Название: Karin Bucha Classic 39 – Liebesroman
Автор: Karin Bucha
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Karin Bucha Classic
isbn: 9783740962937
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Seit dieser Aussprache zur nächtlichen Stunde ist Bernd von auffallender Zurückhaltung gegen Charlotte.
Er ist ein guter und gründlicher Lehrmeister und Charlotte eine eifrige Schülerin. Mit viel Geschick und Gewandtheit lebt sie sich in ihren neuen Pflichtenkreis ein, und Bernd kann ihr seine ehrliche Bewunderung nicht versagen. Mit der Besprechung des Geschäftlichen ist jedoch ihr Gesprächsstoff erschöpft, sehr zum Leid Charlottes.
Sie hat sich eine gut Kameradschaft vorgestellt – und nun sieht sie, wie Bernd sich immer weiter von ihr entfernt. Sie besprechen des Morgens gemeinsam die eingegangene Post. So lernt Charlotte am besten Art und Gang der Geschäfte kennen. Dann nimmt sie regelmäßig das für sie bestimmte Aktenbündel unter den Arm und sucht ihr Arbeitszimmer auf, das dem Bernds gegenüberliegt.
Um über all das Neue, über das Grübeln hinwegzukommen und zu vergessen, stürzt sie sich mit wahrem Feuereifer in ihre Arbeit.
»Sie nehmen es mit Ihren Pflichten viel zu ernst«, sagt sie einmal zu Charlotte.
»Pflichten kann man nie ernst genug nehmen«, widerspricht diese sofort. »Sie vergessen, daß jetzt die Hälfte der Verantwortung auf meinen Schultern ruht, liebe Delian.«
»Schön, das wollte ich gelten lassen, wenn ich wüßte, daß Sie restlos glücklich dabei sind, Charlotte.« Dabei forschen die Augen der alten Dame in ihrem jungen, ernsten Gesicht.
Charlotte sieht träumend vor sich hin.
»Restlos glückliche Menschen findet man selten, meine liebe Delian, und das ist gut so. Eine kleine Sehnsucht muß man in sich tragen, sonst verliert das Dasein seinen Reiz.«
*
Einige Wochen sind vergangen. Bernd und Charlotte haben den Posteingang und die zu ergreifenden Maßnahmen besprochen, als er sich plötzlich an seine Mitarbeiterin wendet: »Ich muß für ein paar Tage verreisen, Charlotte.«
»Gibt es noch etwas zu besprechen?« fragt sie.
»Ich glaube nicht.« Er rafft sich zusammen. »Doch – danken möchte ich Ihnen noch einmal, Charlotte, weil –«
»Wofür danken?« unterbricht sie ihn erstaunt.
»Für – für Ihre selbstlose Güte.« Er stockt, ist zum ersten Male ihren klaren tiefblauen Augen gegenüber verlegen. »Ich wollte Sie noch um eines bitten«, lenkt er schnell ab, da er einen abweisenden Zug um ihren schönen Mund bemerkt.
»Bitte, sprechen Sie, Bernd«, ermuntert sie ihn. Ihre Blicke schweifen ab und heften sich abwartend auf die vor ihr liegenden Akten. Sie will Gelassenheit vortäuschen, während das unruhige Spiel ihrer Hände ihre innere Unruhe verrät.
Lächelnd beobachtet er ihre Verlegenheit. »Ich möchte Sie bitten, Ihre Besuche in meinem Hause wieder aufzunehmen, meine Mutter vermißt Sie schmerzlich.«
Sekundenlang schließt Charlotte die Augen. Sie glaubt nicht, sich genügend beherrschen zu können. Mit wie großer Freude erfüllt sie seine Bitte!
Bernd wartet geduldig auf ihre Antwort. Als diese jedoch ausbleibt, dreht er sie zu sich herum und sieht – ihre Augen schwimmen in Tränen. »Charlotte!« ruft er entsetzt. »Habe ich Ihnen Anlaß zum Weinen gegeben?«
Sie senkt den Kopf, um ihre Tränen vor ihm zu verbergen, und in Ermangelung eines Taschentuches fährt sie sich rasch mit dem Handrücken über die Augen. Es ist eine verlegene, hilflose Bewegung, die ihn seltsam berührt.
