Gesammelte Werke von Dostojewski. Федор Достоевский
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Gesammelte Werke von Dostojewski - Федор Достоевский страница 188

Название: Gesammelte Werke von Dostojewski

Автор: Федор Достоевский

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9788027204205

isbn:

СКАЧАТЬ der Schläge, die sie bekommen hatte?«

      »Ja, sie war immer gewohnt, stark zu essen, und gleich nachdem sie gegessen hatte, ging sie, um ihre Fahrt nicht zu lange hinauszuschieben, ins Badehäuschen … Weißt du, sie machte so eine Art Badekur durch; sie haben nämlich da eine sehr kalte Quelle, und sie badete regelmäßig alle Tage darin. Und sowie sie nur ins Wasser gegangen war, rührte sie sogleich der Schlag!«

      »Ganz natürlich!« sagte Sossimow.

      »Hatte er sie denn sehr geschlagen?«

      »Darauf kommt es doch nicht an«, entgegnete Dunja.

      »Hm! Übrigens, Mama, was kann Ihnen das nur für Spaß machen, solches Zeug zu erzählen«, sagte Raskolnikow auf einmal in gereiztem Tone; es schien ihm unwillkürlich zu entfahren.

      »Ach, lieber Sohn, ich wußte gar nicht mehr, wovon ich noch sprechen sollte«, erwiderte Pulcheria Alexandrowna, ohne zu überlegen.

      »Ja, was ist denn? Sie fürchten sich wohl gar vor mir?« fragte er mit einem verzerrten Lächeln.

      »Das ist wirklich der Fall«, sagte Dunja und sah ihrem Bruder mit ernstem, strengem Blicke gerade ins Gesicht. »Als Mama die Treppe heraufstieg, hat sie sich sogar vor Angst bekreuzigt.«

      Sein Gesicht verzog sich krampfhaft.

      »Ach, Dunja, was du nur redest! Bitte, sei nur nicht böse, Rodja! Warum sagst du denn das, Dunja!« fiel Pulcheria Alexandrowna in größter Verlegenheit ein. »Ich habe ja doch, als wir hierherfuhren, während der ganzen Reise es mir ausgemalt, wie wir uns wiedersehen würden, wie wir einander alles erzählen würden, … und ich war so glücklich, daß mir die Reise gar nicht lang vorkam! Aber was rede ich! Ich bin ja auch jetzt glücklich! … Torheit, was du da redest, Dunja! … Schon daß ich dich sehe, macht mich glücklich, Rodja!«

      »Laß gut sein, Mama«, murmelte er verlegen, ohne sie anzublicken, und drückte ihr die Hand. »Wir können uns ja noch genug aussprechen.«

      Nach diesen Worten wurde er plötzlich wieder ganz verstört und blaß; wieder durchzog, wie schon unlängst einmal, ein schreckliches Gefühl wie Todeskälte seine Seele; wieder wurde es ihm auf einmal völlig klar und deutlich, daß er soeben eine furchtbare Lüge gesagt hatte, daß er nie mehr dazu kommen werde, sich frei auszusprechen, ja, daß er über nichts, niemals und mit niemand überhaupt nur werde unbefangen reden können. Der Eindruck dieses qualvollen Gedankens war so stark, daß er für einen Augenblick beinahe sich und alles um sich ganz vergaß, von seinem Platze aufstand und, ohne jemand anzusehen, nach der Tür ging, um das Zimmer zu verlassen.

      »Was ist mit dir?« rief Rasumichin und ergriff ihn bei der Hand.

      Er setzte sich wieder hin und blickte schweigend um sich her; alle sahen ihn bestürzt an.

      »Ja, warum seid ihr denn alle so langweilig?« rief er plötzlich zur Verwunderung aller. »So redet doch etwas! Wozu sitzen wir denn eigentlich so stumm da? Na, so sprecht doch! Wir wollen uns unterhalten! … Nun sind wir hier zusammengekommen und schweigen! … Na, sagt doch irgend etwas!«

      »Gott sei Dank! Ich dachte schon, es stieße ihm etwas Ähnliches zu wie gestern!« sagte Pulcheria Alexandrowna und bekreuzigte sich.

      »Was hast du nur, Rodja?« fragte Dunja unsicher.

      »Ich? Gar nichts, es fiel mir nur eine komische Geschichte ein«, erwiderte er und lachte auf.

