Weihnachts-Sammelband: Über 250 Romane, Erzählungen & Gedichte für die Weihnachtszeit (Illustrierte Ausgabe). О. Генри
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СКАЧАТЬ gequält heiter, wie er vorher natürlich war:

      »Du langweilst dich wohl, Rosmarie, so allein hier. Es ist einsam für dich. Ich habe mir schon gedacht, wie wäre es, wenn wir für eine Woche nach München gingen. Du könntest ins Theater gehen, gute Musik hören, dir die Theken besehen... Die Stille, seit das Baugeräusch aufgehört hat, – das ich so oft verwünscht habe, sie geht einem wirklich manchmal auf die Nerven.«

      »Das Haus ist noch so leise, und der Thorsteiner Wind kann nicht, was der Braunecker kann. Hast du ihn einmal bei Nacht gehört? Der Thorsteiner ist ein Dilettant dagegen. Was da alles lebendig wird in Brauneck. Aber ich möchte jetzt nicht von Hause fort, und darf ich herüberkommen, bitte?«

      Harro geht zur Türe. »Du bist so hartnäckig wie das Seelchen, wenn es etwas wollte ...«

      Rosmarie atmet tief auf, nimmt ihre Rosen und geht ins Schlafzimmer.

      Harro wandelt vor seiner Staffelei auf und ab und richtet seine Farben und rückt mit den großen Vorhängen hin und her. Dann fallen ihm die Hände herunter, und er steht brütend da.

      »Ja, nun wird sie wohl kommen, die holde Quälerin. Ob sie glücklich waren, die Fee und der Braunecker, das weiß sie nicht. Das geht an deine Adresse, Harro, mein Freund! Sie dreht und wendet etwas in ihrem süßen, törichten Kopf herum. Ach, sie wird sich wieder beruhigen. Ich habe sie viel zu viel allein gelassen. Das Alleinsein über den Wolken, das soll der Teufel holen. Wir müssen fort, daß die Zeit vergeht. Nun werd ich ihr ein schönes Köpfchen auf die große Leinwand malen, und das wird sie unterhalten.«

      Ein leises Rauschen hinter ihm. Rosmarie steht da in einem weiten blauen Morgenkleid. Sie sieht fast geisterhaft blaß aus, nur ihre Augen leuchten dunkel, fast schwarz. Das kennt Harro und er weiß, daß sie in ihrem Tiefsten erregt ist.

      »Ist dir etwas, Rosmarie?«

      »Nein, Harro.« Nun lächelt sie mit weißen Lippen. »Sieh, ich habe dir den alten grünen Samt mitgebracht – Märt hat ihn doch hereingetragen, – ja da liegt er. Ich dachte, er soll den Brunnenrand vorstellen, und hier der niedere breite Tisch.«

      »Ich wunderte mich, daß er abgeräumt war. Du hast dir das ausgedacht – wie gütig!« sagt er mechanisch.

      »Willst du das darüber legen, und laß es ein wenig auf dem Boden schleppen – so...«

      »Sehr gut – aber das harte Hellblau, Rosmarie, erlaube. Warum bist du nicht lieber in deinem grauen Tuchkleid gekommen?«

      »Im Tuchkleid... die Fee!«

      »Und deine Haare...« »Es wird schon recht werden. Ich möchte wissen, ob das nun gut im Lichte steht. Und dann: Welchen Moment hast du dir ausgedacht? Wann sie ihm die Schale reicht?«

      Harro betrachtet seine Zeichnung: »Das ist jetzt gleichgültig.«

      »Nein, gar nicht. Das mußt du jetzt schon wissen. Es richtet sich doch meine Stellung danach.«

      »Hartnäckig wie immer.«

      »Es gibt drei Möglichkeiten. Den Moment, wo er sie erblickt und sie über ihn erschrickt... dann muß er weiter zurück... oder...«

      »Ach, das läßt sich jetzt nicht entscheiden.«

      »Dann laß mich's tun. Ich wähle die zweite. Sie fürchtet ihn nicht mehr.«

      Wie die dunkeln Augen leuchten aus dem weißen Gesicht.

