Название: Gesammelte Krimis (69 Titel in einem Buch: Kriminalromane und Detektivgeschichten)
Автор: Edgar Wallace
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9788026822240
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»Können Sie denn in der City kein Geld auftreiben?«
Der Oberst schlug die Spitze eines gekochten Eis ab, ohne zu antworten. Tramber kannte die Lage dort genausogut wie er selbst.
»Hm«, meinte Sir Isaac schließlich, »aber irgendwie müssen wir doch jetzt Geld beschaffen.«
»Wie steht es denn mit Ihrem Freund?«
Die Frage klang gleichgültig, war aber wohlüberlegt.
»Welchem Freund?« Sir Isaac lachte heiser. »Allerdings – ich habe nicht so viele Freunde, daß es notwendig wäre, einen genauer zu bezeichnen. Sie meinen natürlich Lord Verlond?«
Black nickte.
»Verlond ist der einzige Mann auf der Welt, den ich nicht um Geld angehen darf.«
»Er besitzt doch aber ein großes Vermögen«, sagte Black spöttisch.
»Das stimmt«, erwiderte Sir Isaac grimmig. »Und womöglich muß er mir noch einmal sein Geld hinterlassen.«
»Hat er keinen Erben?« fragte der Oberst interessiert.
»Früher war einer vorhanden – ein Neffe, der hoch hinauswollte. Aber der lief von zu Hause fort, und man nimmt an, daß er auf einer Ranch in Texas ums Leben gekommen ist. Auf jeden Fall beabsichtigt Lord Verlond, ihn für tot erklären zu lassen.«
»Das war allerdings ein Schicksalsschlag für den alten Mann.«
Diese Äußerung schien Sir Isaac zu belustigen, denn er lehnte sich zurück und lachte laut auf.
»Was sagen Sie da – ein Schicksalsschlag? Er hat seinen Neffen gehaßt wie die Pest! Lord Verlond entstammt der jüngeren Linie, und der Junge war ein wirklicher Verlond. Deshalb haßte ihn doch der Alte so sehr. Ich bin überzeugt, daß er ihm das Leben zur Hölle gemacht hat. Er ließ ihn immer am Wochenende zu sich kommen, um ihn zu schikanieren, bis der junge Mensch schließlich verzweifelte, seine geringen Ersparnisse nahm und auf und davon ging.
Einige Freunde seiner Familie haben nachgeforscht, wo er geblieben war, aber der Alte hat sich nicht im geringsten um ihn gekümmert. Die anderen haben ihm dann eine Stelle in einer Druckerei in London verschafft. Schließlich wanderte er nach Amerika aus.
Ein paar interessierte Leute haben seine Spur verfolgt. Er ging nach Texas und kam auf eine ziemlich verwahrloste Ranch. Später erfuhr man, daß ein Mann, auf den seine Beschreibung paßte, bei einer Schießerei getötet wurde. Es muß eine jener üblen Gegenden gewesen sein, die man in den Wildwestfilmen sehen kann.«
»Wer ist denn jetzt der Erbe?«
»Den Titel erbt niemand. Das Vermögen geht an die Schwester des Jungen. Sie ist ein recht hübsches Mädchen.«
Black sah ihn unter halbgeschlossenen Augenlidern hervor an.
Sir Isaac drehte nachdenklich an seinem Schnurrbart und wiederholte noch einmal: »Wirklich – ein hübsches Mädchen.«
»Dann haben Sie also … Aussichten?« fragte Black langsam.
»Was meinen Sie damit?« Sir Isaac richtete sich auf.
»Genau das, was ich sage. Der Mann, der sie einmal heiratet, bekommt einen ganz schönen Sack voll Geld. So ist es doch?«
»Ja, so ähnlich«, antwortete Sir Isaac düster.
Der Oberst stand auf und faltete seine Serviette sorgfältig.
Er brauchte so notwendig bares Geld, daß er sich nicht viel darum kümmern konnte, was die City dazu sagte. Wenn Sandford seinen Plänen wegen der Fusion der Hütten im Norden entgegentrat, so war das allerdings eine andere Sache; aber er hoffte, mit ihm fertig zu werden, obwohl er schwer zu beeinflussen war.
Er schaute seinen Geschäftspartner nachdenklich an.
»Ikey«, sagte er dann, »in letzter Zeit legen Sie wenig Wert auf unsere gegenseitigen Beziehungen, ja Sie fangen sogar an, sich ihrer zu schämen. Ich habe plötzlich einen tugendhaften Charakterzug an Ihnen entdeckt, und ich muß sagen, daß mir das leid tut.«
Er sah Sir Isaac gerade in die Augen.
»Ach, Unsinn!« sagte der Baronet sorglos. »Sie wissen doch ganz genau, daß ich meine Stellung in der Gesellschaft wahren muß.«
»Sie sind mir aber auch verschiedenes schuldig.«
»Es sind nur viertausend Pfund. Und die sind gedeckt durch eine Lebensversicherung über fünfzigtausend Pfund, die für mich abgeschlossen ist.« »Die Prämie muß ich aber selbst zahlen«, brummte der Oberst bissig. »Ich dachte freilich im Augenblick nicht an Geld.«
Er maß Sir Isaac von Kopf bis Fuß mit seinen Blicken.
»Fünfzigtausend Pfund«, sagte er dann belustigt. »Mein lieber Ikey, wenn man Sie ermordet, sind Sie mehr wert als lebendig.«
»Machen Sie doch nicht so gräßliche Witze!«
Der Oberst nickte.
»Nun gut, wir wollen nicht weiter darüber sprechen«, sagte er.
Er schlug seinen Hausmantel zusammen, ging durch die Wohnung zu seinem Arbeitszimmer und schloß die Tür hinter sich.
*
Die tugendhaften Anwandlungen seines Geschäftspartners gaben Oberst Black zu denken. Diese Symptome waren mehr als unangenehm, sie begannen ihn zu beunruhigen. Black gab sich keinen Illusionen hin. Er traute Sir Isaac Tramber ebensowenig wie anderen Menschen, ja vielleicht noch weniger.
Der Baronet hatte sich nur durch Blacks Geld bis zu einem gewissen Grade in der Gesellschaft rehabilitieren können; mit Blacks Geld hatte er wieder Rennpferde gekauft.
Der Oberst hatte jedoch auch hier nicht etwa aus dem menschenfreundlichen Grund gehandelt, einem anderen zu helfen, den die Gesellschaft geächtet hatte und mit dem anständige Leute nichts mehr zu tun haben wollten.
Als Ausgestoßener konnte Sir Isaac ihm nicht nützlich sein.
Black hatte seine Ansicht über sein Verhältnis zu dem Baronet einmal in einem Satz von epigrammatischer Kürze zusammengefaßt: ›Er war das heruntergekommenste Werkzeug, das mir jemals unter die Hände kam; aber ich habe ihn wieder auf die Beine gestellt und schön herausgeputzt, und heute ist er, wenn auch gerade keine anziehende Schönheit, so doch ein ganz erträglicher Gentleman.‹
Und Sir Isaac hatte sich wirklich als nützlich erwiesen. Das Geld, das Black auf ihn verwandt hatte, rentierte sich, ebenso der Anteil des Baronets an dem Geschäft, das er offensichtlich verachtete.
Sir Isaac Tramber fürchtete Black. Hauptsächlich aus diesem Grunde konnte der Oberst seine Macht über den schwächeren Partner ausüben. Tramber СКАЧАТЬ