Название: Gesicht des Todes
Автор: Блейк Пирс
Издательство: Lukeman Literary Management Ltd
Жанр: Зарубежные детективы
isbn: 9781094305646
isbn:
Zoe würde ohnehin nicht in nächster Zeit heiraten – weder wegen der Katzen, noch aus irgendeinem anderen Grund. Sie hatte bisher noch nicht einmal eine ernste Beziehung gehabt. So, wie sie aufgewachsen war, hatte sie sich schon fast damit abgefunden, dass sie dazu bestimmt war, alleine zu sterben.
Ihre Mutter war streng religiös gewesen, im Sinne von intolerant. Zoe hatte nie die Stelle in der Bibel gefunden, die vorschrieb, dass man wie alle anderen kommunizieren und in sprachlichen Rätseln anstatt in mathematischen Formeln denken sollte, aber ihre Mutter hatte trotzdem genau das dort herausgelesen. Sie war überzeugt gewesen, dass mit ihrer Tochter etwa nicht in Ordnung war, etwas Sündiges.
Zoes Hand wanderte zu ihrem Schlüsselbein, fuhr die Linie entlang, an der einst ein silbernes Kreuz an einer Silberkette gehangen hatte. Während der vielen langen Jahre ihrer Kindheit und Jugend hatte sie das Ding nicht abnehmen können, ohne der Blasphemie beschuldigt zu werden – nicht einmal zum Duschen oder Schlafen.
Dagegen hatte sie nicht viel tun können, ohne dass sie beschuldigt wurde, das Kind des Teufels zu sein.
„Zoe“, hatte ihre Mutter dann gesagt, ihr mit dem Finger gedroht und die Lippen geschürzt. „Du hörst sofort mit dieser Dämonenlogik auf. Der Teufel steckt in dir, Kind. Du musst ihn austreiben.“
Dämonenlogik bedeutete anscheinend Mathematik, insbesondere wenn sie von einem sechsjährigen Kind benutzt wurde.
Ihre Mutter erwähnte immer und immer wieder, wie anders sie war. Wenn Zoe sich nicht mit den Kindern ihres Alters im Kindergarten oder in der Schule beschäftigte. Wenn sie keinem der nachmittäglichen Clubs beitrat, abgesehen von Zusatzunterricht in Mathematik und Wissenschaften, und nicht einmal dort Gruppen bildete oder Freundschaften schloss. Wenn sie die Verhältnisse zwischen den Zutatenmengen verstand, nachdem sie ihre Mutter nur einmal etwas backen gesehen hatte.
Zoe hatte sehr schnell gelernt, ihren natürlichen Sinn für Zahlen zu unterdrücken. Wenn sie die Antworten auf Fragen der Leute wusste, ohne es auch nur ausrechnen zu müssen, blieb sie ruhig. Wenn sie durch reine Charakterkenntnis und zurückgelassene Hinweise herausfand, welcher ihrer Klassenkameraden den Schlüssel des Lehrers gestohlen und versteckt hatte, und wo er versteckt sein musste, sagte sie kein Wort.
Es hatte sich wenig geändert, seitdem die verängstigte Sechsjährige, begierig, ihrer Mutter zu gefallen, aufgehört hatte, jeden kleinen seltsamen Gedanken auszusprechen und angefangen hatte, so zu tun, als ob sie normal sei.
Zoe schüttelte den Kopf und konzentrierte sich wieder auf die Gegenwart. Das war mehr als fünfundzwanzig Jahre her. Es hatte keinen Sinn, darüber nachzudenken.
Sie sah aus ihrem Fenster auf die Skyline von Bethesda, richtete ihren Blick wie immer präzise in die Richtung von Washington, D.C. aus. An dem Tag, an dem sie den Mietvertrag unterschrieben hatte, hatte sie herausgefunden, wie sie in die richtige Richtung sah, hatte mehrere örtliche Wahrzeichen bemerkt, die sich wie zu einem Kompass aufreihten. Es war nicht aus politischen oder patriotischen Gründen, sie mochte einfach die Art, wie sie zusammenpassten und auf der Landkarte eine perfekte Linie bildeten.
Es war dunkel draußen und sogar die Lichter in den anderen Gebäuden um sie herum wurden allmählich ausgemacht. Es war spät, spät genug, um alles zu erledigen und ins Bett zu gehen.
