Leichen, die auf Kühe starren. Tatjana Kruse
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Название: Leichen, die auf Kühe starren

Автор: Tatjana Kruse

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783709939109

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СКАЧАТЬ Es ist zwar momentan nicht so sehr viel los, aber heute Abend findet ein Sportereignis statt. Curling. Wird bestimmt unterhaltsam. Kommen Sie doch vorbei.“

      Irina sah Leo an. Sehr lange, sehr intensiv.

      „Ja, vielleicht mache ich das.“ Jetzt lächelte sie. „Das Leben muss ja weitergehen. Ich überlege es mir.“

      Leo lächelte auch. „Super. Aber ziehen Sie sich warm an!“

      Sie sah zum Bad. „Soll ich wirklich nicht saubermachen?“ Über die Fliesen wischen, die Haare aus dem Duschabfluss fischen, die Toilette desinfizieren, die kleine Vase mit den Duftstäbchen neu auffüllen?

      „Nein.“ Irina stellte sich zwischen Leo und die Badezimmertür. Grazil, wie sie war, kam sich Leo spontan wie ein Elefant vor. „Hören Sie … äh …“

      „Leo“, sagte Leo.

      „Leo.“ Irina lächelte. „Ich habe mit … Freunden … Termine ausgemacht und bleibe daher noch einige Zeit in Kitzbühel. Momentan suche ich ein Haus hier in der Stadt. Zur Miete. Oder zum Kauf. Das ist ja immer eine gute Investition. Sobald ich etwas gefunden habe, brauche ich jemand, der mir hilft. Eine …“

      „Zugehfrau?“

      „Eine Hausdame. Einkaufen, putzen, mir eine Tasse Kaffee aufbrühen. Kleine Besorgungen.“

      „Aber … warum ich? Sie kennen mich doch gar nicht.“

      Irina zuckte mit den Achseln. „Ich habe ein sehr feines Gespür für Menschen. Zwischen uns stimmt die Chemie. Sagen Sie mir einfach, wie viel Sie verdienen wollen. Fangen Sie mit dem Doppelten an, was Sie hier bekommen. Und legen Sie noch was drauf. Mir ist wichtig, dass ich jemanden um mich habe, den ich sympathisch finde und dem ich vertraue. Sie wären perfekt!“

      In Leo überlegte es. Sie konnte eine Geldspritze gut gebrauchen. Allerdings handelte es sich hier um die Witwe eines berüchtigten Verbrechers. Die sich offenbar ein Haus in Kitzbühel leisten konnte, ohne mit der Wimper zu zucken. Andererseits konnte Leo das Geld wirklich gut gebrauchen. Besonders üppig war ihr Gehalt im Marchwardushof nicht. Aber was würde Neuveille sagen, wenn sie ihn einfach so im Stich ließ?

      Angesichts des inneren Für und Wider huschten Leos Augen von links nach rechts und zurück. Wie bei den Zuschauern in Wimbledon.

      „Sie müssen sich nicht sofort entscheiden“, sagte Irina. „Überlegen Sie in Ruhe.“

      Leo wollte gerade etwas antworten, da wurde die Zimmertür aufgestoßen und die Hausdame schaute herein. „Alles in Ordnung?“

      „In bester Ordnung. Sie können sich wieder entfernen.“ Irina winkte die Hausdame mit einer lässigen Handbewegung davon. Die presste die Lippen aufeinander, aber der Gast war nun mal König, also entfernte sie sich.

      Irina zwinkerte Leo verschwörerisch zu.

      „Danke“, hauchte Leo.

      Eine Viertelstunde später – sie lüftete gerade ein Doppelzimmer, das zur Straßenseite lag – sah Leo, wie Irina in einem eleganten Pelzmantel das Hotel verließ.

      Als sie auf den Flur trat, fiel ihr auf, dass kein Bitte-nicht-stören-Schild am Türknauf zur Bellevue-Suite hing. Das war die Gelegenheit, doch schnell das Badezimmer zu putzen.

      Sie nahm einen Satz frischer Handtücher vom Wagen, betrat die Suite und gleich darauf das Bad …

      … und stockte.

      Eins der weißen Handtücher lag in der Wanne und war über und über mit Blut verschmiert!

