Название: A Theologico-Political Treatise and A Political Treatise
Автор: Benedict De spinoza
Издательство: Ingram
Жанр: Религия: прочее
Серия: Dover Philosophical Classics
isbn: 9780486119366
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Was innerhalb der Informellen Logik unter Argumentation verstanden wird, ist am Beispiel der Dialogtheorie Waltons deutlich geworden: Argumentation ist dialogisch, findet zwischen verschiedenen Beteiligten statt, ist aber normativ eingebettet in bestimmte Verfahrensregeln. Die Frage, wie sich Geltung konstituiert, ist für die Informelle LogikInformelle Logik nicht insgesamt zu beantworten, sondern wird stark diskutiert. Welche Rolle spielen die Kriterien RelevanzRelevanz, HinlänglichkeitHinlänglichkeit und AkzeptabilitätAkzeptabilität, die oben bereits genannt wurden? Welche Rolle spielen WahrheitWahrheit und EffektivitätEffektivität in diesem Zusammenhang? Diese Diskussion soll am Beispiel der Debatte um Johnsons Veröffentlichung „Manifest Rationality“ (2000) dargestellt werden. Johnson, eine der Gründungsfiguren der Informellen Logik, entwickelt in seinem Buch, auf der Grundlage der Geschichte der Informellen Logik, eine Theorie der Argumentation, die zentral auf dem Begriff der dialectical tier fußt. Dieser lässt sich am besten übersetzen als ‚dialektische Ebene‘ innerhalb der Argumentation. Diese dialektische Ebene bezieht sich darauf, dass Argumentationspartnerinnen innerhalb ihrer Argumentation die möglichen Einwände und Gegenargumente einbeziehen müssen. Dieses Einbeziehen möglicher Gegenargumente bestimmt die Qualität der eigenen Argumente. Johnson (2000) definiert Argument folgendermaßen:
An argument is a type of discourse or text – the distillate of the practice of argumentation – in which the arguer seeks to persuade the Other(s) of the truth of the thesis by producing the reasons that support it. In addition to this illative core, an argument possesses a dialectical tier in which the arguer discharges his dialectical obligations (S. 168).
Ein Argument ist hier also das Produkt – distillate – von Argumentation. Es bestimmt sich nicht nur durch die Schlussbeziehung (illative core), sondern auch durch dialektische Verpflichtungen. Diese sind, wie oben beschrieben, gefasst als die Aufnahme von Gegenargumenten in die eigene Argumentation, eine Aufnahme, die, so Johnson (2000, S. 166), die erwartbaren Gegenargumente (standard objections) berücksichtigen muss. Wichtig ist hier, dass sich ein Argument nicht durch die dialektische Ebene von anderen Argumenten abgrenzt, sondern durch diese Ebene erst zu einem guten Argument wird. Weiterhin wird WahrheitWahrheit zu einem wichtigen Kriterium für Argumentation. Die Teilnehmerinnen wollen einander nicht von der Plausibilität oder Akzeptabilität ihrer Thesen überzeugenÜberzeugen, sondern von deren WahrheitWahrheit.
Tindale (2002) kritisiert an Johnsons Ansatz, dass hier die Kriterien für gute Argumente innerhalb der Informellen Logik – RelevanzRelevanz, HinlänglichkeitHinlänglichkeit und AkzeptabilitätAkzeptabilität – um WahrheitWahrheit erweitert werden (vgl. S. 303). Man könnte sagen, dass Johnson damit das Konzept argumentativer Geltung stärker in Richtung der Formalen Logik bewegt und damit weg von eher rhetorischen Konzepten. Zudem ist bemerkenswert, dass bei ihm nur schriftlicher Diskurs in den Bereich der Argumentation einbezogen wird, was große Bereiche – Alltagsgespräche und auch politische Debatten – außen vor lässt. Sicher lassen sich mündliche und schriftliche Argumentation voneinander unterscheiden, mit der Definition Johnsons wird der mündliche Bereich des BegründungshandelnsBegründungshandeln in Bezug auf einen strittigen Punkt aber als nicht-argumentativ etikettiert (vgl. zu einer weiterführenden Kritik auch Tindale, 2002). Diese Diskussion mag andeuten, dass es nicht möglich ist, zu sagen, wie Geltung innerhalb der Informellen Logik insgesamt bestimmt wird, sondern „nur“, welche Diskussionslinien sich zu diesem Thema ausmachen lassen.
