Название: Boat People
Автор: Sharon Bala
Издательство: Автор
Жанр: Контркультура
isbn: 9783963114441
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Fred blinzelte in die Sonne, nahm die Brille ab und holte seine Sonnenbrille aus der Brusttasche. Apropos, wie laufen die Dinge in Ihrem neuen Job? Haben Sie die Leute alle auf Vordermann gebracht?
Es läuft gut.
Er schüttelte den Kopf. Die machen die öffentliche Sicherheit zur Farce. Das muss sich ändern. Ich erwarte von Ihnen, dass Sie einen neuen Ton einführen.
Grace sah ihr Spiegelbild auf seinen Brillengläsern. Na ja, ich muss noch einiges lernen …
Sie waren schon immer ein kluger Kopf.
Aber ich stoße bald an meine Grenzen. Grace zog sich ihre Sonnenbrille vom Kopf und setzte sie richtig auf. Einen ganzen Monat war sie schon dabei, und immer noch fühlte sie sich wie ein Hochstapler. Bei den Sitzungen ging es immer nur um Verbreitung von Informationen, besprochen wurde nichts. Erfordernis des Nexus, reales gegen spekulatives Risiko – sie kam mit dem Juristenjargon einfach nicht zurecht. Aber ihre Kollegen traten alle so sicher und selbstbewusst auf; sie um Hilfe zu bitten, käme einem Eingeständnis ihres eigenen Versagens gleich.
Ich habe ein Buch zum Flüchtlingsgesetz, und das hat sich als sehr nützlich erwiesen.
Bei einigen ihrer Kollegen hatte sie dieses Buch gesehen und es sich dann selber gekauft. Aber die Lektüre war ein schwerer Brocken.
Fred winkte ab. Sie brauchen das alles gar nicht, sagte er. Vertrauen Sie ihrem Instinkt. Präzedenz- und Fallrecht, was hat uns das gebracht? Eingeschmuggelte Straftäter, die unseren Sicherheitsbehörden nichts als Kopfschmerzen bereiten.
Grace musste an die Schießerei vor dem Prince Regent Hotel denken und ihre Panik, bis die Mädchen unversehrt zur Haustür hereingekommen waren.
Fred sagte: Diese Leute bekommen einen Fuß in die Tür, leben sich ein und können dann nicht abgeschoben werden. Maulwürfe, Wanzen …, wenn Sie nur wüssten, wie viel dieser russische Gangster den Steuerzahler kostet. Aber die Polizei und der Grenzschutz, das sind die wahren Helden. Die sind jeden Tag draußen an der Front.
Der automatische Rasensprenger ging an und Grace nahm die Gelegenheit wahr, unter dem Schutz ihrer Sonnenbrille wegzuschauen und wegzuhören. Fred vergaß manchmal, dass er nicht hinter einem Mikrofon stand.
Von Fred hatte Grace ihren ersten Job bekommen. Vor zwanzig Jahren, lange vor Steve und den Zwillingen, hatte Fred ihr seinen Tageskalender und den Anrufbeantworter anvertraut, auch beim Abfassen von Berichten und Diskussionsvorlagen hatte er sie zu Rat gezogen. Als die Stelle eines Politikanalysten frei wurde, hatte er für ihre Beförderung alle Hebel in Bewegung gesetzt. Es hatte andere, bessere Kandidaten gegeben, fand Grace. Aber Fred hatte ihr erklärt: Für diesen Job braucht man keinen Master. Als Fred aus der Provinzpolitik in die Landespolitik aufstieg, war sie bereits Einsatzleiterin und seine rechte Hand.
Und als sie sich einmal um die Weihnachtszeit über Langeweile beklagt hatte, bot Fred ihr eine Abwechslung an: einen Arbeitsvertrag auf drei Jahre bei der Einwanderungs- und Flüchtlingsbehörde. Betrachten Sie es positiv als Versetzung, sagte er. Als Sprungbrett nach oben. Die haben mit einem Riesenrückstau unbearbeiteter Fälle zu schaffen und suchen gerade nach einem zusätzlichen Mitarbeiter. Ich kenne niemanden, der besser dafür geeignet wäre als Sie.
Grace dachte an Mitchell und was er über ihre Qualifikation zu sagen hätte.
Kennen Sie einen Mitchell Hurst?, fragte sie.
König der Gutmenschen, sagte Fred. Hat er Ihnen Schwierigkeiten bereitet?
