Название: Gesammelte Krimis (69 Titel in einem Buch: Kriminalromane und Detektivgeschichten)
Автор: Edgar Wallace
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9788026822240
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Eine halbe Stunde lang durchforschten sie den Raum, aus dem Poltavo verschwunden war. Sie bohrten die hölzernen Täfelungen an und untersuchten jedes einzelne Paneel.
Dabei machten sie die Entdeckung, daß die eichenen Paneele mit Stahlplatten festgeschraubt waren.
»Es ist ein hoffnungsloses Unternehmen. Wir müssen Handwerker haben, die die Platten entfernen können«, sagte Mr. Smith.
In Gedanken hatte er das kleine Medaillon wieder aus der Tasche genommen und geöffnet.
»Es ist doch zu absurd.« Er lachte hilflos. »In diesen einfachen Worten liegt nun die Lösung, und doch können wir klugen Leute von Scotland Yard sie nicht finden …«
»Gott schütz dem Kenig!« sagte Ela traurig. »Ich möchte nur wissen, wie uns das helfen sollte.«
Plötzlich zeigte Mr. Smith auf das Klavier. Er eilte zu dem Instrument, hob den Deckel auf und schlug einen Akkord an. Der Ton klang etwas dürftig, das Klavier schien seit langer Zeit nicht mehr gestimmt worden zu sein.
»Ich werde einmal ›Gott schütze den König‹ spielen!« rief Mr. Smith mit glänzenden Augen. »Ich glaube, dann wird sich etwas ereignen.«
Langsam spielte er die bekannte Weise von Anfang bis zu Ende und schaute dann auf.
»Versuchen Sie es noch einmal in einer anderen Tonart«, riet Ela. Wieder spielte Mr. Smith die Nationalhymne. Als er fast zu Ende war, knackte plötzlich die Wand. Er sprang auf. Eins der langen Paneele hatte sich geöffnet. Einen Augenblick sahen sich die beiden Männer an. Sie waren allein in dem Haus, obwohl eine Polizeiwache in Rufweite stand. Die anderen Polizeitruppen waren in der Nähe des »geheimnisvollen Hauses« zusammengezogen.
Mr. Smith drehte seine unentbehrliche Taschenlampe an und drang in die dunkle Öffnung vor.
»Ich werde einmal allein hineingehen und sehen, was geschieht.«
»Ich glaube, es ist besser, wir gehen zusammen«, erwiderte Ela grimmig.
»Hier ist ein elektrischer Schalter.«
Mr. Smith drehte daran, und eine elektrische Lampe leuchtete im Innern einer kleinen Liftkabine auf.
»Hier befinden sich wahrscheinlich die notwendigen Knöpfe – wir wollen einmal diesen versuchen.«
Er drückte auf einen Knopf, und der Fahrstuhl begann sich zu senken. Nach einer Weile hielt er an, und die beiden traten hinaus.
»Dies ist ein Teil des alten Bergwerks«, erklärte Smith. »Wirklich eine geniale Idee.«
Er leuchtete mit seiner Lampe die Wände des Stollens ab, um die elektrischen Schalter zu finden. Er fand sie auch, und im nächsten Augenblick war der Stollen hell erleuchtet.
»Teufel noch einmal! Sogar eine unterirdische Trambahn haben sie sich eingerichtet! Sehen Sie doch einmal her!« rief er mit Bewunderung.
Auf der kleinen Endstation befanden sich zwei Geleise mit einer Weiche, und ein Wagen schien auf sie zu warten. Ein paar Minuten später hatten Mr. Smith und sein Assistent das andere Ende des unterirdischen Ganges erreicht. Sie fanden auch den zweiten Fahrstuhl.
