Название: Dr. Norden Staffel 3 – Arztroman
Автор: Patricia Vandenberg
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Dr. Norden
isbn: 9783740914288
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Pünktlich auf die Minute betrat sie das Café. Wie ein aufgeregter kleiner Vogel flatterte ihr Herz in ihrer Brust. Doch so gründlich sich Anneka auch umsah, so wenig konnte sie Leon entdecken.
»Na ja, ich bin ja auch ein bisschen zu früh dran«, murmelte sie.
Obwohl sie ein pünktlicher Mensch war und ihr diese Eigenschaft auch bei anderen Menschen wichtig war, mahnte sie sich zur Geduld. Sie wählte einen Tisch am Fenster des Cafés, damit sie Leon sofort sehen konnte. Um die Zeit zu überbrücken, bestellte sie Milchkaffee. Essen konnte sie nichts. Dazu war sie viel zu aufgeregt. Während Anneka an ihrem Kaffee nippte, starrte sie wie paralysiert nach draußen auf die Menschen, die durch die Fußgängerzone liefen. Manche hatten es eilig, andere schlenderten gemütlich zu zweit oder in kleinen Gruppen über das Pflaster. Doch so sehr sie auch Ausschau hielt, so wenig war etwas von Leon zu sehen.
»Sein Handy hat er ausgeschaltet!«, stellte sie mit einem ratlosen Blick auf ihr Mobiltelefon fest.
Seit fast einer Stunde saß Anneka im Café und wartete vergeblich auf ihren Freund. In dem Augenblick, als sie zutiefst enttäuscht die Geldbörse zückte, um das Getränk zu bezahlen und dann zu gehen, bemerkte sie aus den Augenwinkeln eine Gestalt.
»Anneka, wie gut, dass du noch da bist«, keuchte Leon Matthes atemlos, als er an den Tischt trat.
Doch ihre Aufregung war inzwischen einer gesunden Wut gewichen, und sie sah ihn von unten herauf strafend an.
»Wir waren um elf Uhr verabredet«, erinnerte sie ihn erbarmungslos und drehte den Kopf weg, als er sich über sie beugen und sie auf den Mund küssen wollte. »Jetzt ist es fast halb eins. Darf ich erfahren, wo du jetzt herkommst?«
Trotz seiner Verspätung hatte der erfolgsverwöhnte Leon nicht mit diese Begrüßung gerechnet. Verstimmt ließ er sich auf den freien Stuhl auf der anderen Seite des Tisches fallen.
»Tut mir leid, aber ich konnte nicht früher kommen«, erklärte er sichtlich beleidigt.
»Schon mal was davon gehört, Bescheid zu sagen? Oder wenigstens eine Nachricht zu schicken?«
»Mein Akku vom Handy ist leer«, rechtfertigte sich Leon schnell. »Ich hatte keine Gelegenheit, ihn irgendwo aufzuladen.« Seine Tonfall war so ernst, fast dramatisch, dass Anneka ihm einen fragenden Blick schickte.
Empathisch, wie sie war, verflog ihr Ärger fast sofort und machte einer vagen Sorge Platz.
»Was war denn los?«, erkundigte sie sich.
Leon zögerte und wich Annekas Blick aus.
»Du weißt doch, dass ich mit meinem neuen Trainer gesprochen habe.«
»Du hast sowas erwähnt.« Vergessen war das hübsche Shirt, das ihr so gut zu Gesicht stand. Und auch Leon hatte es nicht bemerkt.
»Ja, genau.« Um seinen nervösen Händen etwas zu tun zu geben, griff er nach einem der Zahnstocher, die verpackt in einem Halter auf dem Tisch standen. »Nachdem ich grünes Licht von Dr. Hofmann von der Rehaklinik bekommen habe, soll ich nächste Woche mit nach Australien fliegen.« Leon wusste genau, dass Anneka entsetzt sein würde. Deshalb fügte er gleich hinzu: »Nach dem Bandscheibenvorfall ist das eine Wahnsinnschance für ein Comeback. Die Leute werden sehen, dass ich wieder da bin. Sie werden sich an mich erinnern. Und wenn es mir gelingt, mich auf einen der vorderen Plätze zu spielen, wäre das natürlich genial.« Für ihn selbst klangen seine Worte mehr als verführerisch und Leons Augen leuchteten, als er den Kopf hob und Anneka ansah.
»Ist das nicht toll?«, fragte er aufgeregt. Er ahnte nicht, dass sich augenblicklich der Kummer bleischwer auf ihre Seele gelegt hatte.