Dann kommt ihm mit einem Male die Erkenntnis. »Sie haben unter meiner Härte gelitten, Charlotte?« fragt er weich.
Das junge Mädchen schüttelt verneinend den Kopf.
»So wenig habe ich es verstanden, mir Ihr Vertrauen zu erwerben?« fragt Bernd eindringlich weiter.
»Vertrauen?« Sie hebt den Blick zu ihm auf. Wie Perlen glänzen die Tränen an den dunklen Wimpern. –
»Mein Vertrauen genießen Sie nach wie vor, Bernd. Ich wollte Ihnen nur nicht lästig fallen. Ich leide nur darunter, daß Ihnen meine Freundschaft so gleichgültig ist.«
Ohne Absicht liegt ein gewisser Vorwurf in ihren Worten, von dem Bernd sich schwer getroffen fühlt. Und daß er sich nicht davon befreien kann, bedrückt ihn.
»Das dürfen Sie nie wieder sagen, Charlotte«, antwortet er traurig, den Arm noch fester um ihre Schultern legend. »Ich schätze Ihre Freundschaft sehr hoch ein. Was mich die ganze Zeit beinahe elend gemacht hat, kann ich Ihnen im Augenblick nicht verraten; doch einmal werden Sie es erfahren. Wollen Sie mit mir undankbarem Menschen also noch ein wenig Geduld haben?«
Charlotte ist vor Glück die Kehle wie zugeschnürt. Sie vermag nur zu nicken.
»Werden Sie während meiner Abwesenheit zu meiner Mutter – und – zu den Kindern gehen?« fragt er in ungewöhnlich sanftem, bittendem Ton. »Sie werden dort sehnsüchtig erwartet.«
Da bricht aus ihren Augen ein warmer Strahl. »Ja, ich will. Wenn Sie wüßten, wie sehr ich auf diese Einladung gewartet habe –« Charlotte hält inne, denn sie fühlt, daß sie ihm mit solchen Worten nur weh tut.
»Sie halten mich wirklich nicht für undankbar?« forscht er.
Charlotte glaubt etwas wie Bangen aus seinen Worten herauszuhören. Sie lächelt weich und nachgiebig. »Nein, wirklich nicht, Bernd.«
Tief aufatmend tritt er von ihr zurück. Das darauffolgende, etwas peinliche Schweigen überbrückt Charlotte taktvoll:
»Ich wünsche Ihnen Glück auf Ihrer Reise.«
Betroffen starrt er sie an. – Weiß sie denn um den Zweck seiner Reise? – Ach, nein! Wie mißtrauisch er geworden ist! Was er auf dem Grunde dieser klaren Augen erblickt, ist rückhaltlose Offenheit, gläubiges Vertrauen.
»Danke!« entgegnet er beinahe schroff. Doch sofort bereut er es und setzt hinzu: »Ich wollte, ich bräuchte diese Reise nicht zu unternehmen.«
Mitleidig blickt sie ihm ins Gesicht. Der Zug von Trauer um seinen Mund entgeht ihr nicht.
*
Der Himmel ist verschleiert, während Bernds Auto über die Autobahn rast.
Wieder einmal steht sein Inneres in heller Aufruhr. Das trübe Wetter paßt so recht zu seiner Stimmung, und daß der Wind um seine Ohren braust, tut ihm wohl.
Als Bernd den schmalen, steilen, gewundenen Pfad zum »Haus am Berg« hinansteigt, ist es bereits völlig dunkel.
Das Hausmädchen Liesel öffnet ihm die Tür. »Der Herr Imhoff!« ruft sie erschrocken.
»Sind meine Schwiegereltern noch wach, Liesel?«
»Ja, kommen Sie nur herein!«
Bernd bleibt noch ein paar Minuten an der Tür stehen. Es hat sich nichts geändert. Hier herrscht noch immer die alte warme Behaglichkeit und erfüllt den СКАЧАТЬ