»Das hätten wir geschafft. Sie haben alles elektrisch eingerichtet. Ich dachte mir schon, daß das große Kraftwerk Farringtons einem ganz besonderen Zweck dienen müsse. Nun sehe ich, wieviel Strom sie brauchen. Treten Sie vorsichtig in den Fahrstuhl, und merken Sie sich genau, welchen Weg wir machen. Ich nehme an, daß wir uns jetzt etwas mehr als dreißig Meter unter der Erdoberfläche befinden. Schätzen Sie es einmal oberflächlich, wenn wir nach oben fahren.«
Er drückte auf einen Knopf, und der Fahrstuhl glitt aufwärts. Oben traten sie in dem kleinen Zimmer hinaus und fanden die Tür zu dem langen Gang.
»Das sieht so aus, als ob hier ein Zimmer oder ein größerer Raum dahinter läge«, meinte Mr. Smith, als er vor einer mit roter Farbe gestrichenen Tür stand, die in eine der dicken Wände eingelassen war. Er lehnte sich dagegen, aber sie bewegte sich nicht. Sie untersuchten die ganze Umgebung, konnten aber kein Schlüsselloch finden.
»Die Tür scheint durch irgendeine geheimnisvolle Feder oder einen Schalter in Bewegung gesetzt zu werden, oder sie bewegt sich überhaupt nicht«, flüsterte er Ela zu.
»Wenn sie durch eine Feder bewegt wird, werde ich sie schon herausfinden.« Elas Hand tastete über die Oberfläche der Tür, und plötzlich hielt er an.
»Hier ist eine Öffnung, die etwas größer ist als ein Nadelöhr.« Er nahm ein Universalmesser mit vielen Klingen aus der Tasche und bog eine Stahlnadel heraus. »Pfeifenreiniger sind manchmal auch zu anderen Dingen nütze«, sagte er und drückte den langen, dünnen Stab in die Öffnung. Plötzlich öffnete sich die Tür geräuschlos.
Mr. Smith war der erste, der mit dem Revolver in der Hand in den Raum trat. Er befand sich in einem Zimmer, das keineswegs das Aussehen eines Gefängnisses hatte, selbst wenn es diesem Zweck dienen sollte. Die Wände waren mit kostbaren Brokatstoffen bespannt, der Teppich war dick und weich, und die Möbel zeugten von künstlerischem Geschmack.
»Lady Constance«, rief Mr. Smith überrascht.
Eine Frau, die neben einer Leselampe saß, erhob sich schnell und sah den Detektiv verwirrt an.
»Mr. Smith!« Sie eilte auf ihn zu. »Gott sein Dank, daß Sie gekommen sind!«
Sie ergriff seine beiden Hände und weinte fast vor Freude. Sie sprach unzusammenhängende Worte, erzählte von ihrer Gefangennahme, ihrer Furcht, ihrer Dankbarkeit für ihre Rettung.
»Setzen Sie sich, Lady Constance«, sagte Mr. Smith freundlich. »Versuchen Sie Ihre Gedanken zu ordnen – haben Sie Poltavo gesehen?«
»Poltavo?« fragte sie verwundert. »Nein, ist er denn hier?«
»Er muß sich irgendwo hier aufhalten. Ich bin gerade auf der Suche nach ihm. Wollen Sie hierbleiben oder wollen Sie mit uns kommen?«
»Ich möchte Sie begleiten«, sagte sie schaudernd.
Sie gingen zusammen hinaus.
»Führen alle diese Türen hier zu Räumen, die ähnlich sind wie dieser?« fragte der Detektiv.
»Ich glaube, daß eine Anzahl von unterirdischen Zellen hier liegt«, antwortete sie flüsternd. »Aber die größte von ihnen ist ganz in der Nähe.«
Sie zeigte auf eine rot angestrichene Tür, die etwa zwanzig Schritt entfernt lag. Ela untersuchte sie genau.
Offenbar öffneten sie sich alle nach demselben Stecksystem, das im Mittelalter sehr beliebt war. Die Italiener hatten dieses Geheimnis wahrscheinlich aus ihrem Vaterland mitgebracht, in dem einst die Borgias, die Medicis und die Viscontis lebten.
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