Die bekanntesten Dramen und Lustspiele von Arthur Schnitzler. Артур Шницлер
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Читать онлайн книгу Die bekanntesten Dramen und Lustspiele von Arthur Schnitzler - Артур Шницлер страница 44

Название: Die bekanntesten Dramen und Lustspiele von Arthur Schnitzler

Автор: Артур Шницлер

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9788027209309

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      Julian. Ich glaube immer, du bist noch heute nicht ganz objektiv gegen ihn.

      Irene. Warum denn?

      Julian. Du trägst ihm nach, daß du vor zehn Jahren in seinem Stück keinen Erfolg gehabt hast.

      Irene. Das sind leider schon zwölf Jahre. Und meine Schuld war es nicht. Denn was seine sogenannten Dichtungen anbelangt, so halt' ich sie für Blödsinn. Und bekanntlich steh' ich mit dieser Ansicht nicht vereinzelt da. Aber du kennst ihn ja nicht. Um diesen Herrn in seiner ganzen Größe würdigen zu können, hat man ihn auf den Proben genießen müssen. Kopierend. Mein Fräulein, es sind Verse – Verse, mein Fräulein . . . Das muß man von ihm gehört haben, um zu wissen, was für eine maßlose Arroganz in ihm steckt . . . Übrigens weiß jeder Mensch, daß er seine Frau umgebracht hat.

      Julian belustigt. Aber Kind, wie kommst du auf solche Ungeheuerlichkeiten!

      Irene. Man stirbt nicht mit fünfundzwanzig Jahren so ganz von selbst.

      Julian. Irene, das sagst du hoffentlich nicht zu andern Leuten.

      Irene. Ist ja nicht notwendig. Das weiß doch jeder außer dir. Und ich für meinen Teil habe gar keinen Grund, Herrn von Sala zu schonen, der dich seit zwanzig Jahren mit seinem Hohn verfolgt.

      Julian. Aber besuchen wirst du ihn doch?

      Irene. Natürlich. Ich interessiere mich sehr für schöne Villen. Und seine soll entzückend sein. Wenn man nur Leute besuchen wollte . . .

      Julian. Die niemanden umgebracht haben –

      Irene. Wir tun ihm wirklich zu viel Ehre an, wenn wir so lange über ihn reden. Schluß. – Na, Julian? Wie geht's dir denn? Warum hast du mir denn gar so selten geschrieben? Hast du am End' nicht dürfen?

      Julian. Dürfen? . . .

      Irene. Ich meine, ob man dir's verboten hat.

      Julian. Ach so. – Mir verbietet niemand was.

      Irene. Wirklich? Du lebst so ganz für dich?

      Julian. Ja.

      Irene. Das freut mich. Ich kann mir nicht helfen, das freut mich, Julian. Obzwar es ja ein Unsinn ist. Heut oder morgen fängt doch wieder was Neues an.

      Julian. Die Zeiten sind vorbei.

      Irene. Wenn's nur wahr wäre. – Kann man einen Tee haben?

      Julian. Gewiß. Hier ist der Samowar.

      Irene. Wo denn?– Ach ja, hier! Und der Tee? . . . Ich weiß ja. Öffnet einen Schrank, nimmt die notwendigen Sachen heraus. Im Laufe der nächsten Minuten bereitet sie den Tee.

      Julian. Du bleibst wirklich nur mehr ein paar Tage hier?

      Irene. Ja, natürlich. Meine Bestellungen sind gemacht. Das kannst du dir ja denken, auf dem Gut bei meiner Schwester braucht man wahrhaftig keine Toiletten.

      Julian. So erzähl' doch. Wie behagt's dir denn dort?

      Irene. Herrlich! Ah, nur endlich vom Theater nichts mehr wissen, das ist schon eine Seligkeit.

      Julian. Du kehrst ja doch einmal wieder dahin zurück.

      Irene. Da irrst du dich aber gewaltig. Warum sollt' ich denn? Bedenke doch, daß ich jetzt am Ziel meiner Wünsche angelangt bin: Frische Luft, einen Wald in der Nähe; über Wiesen oder Äcker spazieren reiten, in der Früh' im Schlafrock in einem großen Park sitzen, wo keiner hinein darf. Überhaupt: Keine Leut', keinen Direktor, kein Publikum, keine Kollegen, keine Verfasser – obwohl sie nicht alle so arrogant sind wie dein angebeteter Sala. – Na also, und das alles hab' ich erreicht. Ich leb' auf dem Land, ich hab' ein Gut, ein kleines Schlösserl kann man schon sagen, einen Park hab' ich und ein Pferd, und Schlafröck', so viel ich will. Es gehört zwar alles nicht mir – außer den Schlafröcken natürlich –, aber das bleibt sich ja gleich. Dabei leb' ich bei den besten Menschen, die es überhaupt auf der Welt gibt; denn mein Schwager ist womöglich ein noch prächtigerer Kerl als die Lori selbst.