Zoe machte ihren Laptop an und tippte rasch ihr Password ein, öffnete ihr Emailpostfach, um zu sehen, ob es etwas Neues gab. Die letzte Aufgabe ihres Tages. Einige Mails konnte sie schnell löschen – Junkmail, vorwiegend Mitteilungen über Ausverkäufe von Marken, von denen sie nie etwas gekauft hatte und Gaunereien vorgeblicher nigerianischer Prinzen.
Nachdem sie den Junk gelöscht hatte, gab es nur noch einige Mails, die sie lesen und dann entfernen konnte, Botschaften, auf die keine Antwort erwartet wurde. Aktualisierungen von Social Mediaseiten, die sie selten besuchte und Newsletter von Websites, denen sie folgte.
Eins war etwas interessanter. Eine Nachricht von ihrem Online Dating Profil. Eine kurze, aber süße Nachricht – irgendein Typ, der nach einer Verabredung fragte. Zoe klickte sich zu seiner Seite durch und betrachtete seine Bilder, zog ihn in Erwägung. Sie ermittelte schnell seine tatsächliche Größe und war angenehm überrascht, dass sie mit dem übereinstimmte, was er in seine Angaben geschrieben hatte. Vielleicht jemand, der tatsächlich ehrlich war.
Die nächste Mail war noch interessanter, aber trotzdem war Zoe nicht danach, sie gleich zu lesen. Sie war von ihrer Mentorin und früheren Professorin, Dr. Francesca Applewhite. Sie konnte sich auch so vorstellen, um was die Professorin sie bitten würde und dass es ihr nicht gefallen würde.
Zoe seufzte und öffnete die Mail trotzdem, um das Unvermeidliche hinter sich zu bringen. Dr. Applewhite war brillant, die Art Mathematikerin, die sie in ihren Träumen immer hatte sein wollen, bis sie begriff, dass sie ihre Talente im Polizeidienst nutzen konnte. Francesca war auch der einzige andere Mensch, der wusste, auf welche Art ihr Gehirn arbeitete – die Synästhesie, die Hinweise in ihrem Gehirn in sichtbare Zahlen und dann Informationen verwandelte. Der einzige Mensch, den sie genug mochte und dem sie genug vertraute, um darüber zu reden.
Dr. Applewhite war diejenige gewesen, die sie überhaupt erst auf das FBI gebracht hatte. Sie schuldete ihr viel. Aber das war nicht der Grund, aus dem sie zögerte, ihre Email zu lesen.
Hi Zoe, stand in der Mail. Ich wollte nur fragen, ob Du die Therapeutin kontaktiert hast, die ich vorgeschlagen hatte. Konntest Du schon einen Termin ausmachen? Lass mich wissen, wenn Du Hilfe brauchst.
Zoe seufzte. Sie hatte die Therapeutin nicht kontaktiert und wusste eigentlich nicht, ob sie es tun würde. Sie schloss die E-Mail, ohne zu antworten, stufte sie auf eines der morgen anzugehenden Probleme zurück.
Euler sprang auf ihren Schoß, war offensichtlich mit dem Abendessen fertig und begann, zu schnurren. Zoe streichelte ihn erneut, sah auf ihren Bildschirm, überlegte.
Pythagoras miaute empört über die Vernachlässigung und Zoe sah ihn mit einem liebevollen Lächeln an. Es war nicht unbedingt ein Zeichen, aber es reichte, um sie tätig werden zu lassen. Sie kehrte zu der vorherigen Mitteilung von der Datingseite zurück und tippte eine Antwort, bevor sie es sich überlegen konnte.
Ja, ich würde mich gerne treffen. Wann passt es Dir? – Z.
***
„Nach dir“, sagte er lächelnd und deutete auf den Brotkorb.
Zoe erwiderte das Lächeln und nahm ein Stück Brot, berechnete in Gedanken automatisch die Breite und Höhe jedes Stücks, um eines zu wählen, das irgendwo in der Mitte lag. Sie wollte nicht zu gierig aussehen.
„Also, was machst du, John?“ fragte Zoe. Es war einfach genug, die Unterhaltung auf diese Art zu beginnen – sie war schon auf genügend Verabredungen gewesen, um zu wissen, dass es die Standardeinleitung war. Außerdem war es immer eine gute Idee, sicherzustellen, dass er einen guten Verdienst hatte.
„Ich bin Anwalt“, sagte John und nahm auch ein Stück Brot. Das größte Stück. Um die 300 Kalorien. Er würde halb satt sein, bevor der Hauptgang serviert wurde. „Ich habe meistens СКАЧАТЬ