      Aber dann sah sie die Packung besonders saugfähiger Tampons auf der Ablage über den Waschbecken und war sofort beruhigt. Das hatte doch jede Frau schon so oder so ähnlich erlebt. Die Schlachtplatte, während man seine Tage hatte. Ob sich Irina dafür schämte und sie deswegen nicht ins Bad lassen wollte?

      Oder lag es womöglich an dem Nassrasierer und dem PreShave-Men-Rasieröl in der Seifenablage der Dusche? Entweder hatte Irina ein echtes Gesichtsbehaarungsproblem oder aber sie teilte sich ihr Bad – trotz Einzelbelegung der Suite – mit einem Mann …

       (Gilt für alle Handwerksberufe, auch für Mörder)

      Arno Gümpel produzierte seine erste Leiche im zarten Alter von 13, als er – angetrunken – im Opel Manta seines Vaters eine Ausfahrt wagte. Er kam nicht weit. Schon an der ersten Ecke fuhr er einen Nachbarn platt. Das verlieh seinem Lebenslauf eine völlig neue Wendung.

      Arno Gümpel war durch diesen Vorfall nämlich keineswegs traumatisiert. Im Gegenteil. Er war begeistert. Und weil er nicht darauf warten wollte, bis sich so ein euphorisierendes Ereignis bei seinen regelmäßigen Saufeskapaden von allein wiederholte, trat er der Jugendgruppe der Anonymen Alkoholiker bei, damit er seinem neuen Hobby nüchtern nachgehen konnte. Anfangs tötete er Insekten und Kleintiere. Schon bald auch Zweibeiner aus der Familie der Hominidae, Gattung Homo sapiens. Man durfte mit Fug und Recht sagen: Arno Gümpel war keiner von den Guten.

      Und während sein Großvater, sein Vater und seine älteren Brüder ein ereignisloses Leben als Kleinverbrecher führten, strebte Arno nach Höherem. Er wurde Auftragskiller. Wobei er sich selbst lieber als Hitman bezeichnete. Das klang cooler.

      Deswegen trug Arno auch immer Maßanzüge. Und Sonnenbrillen mit Spiegelgläsern. Selbst an grauen Tagen, an denen er hinter der Sonnenbrille so gut wie nichts sehen konnte. So wie jetzt.

      Arno Gümpel war der bestgekleidete hauptberufliche Auftragsmörder. Weltweit. Insoweit er das beurteilen konnte – Auftragskiller hatten ja keinen Newsletter mit Modeseiten und auch keine Jahrestreffen mit Catwalk. Es war einfach nur seine Einschätzung nach fast 20 Jahren im Job.

      Er fuhr am Ortsschild von Kitzbühel vorbei, im schnittigen Cabrio sitzend, den linken Ellbogen lässig über die Fahrertür drapiert. Arno liebte Frauen – und wie! –, aber sollte er jemals die Seiten wechseln – weil beispielsweise durch einen Asteroideneinschlag sämtliche Frauen dieser Erde ausgelöscht wurden –, dann würde er auf Kerle stehen, die so waren wie er selbst: nicht schön, aber mit Muskeln und Grazie.

      Der Fahrtwind blies ihm um die Nase. Er kam gerade vom Golfplatz.

      Golfen – auch so ein cooler Sport.

      Arno frönte allerdings keiner organisierten körperlichen Ertüchtigung, da hielt er es mit Churchill. No sports! Wobei er natürlich unglaublich viel Gymnastik betrieb. Horizontalgymnastik, um genau zu sein. Gewisse Kreise – also die Frauen dieser Welt – nannten Arno nur „die Fleischwurst“. Warum, lag auf der Hand. Und man sah es auch sofort bei jeder Begegnung mit Arno, denn er trug – zur kontinuierlichen Konsternation seines Maßschneiders – ausnahmslos Hosen, die eine Nummer zu klein waren. Damit sein Gemächt besonders prall zur Geltung kam. Das er stets links trug. Denn Arno Gümpel war bekennender Linksträger. Und stolz darauf.

      Im Sitzen war das nicht immer bequem, also hatte er den Knopf seiner Hose geöffnet, um freier atmen zu können.

      Er musste sich konzentrieren. Arno war zum ersten Mal in Kitzbühel und wollte die Ausfahrt zur Hütte nicht verpassen.

      Das ständige Klopfen aus dem Kofferraum nervte. Wie sollte er sich dabei konzentrieren?

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