Nur keine Panik. Wolfram Pirchner
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Название: Nur keine Panik

Автор: Wolfram Pirchner

Издательство: Bookwire

Жанр: Сделай Сам

Серия:

isbn: 9783902862877

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СКАЧАТЬ Endpunkt der Erkrankung ist erreicht. Die emotionale, geistige und körperliche Erschöpfung wird in dieser zwölften Phase lebensgefährlich. Das »Ich« gibt es nicht mehr, selbst die ursprünglichen Zwänge haben sich aufgelöst. Auch der »Sinn, weiterzuleben«, wird nicht mehr erkannt. Es kommt zum Zusammenbruch des Immunsystems, es kommt zu einem psychischen, physischen und mentalen Zusammenbruch. Jetzt handelt es sich um einen absoluten NOTFALL, eine lebensbedrohliche Krise.2

       Burn-out und ich

      In welcher Phase eines Burn-outs ich mich befand, das wollte ich damals gar nicht konkret herausfinden. »Burn-out« klang so fremd, so ungewohnt, ich fühlte mich stigmatisiert und kam auch ohne genaue Definition über die Runden. Heute würde ich das anders machen. Heute würde ich mich von Experten durchleuchten lassen, um ganz genau zu wissen, 1) was habe ich?, woran leide ich?, 2) in welchem Stadium befinde ich mich? und 3) wie komme ich aus dem Ganzen wieder heraus? Es gibt Unmengen von Fachleuten im In- und Ausland und es gibt noch mehr Nichtexperten, die aber glauben, Experten zu sein. Jene Betroffenen, die mitten in einem Burn-out stecken und sich in den letzten Phasen nach Freudenberger befinden, gehören nach Expertenmeinung in eine Psychotherapie oder zum Psychiater. Da reicht die Begleitung durch den Mentalcoach nicht aus. Das gilt es, genau und verantwortungsvoll zu trennen. Burn-out-Patienten sind oft nicht mehr in der Lage, Termine wahrzunehmen oder an einem Tag zwei, drei Termine zu »erledigen«. Oft sind die Betroffenen sehr ungeduldig mit sich selbst, dass es so lange dauert, bis sie wieder »gesund« sind. Meine Kollegin Gabriele (Gaby) Kofler, Mentalcoach in Bregenz, erzählt, dass viele Betroffene berichteten, sie würden sich schämen für eine Krankheitsbeschreibung, bei der sie sichtbar für das Umfeld nicht krank seien. Sie erzählte mir von einem Burn-out-Betroffenen, der ihr anvertraute, er habe beim Verabschieden eines Freundes extra gehumpelt, um ja krank auszusehen. Häufig berichten Betroffene auch von Konzentrationsstörungen und erleben sich als überhaupt nicht mehr belastbar, was sie wiederum sehr deprimiert.

      Der Gedanke, sich eine Auszeit zu gönnen, war unerträglich für mich. Unvorstellbar. Eine psychische Rehabilitation kam auch nicht infrage, diese Entscheidung war schnell gefällt. Was mir auffiel in der Zeit der massiven und häufigen Panikattacken und Angstzustände, war die Tatsache, dass ich soziale Kontakte abreißen ließ. Ich meldete mich einfach nicht mehr und da kam schon das zutage, was ich innerlich spürte. Aber was sollte ich mit Bekannten und Freunden auch schon groß reden, etwa über meine Attacken, darüber, wie schlecht es mir ging? Das wollten die vermutlich nicht regelmäßig hören und das verstand ich vollauf. Kontaktpflege war auch mühsam, da mir Menschenansammlungen immer bedrohlicher vorkamen. Es war schrecklich für mich, in einem Raum mit mehreren Menschen zu sein. Gewesen zu sein, muss ich richtigerweise schreiben. Heute mag ich das ja ganz gern, wenn ich mir die Menschen aussuchen darf … Die Pflege sozialer Kontakte ist ein Punkt, den ich manchmal zu wenig beachtet und vor allem nicht immer ernst genommen habe. Und da meine ich nicht nur Nachbarn, Bekannte, Freunde, sondern auch den engeren Familienkreis. Erwiesenes und erforschtes Faktum ist, dass zwischenmenschliche Beziehungen auf jeder Ebene vor dem »Ausbrennen« schützen. Das hört man, das liest man, das weiß man zwar, aber bei immer mehr Menschen kommt es durch die berüchtigte Stressspirale zum »leisen Einschlafen« der sozialen Kontakte und Beziehungen. Beobachte dich einmal selbst: Wenn du gut drauf bist, dynamisch, optimistisch, voll Tatendrang usw., dann sucht und findet man Kontakte. Wenn du freilich müde, träge, beengt, unzufrieden, schlecht drauf, deprimiert usw. bist, dann geht man Freunden, Bekannten und Verwandten eher aus dem Weg. Kontakt braucht nicht nur Zeit, sondern auch Kraft. Er geht verloren, wenn man dauernd »gestresst« und überfordert ist. Aber das hat nachhaltigere Folgen, als man glauben möchte. Eine langsame, anfangs kaum wahrnehmbare Vereinsamung tritt ein. Und dann traust du dich im Fall der Fälle, wenn doch einige Zeit, vielleicht sogar eine längere verstrichen ist, nicht mehr anzurufen oder zu schreiben. Im Fall deiner Not. In jener Zeit, in der du Zuspruch, Unterstützung, seelischen Beistand bitter notwendig hättest. Darum rate ich dir freundschaftlich: Pflege deine Kontakte. Pflege sie und hege sie, die wenigen wahren Freunde, die du hast. Das können fallweise auch jene sein, die nicht in deinem »Freundschafts-Scheinwerferlicht« stehen und immer wieder und vor allem coram publico betonen, was sie doch für beste Freunde seien. Sei wachsam! Es können auch wenige sein, die ein Schattendasein führen in deiner sozialen Werteliste – erkenne sie!