      »Rosmarie?«

      »Harro, einen Augenblick. Ich will das Bild allein stellen. Gehe dort nach dem Fenster und warte. Einen Augenblick. Bis ich dir rufe.«

      In Harros Gesicht schießt eine tiefe Röte bis in seine braune Stirn herauf. Mit wild klopfendem Herzen tritt er an die Wand. Es flimmert ihm vor den Augen. Was für ein Narr er ist! Sie hat sich gewiß recht schön gemacht unter ihrem hellblauen Kleide mit einem ihrer Festgewänder, und will ihn damit überraschen. Ich darf ihr die Freude nicht verderben. »Hast du gerufen?«

      Ein sehr leises Ja – und Harro dreht sich lächelnd um. Und dann steht er regungslos da – seine Seele in den Augen ... die tiefste Ruhe senkt sich auf sein quälendes Verlangen. Das ist nicht sein junges Weib ... das ist die Fee.

      Blaß und ernst, mit dunkeln Augen, das Kleinod in der sanft erhobenen Hand, nur das an sich, was ihr Gottes Hand selbst um die Schultern gelegt, den goldenen Königsmantel ihrer Haare. Weißleuchtend wie die Mohnblüte, wenn sie die grauen Schalen gesprengt, hoheitsvoll und lieblich, wie aus dem Lande des Vollkommenen herabgestiegen.

      Einen tiefen Atemzug, der ihm die breite Brust schwellt, tut der Mann, und dann leuchten die sonnenhaften Augen. Er greift nach seinem Pinsel, und der fliegt ... Und jetzt sind seine Augen stahlhart, wie sie auf und nieder gleiten.

      Es ist totenstill da innen, nur seine Schritte tönen, wie er hin und wieder geht. Und die Sonne macht ihren kurzen Weg um den Berg.

      Fast plötzlich fällt ein graues Dämmern. Die weiße Gestalt dort wankt. Die Schale noch fest in der Hand, sinkt sie zu Boden.

      Harro stürzt herbei und hebt ihr schneeblasses Gesicht... »Liebste, vergib ... O Gott, was hab ich getan! Mache doch deine Augen auf ... Eiskalt bist du. Liebste!«

      Harro fängt an, unsinnig zu schluchzen. Da schlägt sie die Augen auf.

      »Ach – nicht weinen, Liebster. Gib mir mein Kleid, ja ich bin schwach geworden – aber ich habe doch ausgehalten ... Gib es mir schnell.«

      Harro hüllt sie mit bebenden Händen ein, trägt sie hinüber auf ihr Bett und häuft Decken auf sie. Da liegt sie nun. Ihren weißen Rosenkranz hat sie noch auf dem Haupte.

      »Wird es schön, das Bild? Ich sah's an deinen Augen. Ich hielt zu lange still, und nun hab ich dich erschreckt, du Armer!«

      »Ein roher Geselle bin ich ... ich vergaß es alles – die Fee – die Fee ... der Wahnsinn ergriff mich. Nie habe ich noch so etwas gefühlt. Ich weiß gar nicht, was ich gemacht habe ... das göttliche Feuer brannte in mir!« »Ich sah es. Und ich habe dir gedient. Und nun laß mich ein wenig ruhen.«

      Er beugte sich über sie: »Darf ich dich küssen. O du – du süße Heilige, du weißt ja gar nicht, was du mir gegeben hast – du kannst es ja nicht wissen, über mich hinausgehoben hast du mich – du. Du mein blauer Himmel. Ja ich gehe ... sag mir, daß ich dir nicht geschadet.«

      »Ich bin sehr glücklich, Harro. Und was sollte es mir geschadet haben?«

      Und er geht. Sie lächelt mit weißen Wangen. »Die Schleier sind dünn geworden ... es ist keine eiserne Tür dahinter ... ich muß Geduld haben ... und ich habe ihm dienen dürfen.«

      Neunundzwanzigstes Kapitel.

       Das beste Lebkuchenrezept

       Inhaltsverzeichnis

      Draußen dichte Schneeschleier, krächzende Rabenscharen; und Chrysanthemumsträuße im Goldhaus, wohin man sieht. Das neue Haus fängt schüchtern an zu leben, und es weihnachtet schon ein wenig. Rosmarie und ihre Lisa studieren das berühmte Honigkuchenrezept. СКАЧАТЬ