Exkurs: Kritisches Denken
Zeitlich parallel und auch in starker Verbindung mit der Informellen Logik entwickelte sich in den USA und Kanada eine pädagogische Strömung, die das critical thinking ins Zentrum des Curriculums stellte. Kritisches DenkenKritisches Denken ist dabei nicht an eine Disziplin gebunden – auch wenn die meisten Autorinnen in diesem Feld aus der Philosophie kommen –, sondern bestimmt sich durch die Herangehensweise an Fragestellungen in jeder beliebigen Disziplin (vgl. van Eemeren, Grootendorst & Snoeck Henkemans, 1996, S. 165). Ennis (2011) definiert Kritisches DenkenKritisches Denken dann auch relativ weit als „reasonable and reflective thinking focused on deciding what to believe or do“ (ohne Seitenangabe). Kritisches DenkenKritisches Denken ist nicht die Anwendung Informeller Logik oder eines anderen argumentationswissenschaftlichen Ansatzes; Argumentation und Argumentationsanalyse sind aber wichtige Bestandteile des Kritischen Denkens. Da das Kritische Denken aber sehr eng mit der Entwicklung der Informellen Logik verbunden ist, soll es hier kurz näher betrachtet werden.
Ennis (2011) nennt 12 Fähigkeiten, über die „Kritische Denkerinnen“ verfügen sollten:
Focus on a question
Analyze arguments
Ask and answer clarification and/or challenge questions
Judge the credibility of a source
Observe, and watch observation reports
Deduce and judge deduction
Make material inferences
Make and judge value judgements
Define terms and judge definitions, using appropriate criteria
Attribute unstated assumptions
Consider and reason from premises
Integrate dispositions and other abilities in making and defending a decision
Kritisches DenkenKritisches Denken besteht also aus wichtigen Aspekten der Argumentation: die Konzentration auf eine klar bestimmte Fragestellung, die Fähigkeit, Argumente analysieren zu können, ungeäußerte, implizite Annahmen zu identifizieren und zuzuordnen. Aus dieser Liste wird deutlich, dass das Modell des Kritischen Denkens keine Praxis der Argumentation ist und auch nicht die praktische Umsetzung der Informellen Logik. Zugleich sind argumentative Fähigkeiten aber essentiell für Kritisches DenkenKritisches Denken. „Argument analysis, I contend, is but one important part of critical thinking“ (Govier, 1989, S. 117). Die Analyse von Argumentation ist immer Kritisches DenkenKritisches Denken, aber nicht jede Form von Kritischem Denken besteht in der Analyse von Argumentation (Govier, 1987, S. 238). Kritisches DenkenKritisches Denken soll es ermöglichen, verschiedene Fragen zu untersuchen und so informierte, fundierte Entscheidungen zu treffen. Eine ausgeprägte Argumentationsfähigkeit ermöglicht damit auch gesellschaftliche Teilhabe.
3.2 Fehlschlüssigkeit und Fehlschlüsse
Die Informelle LogikInformelle Logik hat sich in den vergangenen Jahrzehnten als ein enorm fruchtbares Feld der Argumentationsforschung etabliert. Ein zentraler Gegenstand dieses Feldes ist die Forschung zu den Fehlschlüssen. Den Ausgangspunkt dafür bietet wieder einmal eine Schrift von Aristoteles, die „Sophistischen Widerlegungen“. Nimmt Aristoteles die Fehlschlüsse auch in der „Analytik“ und der „Rhetorik“ wieder auf, so scheinen die „Sophistischen Widerlegungen“ doch die Grundlage für das Verständnis der Fehlschlüsse zu bilden (vgl. Tindale, 2010). Um diese Einordnung nachvollziehbar zu machen, ist es wichtig zu beleuchten, wer die Sophisten waren und wie sie beurteilt wurden. Der Platz der Sophisten ist eigentlich in der Rhetorik und in der rhetorischen Perspektive auf Argumentation. Sie waren Gelehrte und Redelehrer im antiken Griechenland. Sie unterrichteten Rhetorik – Rede und Argumentation. Die Auffassungen der Sophisten zur Rhetorik waren an die Praxis der öffentlichen Rede gebunden. Sie gingen von der wichtigen СКАЧАТЬ