todes!"

      28

      Der Wächter wirbelte im letzten Moment herum, aber es war zu spät. Bount gab ihm keine Chance, die Waffe herauszureißen, sondern verpasste ihm einen Schlag, der ihn mit einem dumpfen Ächzen zusammenklappen ließ.

      Aber dieses Geräusch ging in dem allgemeinen Tumult, der die Nacht erfüllt hatte, unter.

      Bount blieb bei einer Hausecke stehen, um etwas Deckung zu behalten.

      Er sah die Fackeln in der Dunkelheit. Es war ein gespenstischer Zug, in dessen Mitte sich eine zappelnde, widerstrebende Gestalt einer jungen Frau befand.

      Kimberley Morgan.

      Der Fackelschein tauchte ihr Gesicht in ein warmes, flackerndes Licht. Ihre Augen waren vor Schrecken weit aufgerissen. Zuerst hatte Bount sie schreien hören, aber jetzt war sie vor Entsetzen verstummt.

      Bount wusste, dass er erst einmal abwarten musste, auch wenn es ihm nicht gefiel. Der gespenstische Zug setzte indessen seinen Weg zu jenem Gebäude fort, dass das Zentrum dieser kleinen Siedlung zu sein schien. Der Tempel Satans, in dem aufgeklärte Menschen des zwanzigsten Jahrhunderts sich an finsteren Ritualen berauschten.

      Bount sah die unheilige Gemeinde in ihrem Tempel verschwinden.

      Bount sah einen bewaffneten Wächter vor dem Gebäude patrouillieren. Der würde kein unüberwindliches Hindernis darstellen. Und dann? Es waren mindesten hundert Menschen im Tempel versammelt!

      Bount hatte kaum irgendwelche Waffen gesehen. Nur vereinzelte Revolver und Gewehre bei denjenigen, die offenbar mit Bewachungsaufgaben betraut waren. Und das waren nicht allzu viele.

      Den einfachen Sektenmitgliedern hätte man vielleicht auch gar nicht so weitreichendes Vertrauen geschenkt. Bount schlug einen Bogen, schlich von Gebäude zu Gebäude, bis er schließlich den Wächter erreicht hatte. Er schien etwas vor sich hin zu träumen. Als er den Blick hob sah er in die Mündung von Bount Reinigers Automatic.

      "Keinen Laut!", befahl dieser.

      Er nickte.

      Bount nahm ihm die Waffe ab und warf sie ein paar Meter weit fort in den Staub. Er machte eine Geste mit der Waffe in der Hand.

      "Wir gehen dort jetzt hinein!", bestimmte er.

      "Aber... Das geht nicht! Dort ist jetzt eine Zeremonie!", stammelte sein Gegenüber.

      Bount drehte ihn roh herum, packte ihn von hinten und drückte ihm die Automatic in den Rücken.

      "Ich hoffe nicht, dass du mir Schwierigkeiten zu machen versuchst!", zischte er.

      Er gab keine Antwort.

      Von drinnen war jetzt ein merkwürdiger, summender Gesang zu hören, ein Gesang, der sich anhörte, als stammte er von den verdammten Seelen im Jenseits selbst.

      Bount fragte: "Wo ist die Frau?"

      "Welche Frau?"

      "Du weißt genau welche! Und im Augenblick habe ich wenig Sinn dafür, mir eine so dämliche Antwort anzuhören! Pech für dich, aber mein Humor ist heute auf null, Mann!" Der Kerl wandte ein wenig den Kopf, so dass er Bount aus den Augenwinkeln heraus anschielte. Er schien jetzt begriffen zu haben, dass Bount es ernst meinte.

      "Sie wird für das Ritual vorbereitet", sagte er.

      "Ein Ritual, dass sie nicht überleben wird."

      "Sie ist unser Opfer für den Herrn der Finsternis, den Gebieter über das Chaos."

      "Wo findet diese Vorbereitung statt?"

      "In einem Nebenraum. Dann wird man sie in den Hauptraum führen und auf den Altar legen."

      "Führ mich zu ihr!"

      Er zögerte für den Bruchteil eines Augenblicks.

      Dann erklärte er: "Du bist der Mann aus New York, der hinter uns her spioniert, nicht wahr?" Es war alles andere als irgendeine Art Frage, sondern war eine schlichte Feststellung.

      Bount verzog das Gesicht.

      "So, das weißt du also auch schon."

      "Du wirst nicht davonkommen!" Er sagte das mit so absoluter Überzeugung, dass man frösteln konnte. Es klang wie eine Art Todesurteil.

      "Vorwärts!"

      Sie gingen durch die Tür und kamen in einen Vorraum. Geradeaus ging es weiter zu einer hölzernen Doppeltür. In jeden der beiden Flügel war ein umgedrehtes Kreuz eingebrannt - das Symbol Satans.

      Hinter der Tür musste sich der Altarraum befinden. Bount hörte den summenden Gesang, der jetzt noch mehr anzuschwellen schien. Es war gespenstisch.

      Und dann war da noch eine kleine Seitentür.

      Bount deutete dorthin.

      "Ist sie dort?"

      "Ja."

      "Dann mach auf!"

      Bount hielt den Wächter genau im Auge und achtete auf jede Bewegung. Der Kerl war sicher kein Profi in seinem Fach, aber wenn er irgendetwas versuchte, und die Männer und Frauen im Altarraum darauf aufmerksam wurden dann konnte diese Aktion ein übles Ende nehmen. Der Kerl öffnete die Tür und machte einen zaghaften Schritt vorwärts. Bount half nach und gab ihm einen kräftigen Stoß, der ihn in den Raum hineintaumeln ließ. Bount stand breitbeinig da, mit der Automatic im Anschlag und blickte verständnislose Gesichter, die erst eine Sekunde zu brauchen schienen, um zu begreifen, was geschehen war.

      Insgesamt waren es zwei Männer und eine Frau, die Kimberley festhielten und sie für das Ritual vorbereiteten. Bount konnte sich nicht so recht vorstellen, worin diese Vorbereitung wohl liegen mochte - aber ganz offensichtlich gehörte dazu, dass man ihre Kleider gegen ein schwarzes, bis zur Hälfte der Oberschenkel reichendes Hemd ausgetauscht hatte. Offenbar war das nicht ohne Gewaltanwendung geschehen. Jedenfalls zeigten Kimberleys Arme, Beine und auch ihr Gesicht Spuren, die darauf hindeuteten: blaue Flecken und kleinere Schürfungen.

      "Loslassen!", zischte Bount.

      Sie gehorchten.

      Kimberley kam instinktiv zu Bount herüber. Erst etwas zögernd, dann immer entschiedener.

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