»Super!«, antwortete sie matt. Einen Moment musste Anneka daran denken, wie schön sie sich das Wiedersehen mit ihrem Freund ausgemalt hatte. Nach dem Cafébesuch hatte sie Hand in Hand mit ihm durch die Fußgängerzone schlendern und Pläne schmieden wollen. Doch dieser Traum zerplatzte in diesem Augenblick wie eine schillernde Seifenblase. »Nächste Woche schon?«, fragte sie der Form halber nach. Es fiel ihr schwer, die Begeisterung ihres Freundes zu teilen.
Endlich schien Leon zu bemerken, dass etwas ganz und gar nicht stimmte mit Anneka. Er beugte sich über den Tisch und griff nach ihren eiskalten Händen.
»Komm schon! Mach nicht so ein Gesicht!«, bat er sie inständig. »Es sind doch nur ein paar Wochen. Ich dachte, du freust dich, dass die Operation geglückt ist und ich meine Karriere fortsetzen kann.«
»Ja, schon«, räumte Anneka zögernd ein. Doch das war nur die halbe Wahrheit. Natürlich freute sie sich irgendwie für ihn. Andererseits hatte sie gehofft, ihm ein ganz neues Leben zeigen zu können, nachdem seine ganze Kindheit und Jugend dem Tennissport zum Opfer gefallen war. »Aber wir hatten doch so viele Pläne … wollten einen Tanzkurs machen und zusammen den Klettergarten unsicher machen. Mit Freunden ausgehen und ins Kino … Sachen eben, die man macht, wenn man jung und unbeschwert ist«, erinnerte sie ihn vorsichtig an die Pläne, die sie in der Klinik und während seines Reha-Aufenthalts am Telefon geschmiedet hatten. Das sollte jetzt alles hinfällig sein?
Sie hatte noch nicht zu Ende gesprochen, als Leon genervt die Hände zurückzog und sich zurücklehnte.
»Du tust ja gerade so, als wäre ich aus der Welt!«, beschwerte er sich unwillig und verschränkte demonstrativ die Arme vor der Brust. »Mensch, Anneka, es geht um ein paar Wochen, dann bin ich wieder da.«
»Bis das nächste Turnier kommt«, bemerkte sie bitter.
Leon betrachtete sie und sagte nichts mehr. Schließlich sah er auf die Uhr und seufzte.
»Ich muss leider schon wieder los. Der neue Trainer will mit mir noch ein paar Einzelheiten durchsprechen«, erklärte er schuldbewusst.
»Schon gut.« Anneka winkte ab und drehte sich zu ihrer Jacke um, die hinter ihr über der Stuhllehne hing. Leon hatte ihr hübsches Oberteil noch nicht einmal bemerkt und Tatjana sich getäuscht. »Ich wollte eh heimgehen. Meine Eltern planen eine Reise nach Thailand, bei der ich unbedingt dabei sein will. Heute sehen wir mal die Unterlagen durch«, erfand sie schnell eine Ausrede, die auf den zweiten Blick gar nicht so schlecht war.
Mit Genugtuung bemerkte Anneka, wie Leon das Gesicht verzog.
»Du willst nach Thailand?«, fragte er unwillig und hielt ihr die Tür auf. »Und was, wenn ich in dieser Zeit in Deutschland bin?«
Obwohl Anneka gar nicht zum Lachen zumute war, verspürte sie in diesem Augenblick den Drang, laut aufzulachen.
»Dann hast du wohl einfach Pech gehabt«, erwiderte sie, ehe sie mit hoch erhobenem Kopf aus der Tür hinaus stolzierte und Leon einfach stehen ließ.
Ungläubig starrte er ihr nach und haderte mit sich. Am liebsten wäre er ihr nachgelaufen und hätte sie zurückgehalten. Doch die Uhrzeit saß ihm im Nacken, und der neue Trainer wartete. So drehte sich Leon schließlich schweren Herzens um, steckte die Hände tief in die Jackentaschen und ging davon, während Anneka außer Sichtweite in heiße Tränen ausbrach.
*
Obwohl Wochenende war, fuhr Dr. Daniel Norden auch an diesem Samstagvormittag in die Klinik. Der Gesundheitszustand von Bernhard Beer besorgte das Ehepaar Norden, und Daniel versprach seiner Frau, sich zu melden, sobald er Neuigkeiten erfahren hatte. Doch bevor er Bernhards Zimmer erreichte, traf er auf СКАЧАТЬ