Glücklich der Mensch. Titus Müller
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Название: Glücklich der Mensch

Автор: Titus Müller

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783863347284

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СКАЧАТЬ Traum sah er sich einen Weg entlanggehen, mit Bäumen rechts und links in schönstem Grün. Vögel zwitscherten. Zwischen den ausgedörrten Karrenspuren des Weges wuchs ein breiter Streifen fettes Gras mit Butterblumen. Er ging barfuß über das Gras, seine Sohlen spürten die weichen Halme, und die Butterblumen streichelten ihm die Fußknöchel.

      Plötzlich sagte eine Stimme: „Wer kann dir mehr geben: der Herr oder der Knecht?“

      „Der Herr natürlich“, antwortete er und spazierte weiter.

      „Warum verlässt du dann den Herrn und folgst dem Knecht?“

      Er blieb stehen. Wem folgte er denn? War Matteo der Knecht? Aber wer war dann der Herr? Und woher rührte diese Stimme? Er wollte sich umdrehen und nach dem Mann sehen, der zu ihm gesprochen hatte, aber eine unbeschreibliche Scheu hielt ihn davon ab. Er fing an zu zittern. „Bist du Gott?“, fragte er leise. „Was soll ich tun?“

      „Geh zurück nach Hause“, sagte die Stimme.

      Franziskus wachte auf. Es war dunkel in der Kammer. Das Panzerhemd war aufgeräumt und er hörte die regelmäßigen Atemzüge seines Dieners. Ich habe nur geträumt, dachte er. Aber ihm war, als hätte er die Stimme immer noch im Ohr. Der Traum war merkwürdig real gewesen.

      Gott hat mit mir gesprochen, dachte er, und sein Herz begann zu rasen. Er hatte das Gefühl, als sei noch jemand im Zimmer, ein Engel vielleicht? Oder Gott höchstpersönlich? „Ich werde gehorchen“, flüsterte er. „Ich gehe zurück nach Hause.“

Franziskus11_2013_510x730.tif

      Originalformat 51 x 73 cm (Ausschnitt)

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      Originalformat 51 x 73 cm

      Eine Stunde lag er da und starrte in das dunkle Zimmer. Sorgen krochen in ihm hoch. Was würden die Nachbarn in Assisi sagen, wenn er schon nach zwei Tagen heimkehrte? Würde man ihn nicht für einen Feigling halten? Wie würde Vater reagieren? Er hatte die Reise bezahlt, die Rüstung, das Zaumzeug, den Diener.

      Und Matteo – würde er nicht das Gefühl haben, dass Franziskus ihn im Stich ließ? Immerhin hatte er ihm versprochen, auf den Schlachtfeldern an seiner Seite zu kämpfen!

      Gott hat etwas anderes mit mir vor, sagte er sich.

      Am nächsten Morgen suchte er in Begleitung des Dieners Matteo in seinem Zimmer auf. Der zog sich gerade den Wappenrock über. „Wart ihr etwa schon frühstücken?“, fragte er. „Und ich dachte, ich bin früh aufgestanden!“

      „Matteo, ich kehre um. Ich gehe zurück nach Assisi.“

      Der Freund hielt mitten in der Bewegung inne. „Bist du krank? Hat dir die Reise auf den Magen geschlagen? Wir können langsamer reiten. Oder wir bleiben einen Tag hier und rasten. Wenn wir Apulien erst in einer Woche erreichen, macht das nichts.“

      „Gott hat zu mir gesprochen.“

      Das Blut schoss Matteo ins Gesicht. „Mann, was soll diese Spinnerei! Seit Jahren liegst du mir in den Ohren, du willst Ritter werden, du willst dich beweisen, du musst weg aus diesem Nest. Und jetzt ziehe ich los und nehme dich mit, und du lässt mich im Stich? Erzähl mir nichts von Gott! Du hast Angst, du hast die Hosen voll, so sieht’s aus!“

      „Wenn ich Angst hätte, dann würde ich mich davor fürchten, meinem Vater unter die Augen zu treten. Meinst du, ich weiß nicht, wie peinlich das ist? Ich bin als Kreuzfahrer aufgebrochen, alle haben uns gefeiert. Und jetzt komme ich zurück und habe noch nicht mal Italien verlassen. Aber ich muss Gott gehorchen. Er hat im Traum zu mir geredet.“

      „Du glaubst das wirklich, oder?“

      Franziskus hielt mit Mühe seinem Blick stand. Matteos Enttäuschung schmerzte ihn zutiefst. Seit der Kindheit waren sie Freunde. Diese Reise ins Heilige Land hatte ihre Freundschaft auf immer festmachen sollen.