      »Nun, wenn’s das ist, dann ist’s ja gut! Sonst dachte ich selbst schon …«, murmelte Sossimow und erhob sich vom Sofa. »Ich muß aber nun gehen; ich komme vielleicht noch einmal mit heran, … wenn ich Sie zu Hause treffe …«

      Er verabschiedete sich und ging hinaus.

      »Was für ein prächtiger Mensch!« bemerkte Pulcheria Alexandrowna.

      »Ja, er ist ein prächtiger, ausgezeichneter, gebildeter, kluger Mensch«, begann Raskolnikow; er redete auf einmal ungewöhnlich schnell und mit einer Lebhaftigkeit, die er bisher nicht gezeigt hatte. »Ich kann mich gar nicht besinnen, wo ich ihn vor meiner Krankheit getroffen haben sollte … Mir ist so, als hatte ich ihn irgendwo getroffen … Der da ist auch ein guter Mensch!« fuhr er, mit einer Kopfbewegung nach Rasumichin hin, fort. »Gefällt er dir, Dunja?« fragte er und brach in ein unmotiviertes Lachen aus.

      »Gewiß, sehr!» antwortete Dunja.

      »Was du für dumme Späße machst!« rief Rasumichin, der ganz rot geworden war, in furchtbarer Verlegenheit und stand von seinem Stuhle auf.

      Pulcheria Alexandrowna lächelte leise; Raskolnikow aber lachte laut los.

      »Wo willst du denn hin?«

      »Ich will auch … ich muß fort.«

      »Du mußt ganz und gar nicht, bleib nur hier! Du denkst, Sossimow ist fortgegangen, also mußt du es auch tun. Geh noch nicht! … Was ist denn die Uhr? Schon zwölf? Was du für eine hübsche Uhr hast, Dunja! Aber warum seid ihr denn wieder so stumm geworden? Ich bin immer nur der einzige, der redet!«

      »Es ist ein Geschenk von Marfa Petrowna«, antwortete Dunja.

      »Und es ist eine sehr wertvolle Uhr«, setzte Pulcheria Alexandrowna hinzu.

      »Ei! Sie ist ja so groß; man kann sie kaum noch als Damenuhr betrachten.«

      »Ich habe gern eine so große«, entgegnete Dunja.

      ›Also kein Geschenk von ihrem Bräutigam‹, dachte Rasumichin und freute sich unwillkürlich.

      »Ich glaubte, es wäre ein Geschenk von Lushin«, bemerkte Raskolnikow.

      »Nein, er hat Dunja noch nichts geschenkt.«

      »So, so! Erinnern Sie sich noch, Mama, ich war einmal verliebt und wollte heiraten«, sagte er unvermittelt und blickte die Mutter an, die durch diese unerwartete Wendung des Gespräches und den Ton, in dem er von diesem Gegenstande sprach, sehr überrascht war.

      »Ach ja, lieber Sohn, ich erinnere mich!«

      Pulcheria Alexandrowna wechselte Blicke mit Dunja und Rasumichin.

      »Hm! … Ja! Aber was soll ich euch davon erzählen? Ich kann mich gar nicht mehr recht auf alles besinnen. Sie war immer so krank«, fuhr er fort, indem er den Kopf senkte, als ob er sich wieder ganz in seine Gedanken vertiefte, »ganz hinfällig war sie; ihre größte Freude war, den Bettlern Almosen zu geben, und immer sehnte sie sich nach dem Kloster und zerfloß einmal ganz in Tränen, als sie mit mir davon sprach; ja, ja, … ich erinnere mich, … ganz genau erinnere ich mich. Sie war unschön … in ihrer äußeren Erscheinung. Ich weiß wirklich nicht, warum ich damals so an ihr hing, vielleicht weil sie immer krank war … Wenn sie dazu noch lahm oder buckelig gewesen wäre, ich glaube, ich hätte sie nur noch lieber gehabt …« (Er lächelte melancholisch.) »Es war so eine Jugendeselei …«

      »Nein, die war es nicht«, sagte Dunja lebhaft und mit Wärme.

      Er blickte seine Schwester starr und anscheinend aufmerksam an, hatte aber ihre Worte nicht verstanden und wohl gar nicht gehört. Dann stand er tief in Gedanken auf, trat zu seiner Mutter, küßte sie, kehrte zu seinem Platze zurück und setzte sich wieder hin.

      »Du liebst sie wohl auch jetzt noch?« fragte Pulcheria Alexandrowna gerührt.

      »Sie? СКАЧАТЬ