Название: Der Klosterjaeger
Автор: Ludwig Ganghofer
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 4064066114039
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[11] Hemdchen.
Der Nachmittag verging, und mit dem Feierabend kam Wolfrat nach Hause. Es war der Sudmann, den Haymo unter dem Tor des Salzhauses gesehen; nun trug er zu der Leinenhose noch ein grobes Hemd und einen mürben Janker. Vor der Tür legte er die Holzschuhe ab und trat barfüßig in die Stube, in der es schon dunkel war.
„Bist du’s, Polzer?“ klang die leise Stimme des Weibes.
„Ja, Seph!“ erwiderte er, seine Stimme zum Flüstern dämpfend; dann trat er zu Sepha und strich ihr mit der schweren Hand über den Scheitel. „Wie geht’s denn, Hascherl?“
„Es muß halt gehen!“
„Bist in der Sonnzeit ein lützel draußen gesessen?“
„Wohl.“
Er beugte sich über das Bett. „Schlaft ’s Kindl schon?“ Sie nickte nur. Sachte ließ er sich auf den Bettrand nieder und fühlte mit dem Rücken der Hand an die Wange des schlummernden Kindes. „Völlig brennen tut’s!“ Noch tiefer neigte er sich und trank den heißen Atem, der ihm entgegenströmte. Dann richtete er sich auf und fragte: „Wo schafft die Dirn?“
„Sie feuert.“
Er erhob sich und verließ die Stube. Draußen in der Küche fand er Gittli beim flackernden Herdfeuer.
„Warst du bei ihm?“ fragte er.
Gittli nickte, und die Tränen kamen ihr in die Augen.
„So red doch! Will er mir Zeit lassen?“
Sie schüttelte den Kopf; sprechen konnte sie nicht. Und ihr Schweigen sagte ihm mehr, als er aus hundert Worten hätte hören können. Er wurde bleich, griff nach einem dürren Ast und stocherte im Feuer umher. „Der Fitzmeier,“ sagte er nach einer Weile mit schwankender Stimme, „der hat an Michaeli das Lehent auch nit zahlen können, und am andern Tag haben sie ihn ausgekehrt aus der Stub.“
„Geh, wie magst du dich auf gleich stellen mit so einem!“ sagte Gittli fast zornig. „So ein schlechter Mensch!“
„Gut oder schlecht, nur scheppern muß es, scheppern!“ Er stieß mit heiserem Lachen die Fäuste in die Hosensäcke und beutelte die leeren Taschen. „Jetzt hat der Simmerauer dem Fitzmeier sein Lehen. Und der Sutter-Franzl wartet auch schon, bis eins ledig wird.“ Er wandte sich ab und verließ die Küche. Auf der Schwelle fragte er über die Schulter zurück: „Wo ist der Bub?“
Im gleichen Augenblick kam Lippele zur Haustür hereingestürmt. Mit beiden Armen griff Wolfrat zu und riß das Bürschl an seine Brust empor. Lippele sträubte sich greinend gegen diese rauhe Zärtlichkeit; er hatte auch eine wichtige Botschaft zu bringen: der Eggebauer hätt’ nach dem Vater gefragt, und der Vater soll heut noch hinüberkommen.
„Der auch?“ murmelte Wolfrat. „Freilich, einschichtig ist noch nie eine Sorg gekommen. Schockweis, schockweis! So wird’s wohl sein müssen.“ Er stellte den Knaben auf die Erde, schob ihn zur Stubentür hinein und verließ das Haus.
Wolfrat brauchte sich nur über den Gartenhag zu schwingen; denn der Eggebauer war sein Nachbar, und ein schwerer dazu: er hatte volle Truhen und Kasten, vier Rosse im Stall und über die zwanzig Kühe. Freilich, für den Klostervogt war das noch lang keine Ursach zum Respekt; das hatte Herr Schluttemann heut bewiesen.
Der Bauer schien den Sudmann schon erwartet zu haben; er stand unter der Haustür, die Daumen in den breiten Ledergurt eingehängt.
„Grüß Gott, Eggebauer!“
„Grüß Gott auch, Polzer!“
„Mußt nit harb sein, Bauer,“ sagte Wolfrat, jedes Wort hervorwürgend, „es ist unrecht von mir, daß ich mich erst hab rufen lassen. Ich hätt von selber kommen sollen, denn ich weiß, ich hab dir in die Hand versprochen, das Geld in der Palmwoch heimzuzahlen.“
„Was willst?“ brummte der Bauer. „Hab ich drum gefragt?“
Wolfrat schaute freudig betroffen auf.
„Behalt das Geld, solang du willst. Ich brauch’s nit. Bist ein armer Teufel, aber eine ehrliche Haut. Bei dir ist’s gut aufgehoben. Und ich bin eine mitleidige Seel und hab mich gefreut, daß ich dir helfen hab können.“
Eine Hoffnung schoß in Wolfrat heiß empor. „Bauer, wenn du so mit mir redest,“ sagte er, „nachher möcht ich gleich statt einem Vergeltsgott ein ‚Bitt schön‘ sagen. Eggebauer! Ich kann das Lehent nit zahlen. Wenn du mir helfen möchtest?“
Der Eggebauer spitzte die Ohren; was er hörte, schien er nicht ungern zu vernehmen. „Ich könnt schon, wenn ich möcht,“ sagte er schmunzelnd, „und wer weiß, vielleicht mag ich.“
„Bauer!“ Wolfrat hatte mit zitterndem Druck des Bauern Hände gefaßt.
„Laß aus! Laß aus!“ wehrte der Bauer lachend. „Wir reden noch drüber. Damit du aber siehst, was ich für einer bin und wie gut ich dir’s mein’: ich weiß ein paar schöne Heller zu verdienen, und da bist gleich du mir eingefallen.“
„Verdienen! Mein Gott, Bauer, ich möcht ja schaffen wie ein Narr. Aber ich muß von früh bis auf den Abend im Sudhaus werken.“
„Was ich mein’, das kannst du schaffen in der Nacht. Es ist sternscheinige Zeit. Nach Feierabend packst du es an, zehn Stund brauchst du dazu und kannst fertig sein, vor das Glöckl im Sudhaus läutet. Und wenn du’s machst in der Samstagnacht, da kannst du auch länger brauchen. Am Ostersonntag brennt kein Feuer im Sudhaus.“
„Und was wär das, was ich schaffen soll?“
„Zenza!“ rief der Bauer in den Flur zurück. „Bring die Latern!“
Nach einer Weile erschien die Tochter des Bauern unter der Haustür, in der Hand die Laterne mit brennendem Licht. Der Bauer nahm sie. „Komm!“ sagte er und ging dem Sudmann voran einer Scheune zu.
In dem großen, fensterlosen Raum herrschte schon tiefes Dunkel. Wolfrat staunte: so spät im Frühjahr, und die Scheune strotzte noch von Heu und Garben.
„Da schau!“ sagte der Bauer und hob die Laterne.
Wolfrat stand betroffen; scheu griff er nach dem Hut und entblößte den Kopf. Über einem Haufen Heu lag ein lebensgroßes Schnitzwerk: das Bild des Erlösers mit ausgebreiteten Armen. Es fehlte nur das Kreuz. Das Schnitzwerk war mit frischen Farben bemalt: die Locken braun, die Augen blau, die Glieder bleich wie Schnee, und aus allen Wunden, unter jedem Stachel der Dornenkrone, rannen die roten Tropfen. Der flackernde СКАЧАТЬ