Nein, sagte Grace nachdenklich und wusste nicht, woher der Impuls gekommen war, Mitchell zu schützen. Er war … in Ordnung. Alle waren mir gegenüber sehr zuvorkommend.
Hurst gehört zur alten Schule. Die Liberalen haben überall Leute wie ihn eingesetzt, Linke, die sich vom Gefühl, nicht vom Verstand leiten lassen.
Fred wollte über das Schiff sprechen. Eine Feuerprobe, sagte er. Wie hat die Vancouver Sun es genannt?
Grace rollte mit den Augen. Das „Traumschiff“?
O ja, diese Terroristen haben große Träume.
Auf der anderen Seite der Hecke sprang jemand laut platschend ins Schwimmbecken. Zwei Kinder kreischten ausgelassen. Am Freitag hatte Grace eine Haftüberprüfung eines Mannes durchgeführt, dessen Kind in einem Frauengefängnis untergebracht war. Sein Anwalt sprach von ungebührlicher Härte, und das hatte Grace einen kleinen Stich gegeben. Aber dann hatte sie daran gedacht, wie oft sie Überstunden im Büro eingelegt hatte, wie oft sie zu Konferenzen gefahren war, als die Mädchen noch klein waren. Derartig kurze Abwesenheiten waren nur kleine Episoden in viel längeren Familiengeschichten. Der Mann und sein Sohn hatten den Rest ihres gemeinsamen Lebens noch vor sich, und wenn ihr Fall sich als legitim erwies, würden sie den in Kanada verbringen. Wenn Grace aber die komplexe Entscheidungsfindung überdachte – wie konnte sie ehrliche Aussage von erlogener Geschichte unterscheiden, nach welchen Kriterien, abgesehen von der Intuition? – dann explodierte etwas in ihrem Kopf, und die Gedanken schossen in allen Richtungen durcheinander.
Fred klopfte nachdrücklich mit dem Zeigefinger an sein Glas. Die ganze Welt schaut auf uns, sagte er, auf jeden Schritt, den wir tun. Und das ist gerade mal die Spitze des Eisbergs.
Wie meinen Sie das?
Es ist schwierig, verlässliche Informationen aus diesen Ländern zu bekommen, aber wir können mit Sicherheit davon ausgehen, dass noch mehr Schiffe kommen werden. Wer weiß, wie viele Illegale noch. Das ist ein Test für uns, sagte Fred. Ein falscher Schritt, und wir werden von Schnorrern überrannt.
Vor ihrem inneren Auge sah Grace einer Flotte rostiger Frachtschiffe auf dem Indischen Ozean, die alle auf ein Signal warteten. Fünfhundertdrei Menschen auf einem zwanzig Meter langen Schiff. Nichts war unmöglich. Panik fuhr ihr heiß durch die Glieder, aber sie vertrieb sie mit dem Gedanken, dass sie nichts falsch gemacht hatte. Noch nicht.
Fred sagte, das eigentliche Problem liege in der Durchlässigkeit des Systems, und dem konnte sie nur zustimmen. Das ist eine große Grauzone, sagte sie. Die fehlenden Ausweise zum Beispiel. Diese Leute kommen ohne irgendwelche Papiere und meinen, wir müssten ihnen glauben? Da kann uns jeder was erzählen.
Und denen, die Papiere dabeihaben, kann man auch nicht trauen, sagte er. Wir müssen davon ausgehen, dass die Hälfte der Leute an Bord der LTTE angehört.
Wie meinen Sie das?
Da ist einiges auf dem Schiff gefunden worden. Ausweisdokumente. Ich bin sicher, dass die Grenzschutzagentur die bei den Anhörungen auf den Tisch legt.
Wirklich? Grace dachte an den Migranten mit dem kleinen Sohn. Er war mit einem Berg von Dokumenten gekommen. Sie hatte überhaupt nicht daran gedacht, dass das alles Fälschungen sein könnten.
Diese Leute sind nicht die, als die sie sich ausgeben, sagte Fred. Die LTTE benutzt Zivilisten als Deckung, hinter der sie ihre Leute einschleust. Sie dürfen nicht vergessen, Grace, dass diese Terroristen die Selbstmordanschläge erfunden haben. Indien hatte versucht, einen Waffenstillstand zu vermitteln, und wie haben die Tigers ihnen gedankt? Rajiv Ghandi haben sie in die Luft gejagt. Die sind zu allem fähig. СКАЧАТЬ