      Pflege deine Kontakte. Pflege sie und hege sie, die wenigen wahren Freunde, die du hast.

      Kontakte müssen sorgfältig gepflegt werden, vor allem in Zeiten, in denen man sie scheinbar nicht braucht. Was mir in der Akutphase sehr geholfen hat, war Ordnung zu schaffen. Ordnung in jedem Lebensbereich. Und in jeder Lebensrolle. Das fing beim Schreibtisch an. Ich war ja nicht unbedingt ein schlampiger Mensch – dachte ich. Ich hatte einen Putzfimmel von wem auch immer geerbt, nicht selten raste ich um sieben Uhr früh mit dem Staubsauger durch die Wohnung. Allerdings nur zu Zeiten, in denen ich alleine lebte. Warum ich das tat, das weiß ich bis heute nicht. Auf jeden Fall hat mir das meine Frau relativ schnell abgewöhnt. Gott sei Dank. Ich hatte zwar einen Putzfimmel, war aber schlampig und ich war ein Sammler. Ich hortete beispielsweise Kleidungsstücke, die ich jahrelang nicht angezogen hatte. Grauenvolle Sakkos, die nie wieder modern werden würden, Hemden, die an Geschmacklosigkeit nicht zu überbieten waren und auch nur ein einziges Mal im Urlaub getragen wurden, Hosen, die mir schon längst nicht mehr passten, weder farblich noch figurlich. Ja nichts wegwerfen, das wäre ja schade! Das habe ich mir total abgewöhnt. Und das hat mich befreit. Kistenweise habe ich aussortiert und in den Humana-Container gegeben oder weggeworfen. Frag niemals deine Verwandten oder Freunde, ob sie denn nicht das oder jenes brauchen könnten. Da entsteht noch mehr Druck und Stress. Du musst hinfahren, zeigen, alles wird nicht genommen, weil es nicht gefällt usw. Weg damit, ohne Wenn und Aber. Überflüssiges Geschirr, das sich in Kellerabteilen oder Garagen türmt, Decken, Bettwäsche, Tassen, Gläser … weg damit. Es befreit dich in einem Maß, das zu erleben wunderbar ist. Platz schaffen. Auch in der Wohnung habe ich Überflüssiges aussortiert. Kennst du das, die Vasen, die überall unnötig herumstehen, sogar Teller und Schüsseln werden an die Wand genagelt, wenn sie aus schöner (Urlaubs-)Keramik bestehen, ein Häkeldeckchen der Oma hier, ein Untersetzerl da – weg damit. Und in jeder Ecke muss ein Bild hängen. Wozu? Auch leere Wände haben etwas Schönes, etwas Puristisches. Etwas Nichtbelastendes! Befrei dich von unnötigem Ballast. Dafür brauchst du einen Plan und Zeit. Teile es dir ein. Nimm dir vor, wann du etwas machen willst. Mache es nicht zwischen Tür und Angel und nur, weil es dir gerade einfällt.

       Panik Teil 3

      Nächster Tag. ORF. Zeit im Bild. Ich bin wichtig. Hoffentlich merkt keiner, was mit mir los ist. Das wäre was. Was eigentlich? Diese Frage habe ich mir nie beantwortet. War es die Angst, einfach umzufallen, das Bewusstsein zu verlieren? Hätte ich mich geniert zu versagen? Ist das Versagen, wenn man umfällt? Tatsächlich? Ich habe mir nicht erlaubt, zumindest nach außen schwach zu sein. Verletzlich, sensibel. Der Skilehrertyp aus den Alpen. Der Pirchner! Der mit den geschleckten Gelhaaren. Zeit im Bild. Und wieder waren sie da, die Gefühle, der leichte Schwindel, der erhöhte Puls, der Schweißfilm auf der Stirn. Die leichte Blässe, die Augenringe, die trüben Augen. Noch zehn Minuten. Das geht schon. Nach der Sendung fühlte ich mich schwach, energielos, ohne Luft. Keine Power. Ich fuhr nur fünf Minuten nach Hause. Auch zu Hause fühlte ich mich nicht wohl. Für meine damalige Freundin war es sicher nicht leicht. Die wollte immer ausgehen, das Leben genießen. Das fehlte mir gerade noch. Ausgehen? Na bravo. Einmal ging ich mit ihr und Freunden »aus«. Um die Ecke in ein Weinhaus. Für eine halbe Stunde, dann hielt ich es nicht mehr aus. Entsetzlich. Diese Menschen, das Gläserklirren, der Rauch, die geifernden, grinsenden Fratzen. Ich spürte mich nicht mehr, hatte das Gefühl, dass alles um mich herum langsam kreiste, dass die Gäste ausschließlich mich anschauten und sich dann über mich lustig machten. Warum taten sie das? Von hinten schlägt mir einer eine Spur zu brutal auf die Schulter: »Servas Oida! Guat schaust aber ned aus. Bist vü unterwegs … hahahaha.« Nein, gut schaute ich tatsächlich nicht aus. СКАЧАТЬ