      „Dann verschwinde doch! Meinst du, ich will im Kampf einen an meiner Seite haben, der sich plötzlich überlegt, dass er doch keine Lust hat? Auf dich ist kein Verlass! Hau bloß ab, geh nach Hause zu deinem Vater und schneide Stoff zurecht.“

      „Ich lasse dir meinen Diener da, Matteo.“

      „Der Kerl hat eindeutig mehr Mumm als du. Geh mir aus den Augen!“

      Er schlich nach draußen. Sattelte sein Pferd. Das Panzerhemd zog er nicht an, wozu sollte er jetzt noch üben, es zu tragen? Er band es hinter sich auf den Sattel und machte sich auf den Heimweg.

      Das Klirren des Panzerhemds erinnerte ihn fortwährend an die abgebrochene Reise. Der Helm, den er an der Seite des Sattels befestigt hatte, war nutzlos geworden. Unterwegs machte er halt an einer Schmiede und verkaufte Rüstung und Helm weit unter Wert, nur um sie los zu sein.

      Er fühlte sich erbärmlich, wie damals vor dreieinhalb Jahren, als er schon einmal zu kämpfen versucht hatte. Sie waren von Assisi losgezogen, um die verfeindete Nachbarstadt anzugreifen. Perugia hatte ihnen wegen des Schlosses von Sasso Rosso den Krieg erklärt, das wollte man nicht auf sich sitzen lassen. Hoch zu Ross war er neben dem Altar hergeritten, der von weißen Ochsen aufs Schlachtfeld gezogen wurde, das goldene Kreuz leuchtete, angestrahlt von der Sonne, und er fühlte sich wie ein Held. Sie überquerten den Tiber, Assisis Armee, ein unbezwingbares Heer. Dann waren die Peruginer über sie hergefallen, besser ausgebildet, besser bewaffnet, und hatten sie zurückgetrieben bis in die Wälder oberhalb von Collestrada. Das Fußvolk Assisis war dahingeschlachtet worden, und ihn, den Reiter, hatte man zusammen mit den anderen Reitern gefangen genommen, weil man glaubte, er sei adlig wie sie.

      Monatelang lag er daraufhin im Kerker im feuchten Stroh. Seine Freunde traten vor Wut gegen die Wände, als sie noch Kraft besaßen, und lagen später apathisch da wie er und hörten dem Festjubel der Peruginer zu, das gedämpft von draußen durch die dicken Mauern hereindrang.

      Erst als er nicht mehr gekonnt hatte, als er bereit gewesen war, inmitten von Ratten und Schmutz auf dem kalten Steinboden sein Leben auszuhauchen, hatten ihn die Peruginer gegen ein hohes Lösegeld freigelassen. Krank und schwach war er heimgekehrt. Als Versager war er zurück nach Assisi gekommen, und genauso kehrte er auch jetzt heim, gescheitert, müde. Er würde ein Schwächling sein in den Augen der Leute.

      Der Abend dämmerte, als er durchs Stadttor nach Assisi hineinritt. Verwirrt sah man ihn an. Man tuschelte.

      Er stieg vor dem Tuchgeschäft vom Pferd, band es an und betrat den Verkaufsraum. Vater erklärte gerade einem Kunden einen neuen Samtstoff und strich werbend darüber. Als er Franziskus erblickte, stutzte er. Das Verkaufsgespräch wurde plötzlich kühl, er zählte dem Kunden noch ein paar Vorzüge auf und entließ ihn dann, er solle morgen noch einmal wiederkommen, wenn er über die Sache geschlafen habe.

      Kaum hatte der Mann den Laden verlassen, fragte Vater: „Was machst du hier? Wolltet ihr nicht zu Walter von Brienne reisen und euch mit seinem Heer nach Jerusalem einschiffen?“

      „Ich hab die Reise abgebrochen.“

      „Wie meinst du das, abgebrochen? Hast du Fieber? Ist Matteo etwas zugestoßen?“

      „Er fährt ins Heilige Land. Nur meine Pläne haben sich geändert.“

      „Den СКАЧАТЬ