      Julian. Hat der nicht früher dir den Hof gemacht?

      Irene. Aber wie! Er wollte mich um jeden Preis heiraten. Selbstverständlich! – Vorher sind sie ja alle in mich verliebt . . . gewesen – gewesen, mein' ich. Aber die Gescheitern sind meistens zur Lori übergegangen. Das hat mich immer ein bißchen mißtrauisch gegen dich gemacht, daß du nie in die Lori verliebt warst. Um was die besser ist als ich – na, das weißt du doch, darüber ist nichts zu reden. Was ich der schuldig bin! . . . Wenn die Lori nicht gewesen wäre –! – Also bei denen leb' ich jetzt seit einem halben Jahr.

      Julian. Es ist nur die Frage, wie lang du's aushalten wirst.

      Irene. Wie lange –? – Ja aber Julian, ich frage dich: Was soll mich veranlassen, aus einem solchen Paradies in den Sumpf zurückkehren, wo ich leider fünfundzwanzig Jahre meines Lebens verbracht habe? Was hab' ich denn überhaupt noch beim Theater zu suchen? Die bejahrten Fächer liegen mir nicht. Ich habe weder Neigung zur Heldenmutter noch zur spitzigen Dame, noch zur komischen Alten. Ich gedenke als Schloßfräulein zu sterben, als alte Jungfer sozusagen, und wenn alles gut geht, erscheine ich den Urenkeln meiner Schwester in hundert Jahren als weiße Dame. Mit einem Wort: Ich hab' das schönste Leben vor mir. – Was lachst denn?

      Julian. Es freut mich, dich so lustig, – so jung wiederzusehen.

      Irene. Das ist die Landluft, Julian. Das solltest du auch einmal auf längere Zeit versuchen. Herrlich! Ich hab' ja überhaupt meinen Beruf verfehlt: Der liebe Gott hat mich sicherlich zu einer Kuhdirn' oder zu einer Sennerin erschaffen wollen. Oder vielleicht zu einem Hirtenknaben. Ich hab' ja in Hosenrollen immer so gut ausgeschaut. – So. Darf ich dir auch gleich einschenken? Sie gießt ihm Tee ein. Hast du nichts dazu?

      Julian. In der Tasche werden wohl noch ein paar Kakes sein. Er entnimmt der Reisetasche ein kleines Päckchen.

      Irene. Danke. Famos.

      Julian. Das ist übrigens eine ziemlich neue Schwärmerei von dir.

      Irene. Die Kakes –?

      Julian. Nein. Die Natur.

      Irene. Wie kannst du das sagen? Ich habe die Natur immer unendlich geliebt. Denkst du nicht mehr an unsere Ausflüge von dazumal? Erinnerst du dich nicht, wie wir einmal an einem heißen Sommernachmittag im Wald eingeschlafen sind? Und denkst du nimmer an das Muttergottesbild oben auf dem Hügel, wo uns das Gewitter überrascht hat? . . . Ach Gott! Kein leerer Wahn, die Natur. Und gar später, wie die böse Zeit für mich gekommen ist, wie ich mich deinetwegen hab' umbringen wollen, ich Kamel . . . da war die Natur ganz einfach meine Rettung. Wirklich, Julian. Ich könnt' dir die Stelle noch zeigen, wo ich mich ins Gras geworfen und geweint hab'. Zehn Minuten vom Bahnhof, durch eine Akazienallee muß man gehen und dann weiter am Bach. Ja, ins Gras hab' ich mich geworfen und geweint und geheult. Es war nämlich ein Tag, wo du mich wieder einmal von deiner Türe davongejagt hast. Na, und wie ich eine halbe Stunde auf dem Gras gelegen war und mich recht ausgeweint hab', bin ich halt wieder aufgestanden – und bin auf der Wiese herumgelaufen. Wie ein kleiner Fratz, ganz allein für mich. Ich hab' mir die Augen ausgewischt, und es war mir eigentlich wieder ganz gut. Pause. Freilich, am nächsten Morgen bin ich wieder vor deiner Tür gewesen und hab' dich angejammert, und die Geschichte hat von vorn angefangen.

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